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Teil 6: Napoleon
+ die Zeit bis 1945

Bild 67: Parkseite des Schlosses, Kupfertiefdruckkarte von Fritz
Krauskopf, Königsberg.
Der spätere Feldmarschall
Blücher hatte, als französischer Kriegsgefangener am 22. April 1807 in
Finckenstein Audienz, weil Napoleon den bekannten Reitergeneral sehen
wollte, bevor er ausgetauscht wurde. Der Kaiser versuchte ihn dazu zu
bewegen, bei seinem König einen Separatfrieden durchzusetzen, um ihn von
seinem russischen Bundesgenossen zu trennen. Blücher
widersprach. Zu seiner deutschen Begleitung sagte Blücher, außer
Hörweite der Franzosen: "Hört, Kinder, das ist ein verfluchter
Kerl! Er war so charmant, daß ich gar nicht an einen Hass gegen ihn
dachte."
Der Sohn des Schlossbesitzers und späterer
Besitznachfolger Alexander Graf zu Dohna, damals Kammerdirektor in
Marienwerder, musste aus demselben Grund auf Befehl des Kaisers in
Finckenstein erscheinen und hat durch sein tapferes Verhalten und
entschiedenes Auftreten dem Imperator gegenüber sich die allgemeine
Anerkennung erworben. Graf Dohna weigerte sich ebenfalls entschieden, dem
Wunsch Napoleons zu entsprechen.
Mitte Mai verließ Maria
Finckenstein.
Sie reiste ab, wie sie gekommen war, nachts in einem geschlossenen Wagen,
mit Bruder Benedikt an ihrer Seite, der sie den ganzen Rückweg über
begleitete, bevor er sich wieder zu seinem Regiment an die Front begab.
Sie ging aber nicht nach Warschau zu ihrem Ehemann, sondern nach Kiernozia,
wo sie aufgewachsen war. Vor ihrer Abreise hatte sie dem Kaiser
versprochen, im Winter nach Paris zu kommen.
Wie wenig Napoleon nach dem Falle Danzigs einen Angriff von Seiten der
Verbündeten erwartete, geht daraus hervor, daß er sich am 1. Juni nach
Danzig begeben hatte, um die zur Wiederherstellung der Festung
angeordneten Arbeiten zu begutachten und am 3. Juni in Marienburg weilte, um den im
Entstehen begriffenen Brückenkopf, sowie die Reservekavallerie und das
sächsische Korps zu besichtigen. Erst am 4. Juni traf er wieder in Finckenstein ein, mit der Absicht, die
militärischen Operationen am 10. Juni zu
eröffnen.
Allein die Verbündeten waren ihm zuvorgekommen und an
diesem 4.
Juni hatten bereits Gefechte an der Passarge und der Alle stattgefunden.
Die ersten Nachrichten von der Eröffnung der Feindseligkeiten erreichten
den Kaiser am 5. Juni mittags in Finckenstein. Obwohl er anfänglich nicht
an eine ernsthafte Offensive des Feindes glaubte, weil er für eine solche
in diesem Augenblick kein vernünftiges Motiv erkennen konnte, so traf er
doch unverzüglich die Anordnungen zur Aufgabe der Quartiere und zur
Versammlung der Armee. Am 6. Juni befahl er den Aufbruch des
Hauptquartiers und bestieg um 6 Uhr abends den Wagen, der ihn nach
Saalfeld führen sollte.
Napoleons Feldzug in Polen endete mit
einem Triumph. Am 14. Juni 1807 bei Sonnenuntergang hatte die russische Armee
bei Friedland eine vernichtende Niederlage erlitten. Mehr als 30 000 Mann
waren getötet oder gefangengenommen worden. Zar Alexanders stolze Armee
hatte praktisch aufgehört zu existieren. Nach Beendigung der
Kampfhandlungen trafen sich Napoleon und Zar Alexander zu
Friedensverhandlungen in Tilsit.
 Bild
68: Friedensverhandlungen
Napoleon
und Alexander I. trafen sich in Tilsit. Die erste Begegnung der beiden
Herrscher erfolgte auf einem Floß im Njemen (Memel), um die Parität der
Gesprächspartner zu illustrieren. Den Preis der am 7. Juli 1807
abgeschlossenen Friedensvereinbarungen musste Preußen bezahlen. Auf dem
Bild präsentiert der Zar dem Kaiser seine Kosaken- und Kalmückengarde. Nach dem Tode des Obermarschalls
und Burggrafen Friedrich Alexander zu Dohna - Schlobitten erbte zunächst seine Witwe und nach deren Tode 1825 sein
zweitgeborener Sohn Wilhelm, Finckenstein, während der Älteste,
Alexander,
Schlobitten übernahm.

