in historischen Ansichtskarten


  Kahlberg, Frisches Haff und Frische Nehrung  - Teil 1

 Krynica Morska, Zulew Wislany i Mierzeja Wislana - 1

von Christa Mühleisen 


Wie Kahlberg zu seinem Namen kam:

Im Buch von Kerstan von 1925 können wir darüber folgendes lesen:

"Da, wo sich heute der beliebte Badeort der Elbinger  befindet, war in der Ordenszeit nur ein kahler Berg. Das war bemerkenswert, da damals die ganze Nehrung bewaldet war. Von dem "kahlen Berg", einer Düne, die natürlich schon längst im Haff verschwunden ist, hat der Ort seinen Namen. In den Augen der ordenszeitlichen Elbinger war die Nehrung nur eine öde, wüste Gegend, kein Platz für gesittete Menschen. Daher ließ die Stadt damals auch Geisteskranke auf der Nehrung aussetzen, wo sie meist elendiglich umkamen. 

Ein Dorf Kahlberg hat es in der Ordenszeit nicht gegeben, nur einen Krug gab es dort. Krüge waren auf der Nehrung sehr nötig, da hier die große Landstraße von Danzig nach Königsberg ging. Der Kahlberger Krug ist am 20. August 1424 von dem Elbinger Komtur Heinrich Hold (1416-28) begründet worden. Die Handfeste stellte er damals im Ordenshause Preußisch Holland aus. Der erste Krüger heiß Niklas Wildenburg und hatte jährlich am Margaretentag zwei Mark zu zinsen. (1424 ist also das Gründungsjahr von Kahlberg).

In der polnischen Zeit war Kahlberg mit der ganzen Niederung bis zum Grenzhaus im Besitz der Stadt Danzig. Dieser Nehrungsteil gehörte auch noch bis kurz vor Begründung des Freistaates Danzig (1920) zum Kreis Danziger Niederung und erst danach wurde die alte ordenszeitliche Verbindung mit Elbing wieder hergestellt.

Zu Anfang des 19. Jahrhunderts war Kahlberg noch sehr klein. 1814 wohnten dort nur vier Fischer. Damals begann der Danziger Magistrat auch die bis dahin kahle Kahlberger Düne zu bepflanzen. Wie in der Ordenszeit führte noch die große Straße von Danzig nach Königsberg über die Nehrung. Und wenn damals diesem Umstand Kahlberg den Krug zu verdanken hatte, so war es jetzt die Poststation, denn auf der Straße, die jetzt Poststraße geworden war, verkehrte eine vierspännige Post. Die nächste Poststation nach Danzig war Stutthof, nach Königsberg zu, Narmeln. Die Kahlberger Poststation befand sich dort, wo heute Bellevue liegt. Sie war zugleich Gasthaus und hatte Stallung und Scheune, außerdem ein Nebenhaus an der Stelle des heutigen 'Schwarzen Walfisch'."

Kerstan, Lic. Dr. E. G.: Die Geschichte des Landkreises Elbing. Elbing: Verlag der Elbinger Altertumsgesellschaft 1925, mehrere Abb., 472 Seiten, S. 235+236.

Kahlberg - vom Fischerdorf zum Seebad

die Anfänge im 19. Jahrhundert:



1. Frische Nehrung: Kartenausschnitt von Pröbbernau, Liep und Kahlberg bis Neukrug




2. Fischerboote vor der Frischen Nehrung




3. Fischerboote am Haffufer der Frischen Nehrung (1913)




4. Fischerhäuschen auf Kahlberg

Ein armes Fischerdorf, dessen Bewohner sich dürftig vom  Fischfange ernährten, war Kahlberg noch im Jahre 1842. Zwar war es den Elbingern auch schon früher bekannt, denn mancher von ihnen badete schon dort und amüsierte sich mit der wilden, öden Natur, die nur Sand und Kiefern darbot, aber der prächtige, fast immer vorhandene Wellenschlag, die klare, erfrischende See und die schöne reine Seeluft mit dem Aroma des Kiefernwaldes entschädigten reichlich für die Entbehrung eines jeden Comforts.

"Aus der Chronik Kahlbergs" von Dr. med. Fleischer in der Kahlberger Woche Nr. 9, 1. Jahrgang,  Elbing, den 10. Juli 1926.




