Westpreußische Gedichte - Heiteres und Ernstes - - - Seite 1.

    von Christa Mühleisen zusammengetragen


Pillkaller Leberwurst

Eine Scheibe Leberwurst,
Mostrich nach Bedarf,
legt man auf ein Glas voll Schnaps
und dann wird man scharf.

Denn man sieht die Leberwurst
und man riecht den Rauch,
und man schmeckt den Majoran
und den Pfeffer auch.

Der Machandel glänzt im Glas,
ist aus Kraft und Korn,
schon beim dritten hat man, prost,
weit die Nase vorn.

Nach dem fünften ist die Welt
nicht mehr mau und mies,
alles sieht so festlich aus
wie im Paradies.

Doch beim zwölften sehnt man sich
nach dem Bettgestell,
und man fragt die eig'ne Frau:
"Woher kommst, Marjell?"



Im Ostseebad Zoppot in der Danziger Bucht unterhielt die Firma Feinkost-
Mühling ein originelles Lokal. Dort gab es Liköre mit phantasievollen Namen
vom "Spinat mit Ei" bis zum "Daniger Pomuchel" und von "Tiegenhofer
Neunkraft" bis zum "Leichenwagen mit Goldtrotteln". Das folgende Gedicht
besteht fast vollständig aus den Namen dieser Liköre:

Zoppoter Liköre

"Fromme Helene",
ein "Herzblättchen"
und "Ahnungsvoller Engel",
wagt mittels "Sorgenbrecher",
einen "Blick ins Jenseits"
und spürt bei "Starkstrom"
einen "Kuß mit Liebe",

"Sanfter Heinrich"
und "Zahmer August"
kriegen ein "Knickebein"
ohne "Hoffnungsstrahl"
durch "Unglückliche Liebe"
und seh'n bei "Windstärke 11"
"Zoppoter Glühwürmchen".

"Mir wackelt der Bauch",
sagt "Rasender Lorbaß";
denn "Marzipantorte"
ist "Scheibenkleister"
und "langsamer Selbstmord".
Her mit dem "Lebenswecker":
"Stichpimpulobockforziolurum"!

(Sattler, Gert O. E.: Köstlichkeiten und Besonderheiten aus Ost- und
Westpreußen, Husum: Husum Druck- und Verlagsgesellschaft 1997,
120 Seiten, Seite 116 und 117)