Bild
69: Alexander Graf zu Dohna
Alexander, geb.
1771, war 1807 Kammerdirektor in Marienwerder und von 1808 bis 1810
Innenminister. Er starb 1831.

Bild 70: Schloss Schlobitten
Wilhelm, geb. 1773, hatte
als Hauslehrer den später berühmten Philosophen Friedrich Ernst
Daniel Schleiermacher (1768-1834), der von 1790-1793 die Lederstube (Plan
Nr. 24) bewohnte. Im
diplomatischen Dienst angestellt, war Wilhelm 1825-1831 Besitzer von
Finckenstein und nach dem Tode seines Bruders Alexander übernahm er 1831
Schlobitten. Wilhelm war mit Amalie Gräfin von Schlieben vermählt. Sie
hatten 7 Kinder:
* Alexander Heinrich Wilhelm zu Dohna-Schlobitten, 15.3.1804-23.9.1883
* Natalie Amalie Catharina zu Dohna-Schlobitten, 17.3.1805-3.1.1846
* Richard Friedrich zu Dohna-Schlobitten, 6.4.1807-12.7.1894
* Emanuel Aloysius zu Dohna-Schlobitten, 1.12.1809-13.8.1888
* Marianne Nancy Thora zu Dohna-Schlobitten, 30.5.1812-15.4.1895
* Ludwig Ernst Carl zu Dohna-Schlobitten, 21.7.1815-15.9.1865
* Friederike Marie Caroline Wilhelmine zu Dohna-Schlobitten, 4.5.1818-8.1.1848
Wilhelm zu Dohna starb 1845.
Bild 71: Ludwig Graf zu Dohna
Ludwig, der dritte Bruder, geb. 1776,
war einer der Begründer der Landwehr. Er ist 1814 vor Danzig am
Lazarettfieber gestorben. Er war ein Opfer seiner Fürsorge für die
Kranken und Verwundeten, als Kommandeur der preußischen
Belagerungstruppen vor Danzig.
Nach Wilhelm erbte sein
jüngerer Bruder Fabian (geb. 1781) den Besitz. Dieser war mit Theophile
Dohna-Lauck aus dem Hause Wundlacken, Tochter einer Gräfin Truchsess zu
Waldburg, vermählt, die vorher Hofdame bei der Prinzessin Wilhelmine von
Preußen gewesen war. Er war Flügeladjudant König Friedrich
Wilhelms III., kämpfte später neben Lützow in Spanien und war wie sein
Vater und Großvater Inhaber des "Pour le mérite." Er war von
1831-1850 Besitzer von Finckenstein.
Nach seinem Tode 1850 übernahm sein ältester Sohn Rodrigo
(1815-1900) den Besitz Finckenstein. Er lebte, als Junggeselle
bescheiden und spartanisch in einer kleinen Kammer auf einem Feldbett
schlafend, im Schloss. Rodrigo war von 1845 bis 1851 Landrat des Kreises Rosenberg
und von 1871 bis 1887 Abgeordneter des Kreises Rosenberg im Deutschen
Reichstag. Er war 50 Jahre lang Besitzer von Finckenstein, zuletzt mit der
Würde eines Oberburggrafen im Königreich Preußen geehrt.
Danach ging der Besitz im Jahre 1900 auf seinen Neffen Georg (1850-1912), den
ältesten Sohn seines Bruders Hermann (gest. 1859 in Italien) über, der das
Jagdschlösschen
Fabianshof erbaute. Den größten Verdienst erwarb er sich jedoch durch
die mit sicherem Geschmack vorgenommene Restaurierung des Schlosses
Finckenstein und seiner Einrichtung. Den Finckensteiner Schlosspark ließ
er nach den alten
Plänen im franz. Stil wieder herrichten. Er war vermählt mit Gertrud
Dohna (1852-1929), geb. von Domhardt, einer Urenkelin des bedeutenden
Reorganisators Westpreußens und Oberpräsidenten Johann Friedrich von
Domhardt und mütterlicherseits war sie die Enkelin einer Dohna. Auch sie starben kinderlos.

