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         Das Gut Januschau / Januszewo 
  Teil
        1
  Das schöne spätklassizistische
        Schloss (18.-20. Jahrh.) mit einem Neubarockflügel, die Vorderfront mit Efeu
        geschmückt, musste man tief im wohl gepflegten Park suchen. Es lag
        inmitten von mächtigen Baumriesen gebettet und blieb dem Auge des
        Wanderers verborgen, bis die Waldblende durchschritten war. An dem weit
        ausladenden Gutshof standen die schmucken neuen Gutsarbeiterhäuser, die
        Schmiede, die Schule und am Wege nach Zollnick, wo sich das Forsthaus
        befand, eine große Brennerei.
    
         Bild 1: Schloss Januschau
   Am 20. März 1855 wurde der spätere Besitzer von
        Januschau, der Kammerherr von Oldenburg,
        in  Beisleiden (Ostpreußen)  geboren und erhielt in der Taufe die Namen
        
        Elard  Kurt Maria Fürchtegott. Die Oldenburgs sind ein bremisches
        Uraldels-Geschlecht, das erstmals im Jahre 1247 urkundlich erwähnt wird.
        Erst der Urgroßvater des Elard von Oldenburg wanderte von
        Mecklenburg aus und trat als Offizier in preußische Dienste. Unter
        Friedrich dem Großen stieg er die Sprossen der militärischen
        Hierarchie empor und wurde frühzeitig  Flügeladjudant des großen
        Königs. Nach dem Siebenjährigen Krieg nahm er den Abschied, bekam vom
        alten Fritz eine goldene Uhr zum Geschenk, heiratete  Dorothea von der
        Trenck und wurde Gutsbesitzer. 
 
 
  
  Bild
        2: Schloss Beisleiden  (poln. Bezledy) Kr. Preußisch Eylau
 
 Der Großvater,
        zunächst Soldat, kaufte 1801 das Gut Beisleiden. Dieses Gut, das er
        fast 50 Jahre bewirtschaftete, übernahm der Vater 1843. In 1. Ehe war
        der Vater mit der  Freiin  Brunsig von Brun verheiratet, mit der er drei
        Töchter und einen Sohn hatte, der frühzeitig starb. Aus seiner 2.
        Ehe mit  Maria von Arnim  entstammte Sohn Elard. Er war der vierte Sohn
        aus dieser Verbindung. Die beiden ältesten Söhne starben schon als
        Kinder, während Elard und sein älterer Bruder im Elternhause
        aufwuchsen und dort eine glückliche Kindheit verbrachten.  Im Jahre 1862 kaufte der Vater
        des Kammerherrn das östlich von Rosenberg gelegene Gut Januschau, um seinem Sohn Elard später einen
        landwirtschaftlichen Besitz hinterlassen zu können. 
   Doch wurde das Gut
        zunächst noch viele Jahre von Beisleiden aus verwaltet. Der junge Elard
        drückte indessen die Schulbänke in Königsberg, Wernigerode,
        Brandenburg und Halle. Dann wurde er Soldat. Nach bestandenem
        Fähnrichsexamen ist er bei dem 2. Garde-Ulanen- Regiment in Berlin
        eingetreten, wo er 1875  zum Leutnant befördert wurde. Er war mit
        Leib und Seele Soldat. Dennoch nahm er 1883 seinen Abschied, um auf
        Januschau Landwirt zu werden.
   Er übernahm das Gut mit der
        Verpflichtung, dem Vater jährlich 9000 Mark zu zahlen. Da das Gut
        bisher 30 000 Mark abgeworfen hatte, war der Start  günstig für
        ihn. Januschau hatte  eine wundervolle Schafherde mit Bockverkauf,
        stellte 10 Remonten (für die Wehrmacht bestimmte, noch nicht
        zugerittene Pferde) und zog jährlich 20 Kälber von den vorhandenen 20 Kühen auf, die im
        übrigen für Haushalt und Deputate gebraucht wurden. Die Einnahme des
        Inventars betrug etwa 27 000 Mark, wovon die Wolle, die pro Zentner etwa
        160 Mark brachte, die Pachtsumme deckte. Der Getreideverkauf belief sich
        auf etwa 33 000 Mark.
   Indessen hatte er als Junggeselle zunächst
        allerlei Sorgen. Der bisherige Verwalter machte sich selbständig und
        kündigte. So musste er sich mit einem jungen zweiten Inspektor und zwei
        Hofleuten behelfen. Die Mutter des Elard von von Oldenburg-Januschau
        besorgte ihrem Sohn eine Köchin, die leider den Nachteil hatte, dass
        sie miserabel kochte. Er kaufte also ein Kochbuch, stellte vier Gerichte
        zusammen und sage zu ihr: "Diese Gerichte kochen Sie jetzt solange,
        bis Sie sie können. Dann wollen wir einen Schritt weiter gehen."
        Sie ist acht Jahre in Januschau geblieben und kochte schließlich
        ausgezeichnet.
   Damals befanden sich in Januschau nur drei eingerichtete
        Zimmer: das Wohnzimmer des Vaters, sein Schlafzimmer und ein
        Fremdenzimmer. Eine glückliche Fügung hatte es aber mit sich gebracht,
        dass im Laufe des vorangegangenen Sommers in Beisleiden die Nachricht
        eintraf, der Stab eines Infanterie - Regiments von sieben Offizieren
        würde in Januschau einquartiert werden. Darauf erbat der Inspektor vom
        Vater eine Anweisung, wie er sich die nötigen Betten und Esssachen
        beschaffen solle. Der Vater sagte daraufhin zu seinem Sohn: "Fahre
        nach Königsberg, kaufe sieben anständige Betten nebst der notwendigen
        Einrichtung für Gaststuben. Die können dann in Januschau bleiben. Ich
        schenke sie dir." Außerdem schenkte er ihm das Geschirr für 24 Personen,
        und die Mutter besorgte die notwendige Wäsche. 
        
