in historischen Ansichtskarten
Kahlberg, Frisches Haff und Frische Nehrung
- Teil 1
Krynica Morska, Zulew Wislany i Mierzeja Wislana -
1 von Christa Mühleisen
Wie
Kahlberg zu seinem Namen kam:
Im Buch von Kerstan von 1925 können wir darüber
folgendes lesen:
"Da, wo sich heute der beliebte Badeort der Elbinger befindet, war in der Ordenszeit nur ein kahler Berg. Das war
bemerkenswert, da damals die ganze Nehrung bewaldet war. Von dem
"kahlen Berg", einer Düne, die natürlich schon längst im Haff
verschwunden ist, hat der Ort seinen Namen. In den Augen der
ordenszeitlichen Elbinger war die Nehrung nur eine öde, wüste Gegend,
kein Platz für gesittete Menschen. Daher ließ die Stadt damals auch
Geisteskranke auf der Nehrung aussetzen, wo sie meist elendiglich umkamen.
Ein Dorf Kahlberg hat es in der Ordenszeit nicht gegeben, nur einen Krug
gab es dort. Krüge waren auf der Nehrung sehr nötig, da hier die große
Landstraße von Danzig nach Königsberg ging. Der Kahlberger Krug ist am 20.
August 1424 von dem Elbinger Komtur Heinrich Hold (1416-28) begründet
worden. Die Handfeste stellte er damals im Ordenshause Preußisch Holland
aus. Der erste Krüger heiß Niklas Wildenburg und hatte jährlich am
Margaretentag zwei Mark zu zinsen. (1424 ist also das Gründungsjahr von
Kahlberg).
In der polnischen Zeit war Kahlberg mit der ganzen Niederung
bis zum Grenzhaus im Besitz der Stadt Danzig. Dieser Nehrungsteil gehörte
auch noch bis kurz vor Begründung des Freistaates Danzig (1920) zum Kreis
Danziger Niederung und erst danach wurde die alte ordenszeitliche Verbindung
mit Elbing wieder hergestellt.
Zu Anfang des 19. Jahrhunderts war Kahlberg
noch sehr klein. 1814 wohnten dort nur vier Fischer. Damals begann der
Danziger Magistrat auch die bis dahin kahle Kahlberger Düne zu bepflanzen.
Wie in der Ordenszeit führte noch die große Straße von Danzig nach
Königsberg über die Nehrung. Und wenn damals diesem Umstand Kahlberg den
Krug zu verdanken hatte, so war es jetzt die Poststation, denn auf der
Straße, die jetzt Poststraße geworden war, verkehrte eine vierspännige
Post. Die nächste Poststation nach Danzig war Stutthof, nach Königsberg
zu, Narmeln. Die Kahlberger Poststation befand sich dort, wo heute Bellevue
liegt. Sie war zugleich Gasthaus und hatte Stallung und Scheune, außerdem
ein Nebenhaus an der Stelle des heutigen 'Schwarzen Walfisch'."
Kerstan, Lic. Dr. E. G.: Die Geschichte des Landkreises Elbing.
Elbing: Verlag der Elbinger Altertumsgesellschaft 1925, mehrere Abb., 472
Seiten, S. 235+236.
Kahlberg - vom Fischerdorf zum
Seebad
die Anfänge im 19. Jahrhundert:
1. Frische Nehrung: Kartenausschnitt von Pröbbernau, Liep und Kahlberg
bis Neukrug
2.
Fischerboote vor der Frischen Nehrung
3. Fischerboote am Haffufer der Frischen Nehrung (1913)
4. Fischerhäuschen auf Kahlberg
Ein armes
Fischerdorf, dessen Bewohner sich dürftig vom Fischfange
ernährten, war Kahlberg noch im Jahre 1842. Zwar war es den Elbingern
auch schon früher bekannt, denn mancher von ihnen badete schon dort und
amüsierte sich mit der wilden, öden Natur, die nur Sand und Kiefern
darbot, aber der prächtige, fast immer vorhandene Wellenschlag, die
klare, erfrischende See und die schöne reine Seeluft mit dem Aroma des
Kiefernwaldes entschädigten reichlich für die Entbehrung eines jeden
Comforts.