Bild 72: Blick auf einen Teil des Schlossparks, den Georg von Dohna wieder
herrichten ließ.

Bild
73: Diese Karte schrieb Georg von Dohna am 8. 6. 1905 an die Frau Baronin
von Venningen, geborene Gräfin Matuschka auf Schloss Solms in
Baden-Baden.

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74: Die Rückseite der Ansichtskarte

Bild 75: Schloss Finckenstein (Westseite) im Winter
(8. 6. 1905) . Diese Karte
schrieb Georg von Dohna ebenfalls an die Baronin von Venningen: "In dankbarer
Erinnerung an die auf Ihrem Schloss verbrachten Stunden - Georg Dohna."

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76: Winteridylle im Finckensteiner Schlosspark
Die Karte
wurde von Oswald von Rabe an "Ihre Hochwohlgeborene Frau Hildegard
von Beyer" geschrieben. Hier der Text: "Finckenstein, Kr.
Rosenberg. Meine liebe Hildegard! Hier bei meinen lieben Dohna's verlebe
ich sehr nette und gemütliche Zeit in dem schönen Schloss, wo
Napoleon im Frühjahr 1807 zwei Monate im Quartier lag und wo die Zimmer
noch so erhalten, wie er sie verlassen hat. Mit besten Wünschen für ein
gutes Fest in Oberhof und herzlichsten Grüßen für Dich und Alexander
bin ich Dein treuer Seelendoktor Oswald von Rabe."

Bild 77: Hof- oder Westseite des Schlosses
Finckenstein fiel nun im Jahre
1912 an seinen Bruder Alfred (1852-1929), den Besitzer von Brunau, der
seit 1876 mit Marianne von Wallenberg verheiratet
war. Er war u. a. Kommandeur des Leibgarde-Husarenregiments von Potsdam
und später Kommandeur der Garde-Kavalleriedivision. 1911 begleitete er
Kronprinz Wilhelm auf dessen großen Reisen nach Ägypten und
Vorderindien und wurde dann Militärbevollmächtigter am
kaiserlich-russischen Hofe in St. Petersburg. Unter Alfred, einem Sammler
von Napoleonica, wie dann auch unter seinem Nachfolger, wurde die
Einrichtung des Schlosses in manchem verändert, zum Teil modernen
Bedürfnissen angepasst. Seine Ehe mit Marianne von Wallenberg blieb
ebenfalls kinderlos.
Am 25. September 1926 feierte das Paar das Fest der Goldenen
Hochzeit. Aus diesem Anlass wurde die hier vergrößert abgebildete Bronze-Medaille
geprägt:
Bild
78: Vorderseite der Medaille - das Original hat einen Durchmesser von 4 cm
Bild 79: Rückseite der Medaille

Bild
80: Gruppenfoto
der Freiwilligen Feuerwehr von Finckenstein, die ihren Platz auf dem
Schlossgelände hatte. (ca. 1928)
Vorne steht der
Gutsrendant Dreher, in der 1. Reihe, 4. Person von rechts: Johannes Gutzeit,
2. Reihe, 2. Person von links: Otto Eichel.
Seit dem Jahre 1928 gibt es ein neues Wappen der Finck von
Finckenstein, das von Otto Hupp geschaffen wurde.