5. Nehrungsfischer beim Netzestricken

Der Nehrungsfischer fertigte sich seine Geräte für den Fischfang zum Teil noch selbst an. Zuletzt spann der Fischer nicht mehr Flachs, wie vor dem 1. Weltkrieg, zum Garn seiner Netze, sondern er ließ sich Baumwolle kommen, die wegen ihrer Schmiegsamkeit  gegenüber dem Flachsfaden bevorzugt wurde. Die Technik des "Netzknittens" aber war die gleiche geblieben, wie in früheren Zeiten.

Zum Knitten gehörten Knittstange, Knittnadel und Knittstock. Die Knittstange, die zwischen Fußboden und Decke festgekeilt wurde, diente lediglich dazu, um das in Arbeit befindliche Netz so aufzuhängen, dass immer bequem in Handhöhe geknittet werden konnte. Zu diesem Zweck waren in die Knittstange in Abständen von 20 bis 25 cm Haken oder Knaggen eingelassen, auf denen das Netz entsprechend höher gehängt wurde.

Das eigentliche Knitten wurde mit der 15 bis 20 cm langen und 1-3 cm breiten, aus Hartholz geschnitzten Knittnadel ausgeführt. Um das bei der spitzbogenförmigen Durchbrechung an der Spitze innerhalb der Knittnadel stehen gebliebene, dornartige Holzstäbchen, die Tung, und um die halbovale Aushöhlung des hinteren Endes der Knittnadel, den Noarsch, wurde unter ständigem Drehen der Nadel die Baumwolle aufgewickelt, mit der der Knittstock umstrickt wurde. Der Netzknoten verknüpfte die Baumwollfäden fest und unverschiebbar, so dass die viereckige Masche, gleichviel, ob sie lang oder breit gezogen wurde, immer denselben Umfang behielt.

Zuletzt übernahmen Fabriken auf dem Festland die Herstellung der Netze, ahmten aber die von der Nehrung gelieferten Muster nach.

Dobers, Klaus: Ostseebad Kahlberg - Frische Nehrung - Bade- und Fischerleben von Pröbbernau bis Narmeln, hrsg. von Hans W. Hoppe und Hans-Jürgen Schuch, Elbinger Hefte Nr. 37, Münster: Truso-Verlag 1985, mehrere Abb., 152 Seiten, S. 78+79.

Angelfischerei:

Im Gegensatz zu früheren Zeiten, in denen neben den Aalangeln auch Lachs- und Dorschangeln in der See gelegt wurden, arbeitete der Fischer der Frischen Nehrung zuletzt nur noch mit Aalangeln im Haff und vereinzelt in der See.

An einer kurzen Vorschnur waren 120 aus Stahldraht gebogene Angelhaken in Abständen von einem Klafter (1 Klafter = der Spannweite der ausgestreckten Arme = ca. 1,80 m) an dem Angeltau befestigt, das also eine Länge von über 200 m hatte. Angeltau wurde an Angeltau zu einer oft mehrere Kilometer langen Kette geknüpft, die auf Grund geworfen, häufig von Haffufer zu Haffufer reichte.

Die Angelfischerei war eine mühevolle und viel Zeit beanspruchende Arbeit. Die ganze Fischerfamilie musste mithelfen, um sie zu bewältigen. Allein schon die Beschaffung des Köders für die vielen hundert Angeln war mit Schwierigkeiten verknüpft. Ein gern benutzter Köder war der Wurm. Daneben verwendeten sie die verschiedensten Arten von Kleinfischen, wie den Gringel, den Gruh oder Suter genannten Sandaal, den Uklei, den Stint oder die Krabbe als Besteck für die Angeln. Das Beködern der Aalangeln selbst erfolgte an Land, wobei sorgfältig darauf geachtet werden musste, dass die Hunderte von beköderten Schnüren nicht verwirrten.

Bemerkenswert war, dass der Fischer beim Beködern der Angeln mit dem grünlichen Sandaal sich hütete, die Wirbelsäule des kleinen Fisches zu verletzen, um ihn auch an der Angel am Leben zu erhalten. Ein Sandaal köderte nur dann, wenn er sich an der Angel im Wasser bewegte. Das galt bei den anderen Besteckfischen nicht. Größerer Beliebtheit unter den Köderfischen erfreute sich der Stint, weil die Fischer glaubten, dass gerade auf den winzigen silbrigen Stint der größere, breitköpfige Aal beiße, der zu den Raubfischen gezählt wird, während mit den anderen Fischen oder Würmern besteckten Angeln immer nur der spitzköpfige, kleinere, von Bodennahrung lebende Aal gefangen wurde. 