"Aus der Chronik Kahlbergs" von Dr. med.
Fleischer in der Kahlberger Woche Nr. 9, 1. Jahrgang, Elbing, den 10. Juli
1926.
5.
Nehrungsfischer beim Netzestricken
Der Nehrungsfischer fertigte sich seine Geräte für den
Fischfang zum Teil noch selbst an. Zuletzt spann der Fischer nicht mehr
Flachs, wie vor dem 1. Weltkrieg, zum Garn seiner Netze, sondern er ließ
sich Baumwolle kommen, die wegen ihrer Schmiegsamkeit gegenüber dem
Flachsfaden bevorzugt wurde. Die Technik des "Netzknittens" aber
war die gleiche geblieben, wie in früheren Zeiten.
Zum Knitten
gehörten Knittstange, Knittnadel und Knittstock. Die Knittstange, die
zwischen Fußboden und Decke festgekeilt wurde, diente lediglich dazu, um
das in Arbeit befindliche Netz so aufzuhängen, dass immer bequem in
Handhöhe geknittet werden konnte. Zu diesem Zweck waren in die Knittstange
in Abständen von 20 bis 25 cm Haken oder Knaggen eingelassen, auf denen das
Netz entsprechend höher gehängt wurde.
Das eigentliche Knitten wurde mit
der 15 bis 20 cm langen und 1-3 cm breiten, aus Hartholz geschnitzten
Knittnadel ausgeführt. Um das bei der spitzbogenförmigen Durchbrechung an
der Spitze innerhalb der Knittnadel stehen gebliebene, dornartige Holzstäbchen, die Tung, und um die halbovale Aushöhlung des hinteren Endes
der Knittnadel, den Noarsch, wurde unter ständigem Drehen der Nadel die
Baumwolle aufgewickelt, mit der der Knittstock umstrickt wurde. Der
Netzknoten verknüpfte die Baumwollfäden fest und unverschiebbar, so dass
die viereckige Masche, gleichviel, ob sie lang oder breit gezogen wurde,
immer denselben Umfang behielt.
Zuletzt übernahmen Fabriken auf dem
Festland die Herstellung der Netze, ahmten aber die von der Nehrung
gelieferten Muster nach.
Dobers, Klaus: Ostseebad Kahlberg - Frische Nehrung -
Bade- und Fischerleben von Pröbbernau bis Narmeln, hrsg. von Hans W. Hoppe und Hans-Jürgen
Schuch, Elbinger Hefte Nr. 37, Münster: Truso-Verlag 1985, mehrere Abb., 152 Seiten, S.
78+79.
Angelfischerei:
Im Gegensatz zu früheren Zeiten, in denen neben den Aalangeln
auch Lachs- und Dorschangeln in der See gelegt wurden, arbeitete der Fischer
der Frischen Nehrung zuletzt nur noch mit
Aalangeln im Haff und vereinzelt in der See.
An einer kurzen Vorschnur waren 120 aus Stahldraht gebogene Angelhaken
in Abständen von einem Klafter (1 Klafter = der Spannweite der
ausgestreckten Arme = ca. 1,80 m) an dem Angeltau befestigt, das also eine
Länge von über 200 m hatte. Angeltau wurde an Angeltau zu einer oft
mehrere Kilometer langen Kette geknüpft, die auf Grund geworfen, häufig
von Haffufer zu Haffufer reichte.
Die Angelfischerei war eine
mühevolle und viel Zeit beanspruchende Arbeit. Die ganze Fischerfamilie
musste mithelfen, um sie zu bewältigen. Allein schon die Beschaffung des
Köders für die vielen hundert Angeln war mit Schwierigkeiten verknüpft.