Bild
81: Neues Wappen der Finck von Finckenstein
Otto Hupp
(1859-1949) war ein deutscher Grafiker, dessen Spezialgebiet die Heraldik
war. Er malte mehr als 6000 Wappen und schrieb diverse Bücher zum Thema
Heraldik. Eine seiner heraldischen Publikationen waren die
"Münchener Kalender", die von 1885-1936 (außer 1933)
erschienen sind. Im Münchener Kalender von 1928 ist das Finckenstein'sche
Familienwappen zu finden. Wenn man es mit dem alten Stammwappen der
Familie vergleicht, das am Skulpturengiebel des Westrisalits (Finckenstein
Teil 1, Bild 11) zu sehen ist, wird man die beiden Löwen vermissen.
Hier
sind einige Beispiele der seit 1895 erschienen Hupp'schen Wappen: Das
große Preußische Staatswappen und Genealogie der Könige von
Preußen (1897) - Das Bayrische Staatswappen und Genealogie der Könige
von Bayern (1898) - Das Bayrische Majestätswappen (1906) - Das neue
Bayrische Staatswappen (1925). Bei den Gebrauchsgrafiken sollte das
Firmenemblem der Münchner Spaten-Brauerei erwähnt werden.
Nach dem Tode von Alfred zu Dohna erbte Hermann (1894-1942), der Sohn seines jüngeren Bruders Karl, der
auf die Erbfolge verzichtete, den Besitz. Nach dem 1. Weltkrieg, an dem
Graf Hermann als junger Offizier teilnahm, verwaltete er zunächst das zu
Finckenstein gehörende Gut Groß Brunau. Er war mit Clotilde von Forcade
de Biaix verheiratet, die aus einer alten Hugenottenfamilie stammte. Von 1927-1937 war er
Kreisdeputierter, wobei er wiederholt den Landrat des Kreises Rosenberg
vertreten hat. Trotz seines im ersten Weltkrieg zugezogenen schweren
Leidens gelang es Hermann, den in dieser schwierigen Zeit der Agrarkrise
übernommenen Besitz auf einen bis dahin nicht erreichten Höchststand
wirtschaftlichen Gedeihens zu bringen, dabei auch die planmäßigen
Sozialmaßnahmen wesentlich verbessernd. Auch dem Schloss galt seine
Fürsorge, in dem er eine zweite umfangreiche Bibliothek
einrichtete.
Im Jahre 1932 umfasste Finckenstein mit 11 Vorwerken
und dem Gut Görken, Kreis Mohrungen, 8954 Hektar. Peterkau und Michelau
gehörten nicht mehr dazu.
Als Finckenstein sich im Besitz von Hermann Graf zu Dohna
befand, drehte die amerikanische Filmgesellschaft Metro Goldwyn Meyer 1937,
u.a. am Originalschauplatz in
Finckenstein, den Film "Maria Walewska" mit den berühmten
Schauspielern Greta Garbo und Charles Boyer. Der Film enthält sehr schöne
Architekturaufnahmen des Schlosses.
Siehe
Finckenstein Teil 7 - Extraseite über den FilmDer Graf starb 47-jährig im Jahre 1942 an den Folgen der schweren
Krankheit, die er sich im 1. Weltkrieg zugezogen hatte.
Der Besitz ging an seinen Sohn und Erben Alfred (1917-1988), Student
der Land- und Forstwirtschaft, der im Krieg als Offizier in einem
Panzer-Regiment an der Front stand und während mehrere Beurlaubungen
Finckenstein bis zur Flucht am 21. Januar 1945 verwaltete. Seine
Schwester Marianne (geb. 1919) heiratete 1941 den Grafen Reinhold von Krockow, den
Besitzer des gleichnamigen Schlosses im Kreis Putzig bei Danzig.