6. Beködern der Aalangeln am Tisch




7. Beködern der Aalangeln am Strand

(Die beiden Fotos wurden von Herrn Günter Schött zur Verfügung gestellt)


Nachdem die Angeln "bestochen" waren, wurden sie gegen Abend ausgefahren und am Grund des Haffes ausgelegt. Der Fischer nannte diese Tätigkeit "Tau worpe". Am nächsten Morgen wurde das Tau abgelichtet, d. h. das Tau wurde nachgesehen, und die gefangenen Aale von den Angeln abgenommen.

Dobers, Klaus: Ostseebad Kahlberg - Frische Nehrung - Bade- und Fischerleben von Pröbbernau bis Narmeln, hrsg. von Hans W. Hoppe und Hans-Jürgen Schuch, Elbinger Hefte Nr. 37, Münster: Truso-Verlag 1985, mehrere Abb., 152 Seiten, S. 85+88.

Wie auf Kahlberg geräuchert wurde:



8. Reinigen und Einsalzen der Fische (22.7.1913)




9. Reinigen der Aale




10. Trocknen der zum Räuchern bestimmten Fische


 11. Kahlberger Fischräucherei  (August 1924 ) 




12. Kahlberg - Fischräucherei auf der Nehrung 


Konnten die Nehrungsfischer den Reichtum der See und des Frischen Haffes nicht frisch auf den Märkten in Königsberg, Braunsberg, Frauenburg, Tolkemit und Elbing loswerden, so wurde er auf der Nehrung selbst konserviert. Das geschah ausschließlich durch Räuchern.

Die über die Tonnengröße hinausgehenden Räucheranlagen waren meist Eigentum der ortsansässigen Händler. Besonders in Liep gab es eine größere Anzahl von Räuchereien. Einige waren in Narmeln beheimatet. Die älteren Kleinräuchereien waren Ziegelbauten von ca. 1,50 x 2,50 m mit einem flach geneigten, unverschalten, schornsteinlosen Satteldach aus Pfannen, in den Wänden eine Tür und eine fensterlose Öffnung für den Rauchabzug, die mit einem Holzladen verschlossen werden konnten. Die Inneneinrichtung bestand aus einem Latten- oder Stangengerüst zur Auflage der Drahtspieße mit den Fischen. 

Das Rauchfeuer am Boden wurde wegen der besseren Rauchentwicklung mit leicht befeuchteten Kiefernholzscheiten angelegt. Die gesäuberten Fische wurden auf meterlange Eisenstäbe gespießt u. eine Weile zur Betrocknung der Sonne ausgesetzt, um so eine festere Haut zu bekommen. Dem gleichen Zweck diente nach dem Einhängen in die Räucherei das "Anstiefen" (= steifmachen) unter nicht zu starker Hitze bei offener Tür und offener Klappe. Hiermit wollte man verhindern, dass beim Durchräuchern unter größerer Hitze die Flundern und Aale sich auflösten und ins schwelende Feuer fielen. Nach dem zweistündigen Anstiefen wurden Tür und Klappe geschlossen und der Fisch gargeräuchert. Dieser Vorgang dauerte bei Flundern drei bis dreieinhalb Stunden.

In Liep gab es neben den kleinen noch sieben größere Räuchereien. Bei den Großbetrieben wurde mit mehreren Räucherkammern und mit einem verschließbaren Schornstein für den Rauchabzug gearbeitet.

Neben den von den Nehrungsfischern gelieferten Fischen, also den Flundern, Aalen, Maifischen und Breitlingen, wurden in Liep auch Dorsche geräuchert, die von Pillauer Fischern aufgekauft wurden.

Dobers, Klaus: Ostseebad Kahlberg - Frische Nehrung - Bade- und Fischerleben von Pröbbernau bis Narmeln, hrsg. von Hans W. Hoppe und Hans-Jürgen Schuch, Elbinger Hefte Nr. 37, Münster: Truso-Verlag 1985, mehrere Abb., 152 Seiten, S. 95+96.


13. Fischertypen von der Frischen Nehrung, vor 1910.




14. Nach dem Fischfang (gestempelt am 28.7.1937) 

Butzerchen hat die Hose hochgezogen und überlegt, ob man nicht durch diese Pfütze zu den Booten kann. Zu dumm, dass auch keiner übersetzt und ihn abholt. Ein bisschen mehr Rücksicht könnte man von den alten Herrschaften doch erwarten, sonst wollen sie immer nur, dass er beim Netzeflicken und Flundernaufspießen helfen soll.