Ein gern benutzter Köder war der Wurm. Daneben verwendeten sie die
verschiedensten Arten von Kleinfischen, wie den Gringel, den Gruh oder Suter
genannten Sandaal, den Uklei, den Stint oder die Krabbe als Besteck für die
Angeln. Das Beködern der Aalangeln selbst erfolgte an Land, wobei
sorgfältig darauf geachtet werden musste, dass die Hunderte von beköderten
Schnüren nicht verwirrten.
Bemerkenswert war, dass der Fischer beim
Beködern der Angeln mit dem grünlichen Sandaal sich hütete, die
Wirbelsäule des kleinen Fisches zu verletzen, um ihn auch an der Angel am
Leben zu erhalten. Ein Sandaal köderte nur dann, wenn er sich an der Angel
im Wasser bewegte. Das galt bei den anderen Besteckfischen nicht. Größerer
Beliebtheit unter den Köderfischen erfreute sich der Stint, weil die
Fischer glaubten, dass gerade auf den winzigen silbrigen Stint der
größere, breitköpfige Aal beiße, der zu den Raubfischen gezählt wird,
während mit den anderen Fischen oder Würmern besteckten Angeln immer nur
der spitzköpfige, kleinere, von Bodennahrung lebende Aal gefangen
wurde.
6.
Beködern
der Aalangeln am Tisch
7.
Beködern der Aalangeln am Strand
(Die beiden Fotos
wurden von Herrn Günter Schött zur Verfügung gestellt)
Nachdem
die Angeln "bestochen" waren, wurden sie gegen Abend ausgefahren
und am Grund des Haffes ausgelegt. Der Fischer nannte diese Tätigkeit
"Tau worpe". Am nächsten Morgen wurde das Tau abgelichtet, d. h.
das Tau wurde nachgesehen, und die gefangenen Aale von den Angeln
abgenommen.
Dobers, Klaus: Ostseebad Kahlberg - Frische Nehrung - Bade- und Fischerleben von Pröbbernau bis
Narmeln, hrsg. von Hans W. Hoppe und Hans-Jürgen Schuch, Elbinger Hefte Nr. 37, Münster: Truso-Verlag 1985, mehrere Abb., 152 Seiten, S.
85+88.
Wie auf Kahlberg geräuchert wurde:
8.
Reinigen
und Einsalzen der Fische (22.7.1913)
9.
Reinigen
der Aale
10.
Trocknen der zum Räuchern bestimmten Fische
11.
Kahlberger Fischräucherei (August
1924 )
12.
Kahlberg - Fischräucherei auf der Nehrung
Konnten die Nehrungsfischer den Reichtum der See und des Frischen Haffes
nicht frisch auf den Märkten in Königsberg, Braunsberg, Frauenburg,
Tolkemit und Elbing loswerden, so wurde er auf der Nehrung selbst
konserviert. Das geschah ausschließlich durch Räuchern.
Die über die Tonnengröße hinausgehenden Räucheranlagen waren meist
Eigentum der ortsansässigen Händler. Besonders in Liep gab es eine größere
Anzahl von Räuchereien. Einige waren in Narmeln beheimatet. Die älteren Kleinräuchereien
waren Ziegelbauten von ca. 1,50 x 2,50 m mit einem flach geneigten, unverschalten, schornsteinlosen Satteldach aus Pfannen, in
den Wänden eine Tür und eine fensterlose Öffnung für den Rauchabzug,
die mit einem Holzladen verschlossen werden konnten. Die Inneneinrichtung bestand aus einem Latten- oder Stangengerüst zur
Auflage der Drahtspieße mit den Fischen.
Das Rauchfeuer am Boden wurde wegen der besseren Rauchentwicklung mit
leicht befeuchteten Kiefernholzscheiten angelegt. Die gesäuberten
Fische wurden auf meterlange Eisenstäbe gespießt u. eine Weile zur
Betrocknung der Sonne ausgesetzt, um so eine festere Haut zu bekommen.