Bild 82: Blick vom Belvedere über das
Gartenparterre zum Schloss
Bild
83: Foto vom
Liebefließ im Finckensteiner Forst
Die Liebe
Aus einem großen Gartensaal auf die
Terrasse tretend, hatte man einen überwältigenden Anblick. Ein
wunderbar gehaltener Park im Versailler Stil mit Springbrunnen,
geschnittenen Hecken und Sandsteinfiguren, lag vor einem und über diese
Anlagen hinweg sah man frei über Wiesen auf den vom Walde eingerahmten
See. Durch den Park ging man auf einem Wiesenweg entlang der
"Liebe", einem Nebenflüsschen der Weichsel, bis zur Einmündung
in den See, wo die Kähne standen.
Die "Liebe", jetzt in einem gut
ausgebauten Bett dahin fließend, war ehemals unreguliert und sehr
verkrautet gewesen und hatte durch Rückstau Äcker und Wiesen
überschwemmt, bis vor Generationen eine tatkräftige Besitzerin das Übel
beseitigen ließ. Zum Dank für diese Kulturtat und als ewige Erinnerung
daran soll, wie man sich erzählte, am Einfluss der "Liebe" in
den See ein Schild aufgestellt worden sein, mit der, einem Uneingeweihten
recht zweideutig erscheinenden Inschrift: "Hier ließ die Gräfin
Dohna der Liebe freien Lauf", mit Jahreszahl, Datum, Vornamen und
was noch dazu gehört. Das Schild ist leider nirgends mehr zu finden und
somit gibt es keinen Beweis, ob diese Geschichte tatsächlich passiert
ist, aber sie ist doch so amüsant, daß man sie nicht unterschlagen
sollte.

Bild 84: Finckenstein Schlosspark mit
Blick zum Gaudensee
Der Gaudensee bei Finckenstein
Georg Hoffmann, Lehrer und
Schriftsteller, wurde im Jahr 1900 in Deutsch-Eylau geboren. Er lebte ab
1934 in Rosenberg – für immer, wie er glaubte. Aus dem Innern
Ostpreußens kehrte er in seinen Heimatkreis zurück, zu den Wäldern und
Seen, die er so liebte. Am 13. April 1934 fuhr er zum ersten mal zu dem
idyllischen Gaudensee bei Finckenstein, von dem man erzählte, er
schimmere weiß von wilden Schwänen.
Er kam oft hierher, stieg
in eines der Fischerboote, fuhr hinaus oder hockte in getarnten
Verstecken, um die brütenden Enten aller Arten, Schwäne, Kraniche,
Rohrsänger, Eisvögel und Milane zu beobachten, oder die Fischadler, die
sich ihre Beute im Flug aus dem Wasser holten.

Bild
85: Der Gaudensee - ein Paradies für Angler und Tierbeobachter
Es fiel Georg Hoffmann immer
schwer, abends, wenn es dunkel wurde, den See zu verlassen, aber am aller
schwersten fiel es ihm 1945. Als die russischen Panzer im Januar 1945
bereits die Kreisgrenze erreicht hatten, fuhr er noch einmal mit dem
Fahrrad zum See.
Er lag unter einer starken
Eisdecke. Hoffmann fuhr über das Finckensteiner Vorwerk Liebenbruch,
einen großen Wirtschaftshof, zu seinem Lieblingsplatz am See, wo er immer
so gern die Enten beobachtet hatte. Das Eis trug auf allen Seiten der
getarnten Hütte, die tief verschneit war. Er lehnte sich an das Dach,
träumte zurück und dachte voraus und beides tat gleichermaßen weh.
Bevor er ging, trat er noch einmal auf die Seefläche hinaus und sah auf
das ferne Schloss.
Da löste sich an dem Westufer
ein Schlittengespann und strebte über die weite Eisfläche auf ihn zu.
Der Fischpächter Otto Klinger stieg aus dem Schlitten. Hoffmann dankte
ihm, daß er ihn auf dem See nach seiner Lust hatte schalten und walten
lassen und daß er ihm jahrelang die Boote gegeben hatte. Und als er wieder allein war,
ging er noch einmal zu seiner kleinen Hütte und dankte aus vollem Herzen
für das Glück und das Erleben, für den Reichtum und den Frieden und
für die Schönheit der Natur. Otto Klinger durfte diesen See leider nicht
wiedersehen. Er ist bei der Vertreibung aus der Heimat umgekommen.
Dorfplan von Finckenstein von 1944/45 (Bild 86)