Elbinger Nachrichten, Uelzen, August 1974, Text S. 9.




15. Kahlberger Fischer beim Netzeflicken auf der Nehrung


Seit dem Sommer 1843 kam auch das Fischerdorf Kahlberg auf der Frischen Nehrung immer stärker bei den Elbingern als Lust- und Badeort in Mode. Als Begründer des "Ostseebades Kahlberg", - der "Perle der Frischen Nehrung" - haben die fünf Elbinger Kaufleute zu gelten, die am 1. Juli 1841 den regelmäßigen Dampferverkehr mit der "Schwalbe" und dem "Falken" eröffneten: Commerzien-Rath Ignatz Grunau, Stadtrath Friedrich Wilhelm Haertel, George Wilhelm Haertel, Bankier Stadtrath Levin Samuel Hirsch und Stadtrath August van Roy.

Satori-Neumann, Bruno Th.: Elbing im Biedermeier und Vormärz. Ernstes und Heiteres aus der Guten Alten Zeit (1815-1848), Elbing: Verlag Leon Saunier's Buchhandlung 1933, einige Abb., 270 Seiten, S. 247-249.



16. Die Schwalbe

Es handelt sich hier um ein altes Gemälde des Dampfschiffes "Schwalbe", das 1840 bei Ditchburn und Marc in Blackwall bei London für  die fünf oben genannten Herren in  Elbing erbaut wurde. Das Bild wurde von dem englischen Hofmarinemaler Oswald Walter Brierly geschaffen und befand sich im Besitz des Amtsgerichtsrates Axel Grunau.

Elbinger Nachrichten: Uelzen, April 1973, S. 5.

Dieses Fünfer-Konsortium (- die Witwe Dorothea Hirsch war inzwischen für ihren verstorbenen Mann eingetreten-) erwarb am 4. September 1842 in der Nähe der Poststation auf der Haffdüne, aus dem Nehrungs-Forstbesitz der Stadt Danzig, ein fünf Morgen großes Grundstück, auf dem das Kurhaus Belvedere erbaut und davor Gartenterrassen und eine Orangerie angelegt wurden. Am 1. Juli 1843 wurde das Belvedere eröffnet. Einige Tage später, am 11. Juli 1843 kam sogar der Regierungspräsident von Blumenthal in Begleitung der Stadtdeputierten mit dem Dampfer nach Kahlberg. Der Besitz wurde 1844 noch um 8 Morgen vergrößert.

Satori-Neumann, Bruno: Elbing im Biedermeier und Vormärz.



17. Ignatz Grunau

Kommerzien-Rath, Stadtrath und  Landtags-Abgeordneter. (4. Mai 1795 Braunsberg - 8.März 1868 Elbing)

Kommerzienrat Ignatz Grunau wollte 1846 noch ein drittes Dampfboot, das "Gänschen", das ihm persönlich gehörte, in den Dienst dieses Verkehrs stellen. Das Dampfboot- Konsortium aber, zu dem Grunau selbst gehörte, war dagegen. Grunau führte seinen Plan trotzdem während einiger Wochen durch. Diese eigentlich  nichtssagende Angelegenheit aber verursachte in der guten Stadt Elbing von 1846 den sogenannten "Vogelkrieg", auch ein Zeichen dafür, wie wenig Sorgen die Menschen damals hatten.

Kerstan, Lic. Dr. E. G.: Die Geschichte des Landkreises Elbing. Elbing: Verlag der Elbinger Altertumsgesellschaft 1925, mehrere Abb., 472 Seiten, S. 237.
Satori-Neumann, Bruno, Th.: Elbing im Biedermeier und Vormärz, Abb. Ignatz Grunau. 

Es gab aber eine Zeit in den Vierziger und Anfang der Fünfziger Jahre des 19. Jahrh., als der große Haffsteg noch nicht existierte. Dann mussten die Dampfergäste mittels Fischerbooten an Land gebracht werden. Die mit Gästen beladenen Boote konnten aber wegen des nach dem Ufer zu immer flacher werdenden Wassers nicht bis an das trockene Land fahren. Die Fahrgäste mussten dann von den Fischern auf dem Rücken durch das seichte Wasser ans Ufer getragen werden. Für Damen mit Krinolinen (Reifröcken) war das eine nicht ganz einfache Sache. 