Dem gleichen Zweck diente nach dem Einhängen in die Räucherei das
"Anstiefen" (= steifmachen) unter nicht zu starker Hitze bei
offener Tür und offener Klappe. Hiermit wollte man verhindern, dass
beim Durchräuchern unter größerer Hitze die Flundern und Aale sich
auflösten und ins schwelende Feuer fielen. Nach dem zweistündigen
Anstiefen wurden Tür und Klappe geschlossen und der Fisch gargeräuchert.
Dieser Vorgang dauerte bei Flundern drei bis dreieinhalb Stunden.
In Liep gab es neben den kleinen noch sieben größere Räuchereien. Bei
den Großbetrieben wurde mit mehreren Räucherkammern und mit einem
verschließbaren Schornstein für den Rauchabzug gearbeitet.
Neben den von den Nehrungsfischern gelieferten Fischen, also den
Flundern, Aalen, Maifischen und Breitlingen, wurden in Liep auch Dorsche
geräuchert, die von Pillauer Fischern aufgekauft wurden.
Dobers, Klaus: Ostseebad Kahlberg - Frische Nehrung - Bade- und Fischerleben von Pröbbernau bis
Narmeln, hrsg. von Hans W. Hoppe und Hans-Jürgen Schuch, Elbinger Hefte Nr. 37, Münster: Truso-Verlag 1985, mehrere Abb., 152 Seiten, S. 95+96.
13. Fischertypen von der Frischen Nehrung, vor 1910.
14.
Nach dem Fischfang (gestempelt am 28.7.1937)
Butzerchen hat die Hose hochgezogen und überlegt, ob man nicht durch diese
Pfütze zu den Booten kann. Zu dumm, dass auch keiner übersetzt und ihn
abholt. Ein bisschen mehr Rücksicht könnte man von den alten Herrschaften
doch erwarten, sonst wollen sie immer nur, dass er beim Netzeflicken und
Flundernaufspießen helfen soll.
Elbinger Nachrichten, Uelzen, August 1974, Text S. 9.
15.
Kahlberger Fischer beim Netzeflicken auf der Nehrung
Seit
dem Sommer 1843 kam auch das Fischerdorf Kahlberg auf der Frischen Nehrung
immer stärker bei den Elbingern als Lust- und Badeort in Mode. Als Begründer
des "Ostseebades Kahlberg", - der "Perle der Frischen
Nehrung" - haben die fünf Elbinger Kaufleute zu gelten, die am 1.
Juli 1841 den regelmäßigen Dampferverkehr mit der "Schwalbe"
und dem "Falken" eröffneten: Commerzien-Rath Ignatz Grunau,
Stadtrath Friedrich Wilhelm Haertel, George Wilhelm Haertel, Bankier
Stadtrath Levin Samuel Hirsch und Stadtrath August van Roy.
Satori-Neumann,
Bruno Th.: Elbing im Biedermeier und Vormärz. Ernstes und Heiteres aus der Guten Alten Zeit (1815-1848), Elbing: Verlag Leon Saunier's Buchhandlung 1933, einige Abb.,
270 Seiten, S. 247-249.
16. Die
Schwalbe
Es handelt sich hier um ein
altes Gemälde des Dampfschiffes "Schwalbe",
das 1840 bei
Ditchburn und Marc in Blackwall bei London für die fünf oben
genannten Herren in Elbing erbaut wurde. Das Bild wurde
von dem englischen Hofmarinemaler Oswald Walter Brierly geschaffen und
befand sich im Besitz des Amtsgerichtsrates Axel Grunau.
Elbinger Nachrichten: Uelzen, April 1973, S. 5.