Korrekturen und Ergänzungen:
Nr. 17: Gutsrendant Wilhelm Dreher (nicht
Alfred) Nr. 18: Ida Gutzeit (geb. Noch) mit ihren 3 Kindern Nr. 24: Familie
Noch, die Eltern von Ida Gutzeit. Auguste Müller, geb. Pörschke und
Fritz Pörschke (Kutscher des Grafen) Familie Müller wohnte am Sandberg
(Haus ist abgebrannt) Herta Schafranick, geb. Klein
(Schwester von Wilhelmine Schramm)
Während Graf Alfred noch als Offizier an der Front kämpfte, bereitete seine Mutter
Clothilde den Treck für die Familie, das Schlosspersonal und die Bewohner
des Dorfes Finckenstein vor. Am 21. Januar 1945 brach der Treck bei
klirrender Kälte zur Flucht auf - die russische Front war bereits in
Hörweite. Auf der Flucht verletzte sich die Gräfin Clothilde schwer beim
Absturz ihres Treckwagens an der Nogatböschung. Nach sechs Wochen erst
erreichte sie mit ihrem Treck über Pommern und Mecklenburg -
Schleswig-Holstein. Hier wurde eine kurze Zwischenstation eingelegt - und
dann ging es per Pferdewagen weiter nach Rieseneck in Westfalen, wo ihre
Mutter, Baronin von Forcade lebte. Dort verbrachte sie einige Jahre
gemeinsam mit ihrer Tochter, Marianne Gräfin von Krockow, deren Mann im
Krieg gefallen und die selbst mit ihren Kindern aus dem Osten per Treck auf
die Flucht gegangen war. In Wuppertal fanden schließlich alle eine neue
Heimat bis zu dem gemeinsamen Umzug im Jahre 1961 nach München.
Dort
lebte seit seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft im Jahre 1948 auch
Alfred Burggraf und Graf zu Dohna
mit seiner Gemahlin, Burggräfin und Gräfin Gertrud zu Dohna, geb. Sigel und den beiden 1951 geborenen Zwillingen Hermann und
Ursula als Industriekaufmann.
Schloss
Finckenstein, eines der schönsten Schlösser des deutschen Ostens, gibt
es heute nicht mehr. Es wurde am 22.1.1945 von den Russen angezündet und
brannte aus. Die wertvolle Bibliothek konnte gerettet werden und ist heute
in der Stadtbücherei von Olstyn (Allenstein) untergebracht. Von der
kostbaren Innenausstattung konnten nur einige Bilder und
Kleinigkeiten, sowie das Familienarchiv in Sicherheit gebracht werden. Der
einstmals schöne französische Park wird heute als Sportplatz genutzt.
Die allegorischen Figuren vom Gesims an der Ostfront (Gartenseite) des
Finckensteiner Schlosses, die die vier Jahreszeiten darstellen sollen, wurden im Jahre 1975 von der Ruine herabgeholt,
restauriert und in der Parkanlage "Alter Friedhof" in
Deutsch-Eylau aufgestellt.

Bild
87: Der Frühling

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88: Der Sommer

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89: Der Herbst

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90: Der Winter
Die Zerstörung des Schlosses nach der
Flucht am 22. Januar 1945 und die Niederlage mit ihren Folgen - Abtrennung
der Ostgebiete und Aufhebung des dort gelegenen privaten Grundbesitzes -
ziehen einen Schlussstrich unter die Geschichte , in welcher das Schloss
und der Bauherr mit seinen Nachfolgern eine im gelebten Leben bestehende
Einheit gebildet haben.
Teil 7 oder Index Copyright
Christa Mühleisen
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