Unter den Fischern, die in dieser Weise die Fahrgäste an Land brachten, war der Fischer Hildebrandt besonders beliebt. Er hatte bei seinem kräftigen Körperbau einen breiten Rücken und trug die Damen besonders sorgfältig und sicher ans Ufer. Die ängstlichen Damen pflegte er mit einem "Mamsellchen, hobben Se man keene Bang' nich", zu beruhigen. Diesem würdigen alten Hildebrandt  wurde in Anerkennung seiner guten Dienste ein Schild gestiftet, bestehend aus einer Tafel, auf der unter Glas ein Dampfschiff mit der Unterschrift "Admiral Hildebrandt" abgebildet war. So wurde er dann auch von allen genannt. 

Geheimer Justizrat Georg Hartmann-Neumann, Elbing: "Kahlberger Fahrten in früherer Zeit" in der Kahlberger Woche Nr. 14, 1. Jahrgang vom 14. August 1926, Verlag Otto Siede, Elbing.


 18. Das Ausbooten von Danziger Badegästen (Pfingsten 1911)

Zugleich mit Kahlberg hatte der Dampferverkehr auch eine sichere und bequeme Verbindung der Stadt mit der herrlichen Haffküste hergestellt, was allerdings zur Folge hatte, dass die Besucherzahlen im "Vogelsang" stark zurückgingen.

Satori-Neumann: Elbing im Biedermeier und Vormärz.

Aber das Blatt sollte sich noch wenden, als das Entstehen der Ostbahn einen ziemlich empfindlichen Nachteil für die blühende Kolonie der neuen Logierhäuser bringen sollte. Die sonst Vorteil gewährende Dampfschiffverbindung zwischen Elbing und Königsberg konnte mit der Eisenbahn nicht konkurrieren. Die Dampfschiffsfahrten nach Kahlberg allein waren keineswegs lohnend genug; daher wurden die Fahrten eingestellt, und die Dampfschiffe anderweitig verkauft.


Dadurch verminderte sich der Besuch sehr bedeutend und die Besitzer von Belvedere mussten nun bedeutende Summen zuschießen, um den Badeort unterhalten zu können. Endlich dieser Ausgaben müde, verkauften sie das ganze Etablissement. 1853 löste sich das Fünfer-Konsortium auf. Der neue Besitzer besaß nicht das nötige Talent und die erforderlichen Geldmittel, den Badeort in Schwung zu erhalten, er fing an, in Verfall zu geraten. Da waren es wieder jene Elbinger, welche sich bereits dort angebaut hatten und die nicht gern ihre herrlichen Sommerhäuser ungenutzt liegen und in Verfall kommen lassen wollten, die die junge Kolonie ankauften, und für ihre Rechnung weiter verwalten ließen. Um eine regelmäßige Verbindung mit Elbing herzustellen, erwarben sie anno 1854 das Dampfboot "Schwalbe" und sorgten so wieder für steigende Besucherzahlen.

"Das Ostseebad" Verlag Kafemann Danzig 1863, entnommen "Aus der Chronik Kahlbergs" von Dr. med. Fleischer in der Kahlberger Woche Nr. 9, 1. Jahrgang, Elbing, den 10. Juli 1926.




19. Haffsteg  (1904)


In dem Kopfartikel von Dr. med. Fleischer "Kahlberg vor 70 Jahren (um 1856)" in Nr. 11 der "Kahlberger Woche" von 1926 wird der Landungssteg für die Dampfer erwähnt, der etwa 600 Fuß lang in das Haff hinaus gebaut war. Dieser Haffsteg teilte sich etwa auf der Hälfte seiner Länge in zwei Arme. Der eine Arm führte in der Gegend des "Fürst Blücher" zum Ufer, der andere mündete da, wo jetzt der "Schwarze Walfisch" steht. An Stelle des "Schwarzen Walfisch" aber stand damals ein mit Rohr gedecktes hölzernes Wohnhaus, in welchem Logiergäste des Gastwirts Lérique wohnten. Das Gasthaus von Lérique stand da, wo jetzt die Badeverwaltung, also das bisher "Bellevue" genannte Haus ist. Der Landungssteg musste in jedem Herbst abgebrochen und im Frühjahr wieder aufgebaut werden, weil ihn im Winter sonst das Eis zerstört hätte.

Geheimer Justizrat Georg Hartmann-Neumann, Elbing: "Kahlberger Fahrten in früherer Zeit" in der Kahlberger Woche Nr. 14, 1. Jahrgang vom 14. August 1926, Verlag Otto Siede, Elbing.