Dieses Fünfer-Konsortium (- die Witwe Dorothea Hirsch war inzwischen für
ihren verstorbenen Mann eingetreten-) erwarb am 4. September 1842 in der Nähe
der Poststation auf der Haffdüne, aus dem Nehrungs-Forstbesitz der Stadt
Danzig, ein fünf Morgen großes Grundstück, auf dem das Kurhaus Belvedere erbaut und davor Gartenterrassen und eine Orangerie angelegt
wurden. Am 1. Juli 1843 wurde das Belvedere eröffnet. Einige Tage später,
am 11. Juli 1843 kam sogar der Regierungspräsident von Blumenthal in
Begleitung der Stadtdeputierten mit dem Dampfer nach Kahlberg. Der Besitz
wurde 1844 noch um 8 Morgen vergrößert.
Satori-Neumann, Bruno: Elbing im Biedermeier und Vormärz.
17.
Ignatz
Grunau
Kommerzien-Rath, Stadtrath und Landtags-Abgeordneter.
(4. Mai 1795
Braunsberg - 8.März 1868 Elbing)
Kommerzienrat
Ignatz Grunau wollte 1846 noch ein drittes Dampfboot, das
"Gänschen", das ihm persönlich gehörte, in den Dienst dieses
Verkehrs stellen. Das Dampfboot- Konsortium aber, zu dem Grunau selbst
gehörte, war dagegen. Grunau führte seinen Plan trotzdem während einiger
Wochen durch. Diese eigentlich nichtssagende Angelegenheit aber
verursachte in der guten Stadt Elbing von 1846 den sogenannten
"Vogelkrieg", auch ein Zeichen dafür, wie wenig Sorgen die
Menschen damals hatten.
Kerstan, Lic. Dr. E. G.: Die Geschichte des Landkreises Elbing.
Elbing: Verlag der Elbinger Altertumsgesellschaft 1925, mehrere Abb., 472
Seiten, S. 237.
Satori-Neumann, Bruno, Th.:
Elbing im Biedermeier und Vormärz, Abb. Ignatz Grunau.
Es
gab aber eine Zeit in den Vierziger und Anfang der Fünfziger Jahre des 19.
Jahrh., als der große Haffsteg noch nicht existierte. Dann mussten die
Dampfergäste mittels Fischerbooten an Land gebracht werden. Die mit Gästen
beladenen Boote konnten aber wegen des nach dem Ufer zu immer flacher
werdenden Wassers nicht bis an das trockene Land fahren. Die Fahrgäste mussten dann von den Fischern auf dem Rücken durch das seichte Wasser ans
Ufer getragen werden. Für Damen mit Krinolinen (Reifröcken) war das eine
nicht ganz einfache Sache.
Unter den Fischern, die in dieser
Weise die Fahrgäste an Land brachten, war der Fischer Hildebrandt besonders
beliebt. Er hatte bei seinem kräftigen Körperbau einen breiten Rücken und
trug die Damen besonders sorgfältig und sicher ans Ufer. Die ängstlichen
Damen pflegte er mit einem "Mamsellchen, hobben Se man keene Bang' nich",
zu beruhigen. Diesem würdigen alten Hildebrandt wurde in Anerkennung
seiner guten Dienste ein Schild gestiftet, bestehend aus einer Tafel, auf
der unter Glas ein Dampfschiff mit der Unterschrift "Admiral
Hildebrandt" abgebildet war. So wurde er dann auch von allen
genannt.
Geheimer Justizrat Georg Hartmann-Neumann, Elbing: "Kahlberger
Fahrten in früherer Zeit" in der Kahlberger Woche Nr. 14, 1.
Jahrgang vom 14. August 1926, Verlag Otto Siede, Elbing.
18. Das Ausbooten von Danziger Badegästen (Pfingsten 1911) Zugleich mit Kahlberg hatte der Dampferverkehr auch eine sichere und
bequeme Verbindung der Stadt mit der herrlichen Haffküste hergestellt, was
allerdings zur Folge hatte, dass die Besucherzahlen im "Vogelsang"
stark zurückgingen.