Ferdinand Schichau und Rechtsanwalt Max von Forkenbeck, der spätere Parlamentarier, Reichstagspräsident und Oberbürgermeister von Berlin, hatten sich unterdessen um die Gründung einer "Aktiengesellschaft Seebad Kahlberg" gekümmert (1871). Diese Gesellschaft konnte einige Hotels, unter anderem das Belvedere, aufkaufen. 1876 erwarb die Aktiengesellschaft von der Stadt Danzig noch weitere 218 Morgen Land. Im Herbst 1876 erwarb der Fiskus die Frische Nehrung, soweit sie sich im Besitz der Stadt Danzig befand.

Dobers, Klaus: Ostseebad Kahlberg Frische Nehrung, Elbinger Hefte Nr. 37, Münster: Truso-Verlag 1985, 152 Seiten, Text S. 53.
Kerstan, Lic. Dr. E. G.: Die Geschichte des Landkreises Elbing. Elbing: Verlag der Elbinger Altertumsgesellschaft 1925, mehrere Abb., 472 Seiten, S. 236.

 

20.  Belvedere

Die Begeisterung für den neuen Badeort war groß. Ein Bericht der Königsberger Zeitung aus dem Jahre 1844 sagt, dass Kahlberg alle übrigen Seebadeorte, Zoppot nicht ausgenommen, - dieses Seebad war 1826 entstanden, sowohl an Schönheit als auch an Heilsamkeit überrage.

Das "Königsberger Album", ein Fremdenführer für Königsberg und Umgebung, erwähnt Kahlberg lobend als eine "wahrhaft originelle Schöpfung des stets regen und beharrlichen Elbinger Unternehmungsgeistes." Ein Fleckchen Italien sei auf kahlem Dünensand hingedichtet. Eine allmählich ansteigende hohe Terrasse sei umwuchert von blühenden, teilweise prächtigen exotischen Gewächsen, sogar dunkles Laub gäbe es und darin Götterstatuen, Venus und Gott Apoll von Belvedere.

Grunau, Hertha: "Kahlberg, das Ostseebad bei Elbing", im Westpreußen-Jahrbuch Band.15, hrsg. von der LM Wpr., Münster: Verlag C.J. Fahle 1965, 160 Seiten, S. 53-59


In den Jahren 1845-47 erschien in den Elbinger Anzeigen eine Anzahl von Gedichten, die den neuen Badeort zum Gegenstande hatten, darunter im Jahre 1845 das nachstehende Gedicht unter dem Titel "Belvedere".

Belvedere (Kahlberg)

Merkt auf, ihr Kranken in Stadt und Staat,
Wer Ohren nur hat, der höre:
Kein glücklicher Bad, kein gesünderes Bad,
Als das Seebad zu Belvedere!

Frisch atmender Nord und ein schäumender Strand,
Bücklinge und Flundern zur Speise,
Ein lieblicher Garten auf ödem Sand
Und erquickliche Dampfbootreise.

Und jenseits die grünen Berge, und hier
Das Haff, bald Stille, bald rauschend,
und unter der Kiefern dunkelm Gewirr
Die Nymphen, plaudernd und lauschend.

Und wirklich, es ist gewißlich wahr,
Die Post, sie wird's nicht verneinen:
In ganz Kahlberg nicht ein Exemplar
Von der "Preußischen Allgemeinen". 


"Die Kahlberger Woche", Nr. 2, 1. Jahrgang Elbing, den 22. Mai 1926,
Druckerei und Verlag Otto Siede Elbing.

Durch Fahrlässigkeit brannte das Belvedere in der Nacht zum 01.08.1876 ab. Nach der völligen Zerstörung durch die Feuersbrunst wurde ein Neubau des Belvedere an derselben Stelle wieder errichtet.

Der Pangritz Kurier 2/2003, Seite 9.




21. mehrteilige Lithographie

Diese mehrteilige Lithographie-Karte ist von einer Elbingerin geschrieben worden, die von 1888 - 1898 jeden Sommer in Kahlberg verbracht hat. Oben links sieht man die Strandhalle, in der Mitte den Kurgarten mit dem Belvedere, rechts das Hotel zum schwarzen Walfisch. Im Mittelteil ist der Dampferanlegesteg und links der Kahlberger Leuchtturm zu sehen.

Teil 2 oder Index


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