Satori-Neumann: Elbing im Biedermeier und Vormärz.
Aber das Blatt sollte sich noch wenden, als das Entstehen der Ostbahn einen
ziemlich empfindlichen Nachteil für die blühende Kolonie der neuen Logierhäuser
bringen sollte. Die sonst Vorteil gewährende Dampfschiffverbindung zwischen
Elbing und Königsberg konnte mit der Eisenbahn nicht konkurrieren. Die
Dampfschiffsfahrten nach Kahlberg allein waren keineswegs lohnend genug;
daher wurden die Fahrten eingestellt, und die Dampfschiffe anderweitig
verkauft.
Dadurch verminderte sich der Besuch sehr bedeutend und die
Besitzer von Belvedere mussten nun bedeutende Summen zuschießen, um den
Badeort unterhalten zu können. Endlich dieser Ausgaben müde, verkauften
sie das ganze Etablissement. 1853 löste sich das Fünfer-Konsortium auf. Der neue Besitzer besaß nicht das nötige
Talent und die erforderlichen Geldmittel, den Badeort in Schwung zu
erhalten, er fing an, in Verfall zu geraten. Da waren es wieder jene
Elbinger, welche sich bereits dort angebaut hatten und die nicht gern ihre
herrlichen Sommerhäuser ungenutzt liegen und in Verfall kommen lassen
wollten, die die junge Kolonie ankauften, und für ihre Rechnung weiter
verwalten ließen. Um eine regelmäßige Verbindung mit Elbing herzustellen,
erwarben sie anno 1854 das Dampfboot "Schwalbe" und sorgten so
wieder für steigende Besucherzahlen.
"Das
Ostseebad" Verlag Kafemann Danzig 1863, entnommen "Aus der Chronik Kahlbergs" von Dr. med.
Fleischer in der Kahlberger Woche Nr. 9, 1. Jahrgang, Elbing, den 10. Juli
1926.
19. Haffsteg (1904)
In dem Kopfartikel von Dr. med. Fleischer "Kahlberg vor 70
Jahren (um 1856)" in Nr. 11 der "Kahlberger Woche" von 1926 wird der
Landungssteg für die Dampfer erwähnt, der etwa 600 Fuß lang in das
Haff hinaus gebaut war.
Dieser Haffsteg teilte sich etwa auf der Hälfte
seiner Länge in zwei Arme. Der eine Arm führte in der Gegend des
"Fürst Blücher" zum Ufer, der andere mündete da, wo jetzt
der "Schwarze Walfisch" steht. An Stelle des "Schwarzen
Walfisch" aber stand damals ein mit Rohr gedecktes hölzernes
Wohnhaus, in welchem Logiergäste des Gastwirts Lérique wohnten. Das
Gasthaus von Lérique stand da, wo jetzt die Badeverwaltung, also das
bisher "Bellevue" genannte Haus ist. Der Landungssteg musste
in jedem Herbst abgebrochen und im Frühjahr wieder aufgebaut werden,
weil ihn im Winter sonst das Eis zerstört hätte.
Geheimer Justizrat Georg Hartmann-Neumann, Elbing: "Kahlberger
Fahrten in früherer Zeit" in der Kahlberger Woche Nr. 14, 1.
Jahrgang vom 14. August 1926, Verlag Otto Siede, Elbing.
Ferdinand Schichau und Rechtsanwalt
Max von Forkenbeck, der spätere Parlamentarier, Reichstagspräsident und
Oberbürgermeister von Berlin, hatten sich unterdessen um die Gründung einer
"Aktiengesellschaft Seebad Kahlberg" gekümmert (1871). Diese
Gesellschaft konnte einige Hotels, unter anderem das Belvedere, aufkaufen.
1876 erwarb die Aktiengesellschaft von der Stadt Danzig noch weitere 218
Morgen Land. Im Herbst 1876 erwarb der Fiskus die Frische Nehrung, soweit
sie sich im Besitz der Stadt Danzig befand.
Dobers,
Klaus: Ostseebad Kahlberg Frische Nehrung, Elbinger Hefte Nr. 37,
Münster: Truso-Verlag 1985, 152 Seiten, Text S. 53. Kerstan, Lic. Dr. E. G.: Die Geschichte des Landkreises
Elbing. Elbing: Verlag der Elbinger Altertumsgesellschaft 1925, mehrere Abb., 472
Seiten, S. 236.
20. Belvedere
Die Begeisterung für den neuen Badeort war groß.
Ein Bericht der Königsberger Zeitung aus dem Jahre 1844 sagt, dass
Kahlberg alle übrigen Seebadeorte, Zoppot nicht ausgenommen, - dieses
Seebad war 1826 entstanden, sowohl an Schönheit als auch an Heilsamkeit
überrage.
Das "Königsberger Album", ein Fremdenführer für
Königsberg und Umgebung, erwähnt Kahlberg lobend als eine "wahrhaft
originelle Schöpfung des stets regen und beharrlichen Elbinger
Unternehmungsgeistes." Ein Fleckchen Italien sei auf kahlem
Dünensand hingedichtet. Eine allmählich ansteigende hohe Terrasse sei
umwuchert von blühenden, teilweise prächtigen exotischen Gewächsen,
sogar dunkles Laub gäbe es und darin Götterstatuen, Venus und Gott Apoll
von Belvedere.
Grunau, Hertha:
"Kahlberg, das Ostseebad bei Elbing", im Westpreußen-Jahrbuch
Band.15, hrsg. von der LM Wpr., Münster: Verlag C.J. Fahle
1965, 160 Seiten, S. 53-59.
In den Jahren 1845-47 erschien in den Elbinger Anzeigen eine
Anzahl von Gedichten, die den neuen Badeort zum Gegenstande hatten,
darunter im Jahre 1845 das nachstehende Gedicht unter dem Titel
"Belvedere".
Belvedere (Kahlberg)
Merkt
auf, ihr Kranken in Stadt und Staat, Wer Ohren nur hat, der höre: Kein
glücklicher Bad, kein gesünderes Bad, Als das Seebad zu Belvedere!
Frisch
atmender Nord und ein schäumender Strand, Bücklinge und Flundern zur
Speise, Ein lieblicher Garten auf ödem Sand Und erquickliche
Dampfbootreise.
Und jenseits die grünen Berge, und hier Das
Haff, bald Stille, bald rauschend, und unter der Kiefern dunkelm Gewirr Die
Nymphen, plaudernd und lauschend.
Und wirklich, es ist gewißlich
wahr, Die Post, sie wird's nicht verneinen: In ganz Kahlberg nicht
ein Exemplar Von der "Preußischen Allgemeinen".
"Die
Kahlberger Woche", Nr. 2, 1. Jahrgang Elbing, den 22. Mai 1926, Druckerei
und Verlag Otto Siede Elbing.
Durch Fahrlässigkeit brannte das Belvedere in der Nacht zum 01.08.1876
ab. Nach der völligen Zerstörung durch die Feuersbrunst wurde ein Neubau
des Belvedere an derselben Stelle wieder errichtet.
Der Pangritz Kurier 2/2003, Seite 9.
21.
mehrteilige Lithographie
Diese mehrteilige Lithographie-Karte ist von einer
Elbingerin geschrieben worden, die von 1888 - 1898 jeden Sommer in
Kahlberg verbracht hat. Oben links sieht man die Strandhalle, in der Mitte
den Kurgarten mit dem Belvedere, rechts das Hotel zum schwarzen Walfisch. Im Mittelteil ist
der Dampferanlegesteg und links der Kahlberger Leuchtturm zu sehen.
Teil 2 oder Index
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