         Die Übernahme
        von Januschau fiel in das Jahr 1883. Er lebte noch zwei Jahre in guten
        landwirtschaftlichen Verhältnissen. Mit Eifer
        stürzte er sich in alle Einzelheiten der Landwirtschaft hinein und
        lernte die Bewirtschaftung eines Betriebes vom Gesichtspunkt desjenigen,
        der die Verantwortung für das Ganze trägt. Er war noch jung genug, um
        etwas zu wagen, so dass er zwei Jahre später das anliegende  Gut Brausen
        
        mit 3800 Morgen hinzukaufte. Dieser Zukauf von Brausen - für den Morgen
        zahlte er 48 Taler - vermehrte seine landwirtschaftliche Erfahrung um
        Vieles. Dieses Gut übernahm er in einem völlig herabgewirtschafteten
        Zustand und war gezwungen, ein ganzes Jahr lang Brausen mit Stroh,
        Futter und Brot aus Januschau zu beliefern.
   Der Versuch, die
        Wirtschaften von Januschau und Brausen so zu leiten, dass beide
        Güter  aufeinander abgestimmt waren, kostete unendlich viel Zeit,
        Mühe und Geld. Erst nach langen Jahren konnte er den Versuch als
        geglückt bezeichnen. Auf der anderen Seite von Januschau kaufte er noch
        das  Waldgut Zollnick von 2700 Morgen für 36 000 Taler. Dieser Kauf
        bewährte sich von Anfang an. Alle drei Betriebe lagen mit der
        Grundfläche dicht geschlossen beieinander. Abgesehen von der Schafzucht,
        er hatte etwa 3000 Stück, spielte während der Zeit vor dem Kriege die
        Erzeugung von Hafer und Weizen die Hauptrolle. Erst nach dem Kriege
        verdrängte der Roggen den Weizen.
   Seine frisch erworbenen
        landwirtschaftlichen Kenntnisse konnte Elard schon bald an den Mann
        bringen, denn im Jahre 1888 starb sein Vater. Da der Sohn seines
         verstorbenen Bruders
        noch minderjährig war, musste er auch auf dem väterlichen Gute in
        Beisleiden die Zügel der Verwaltung in die Hand nehmen.
 
   
        
  Bild 3: Elard von Oldenburg - Januschau  Kammerherr (
        20.3.1855 - 15.8.1937)
 
   Elard
        von Oldenburg-Januschau schreibt in seinen Lebenserinnerungen:
        "Hatte mein Leben durch meine Tätigkeit als Gutsbesitzer eine neue
        Richtung bekommen, so nahm es im Jahre 1884 wieder eine neue Wendung,
        als ich die Gräfin Agnes von Kanitz zu meiner Frau machte. Über
        fünfzig Jahre sind wir miteinander verheiratet, und seit dieser Zeit
        teilt meine Frau Freud und Leid, Sorgen und Glück rückhaltlos mit mir.
        Ihr allein verdanke ich mein ganzes persönliches Glück in den Jahren
        unserer Ehe. Sie schenkte mir drei Töchter, die alle ziemlich früh
        heirateten, so dass ich heute auf die stattliche Zahl von achtzehn
        Enkeln blicken kann. Meiner Frau gebührt der Verdienst dafür, dass
        mein Lebensweg durch ein glückliches Familienleben  in meinem
        Hause begnadet wurde. Mit ihr zusammen habe ich aus Januschau das
        gemacht, was es geworden ist.
   Sie war das zwölfte Kind aus dem
        Hause Podangen. Ihr einer Bruder, der Landrat Graf Kanitz, war einer der
        bedeutendsten Parlamentarier seiner Zeit, der sich auch als Landwirt
        einen großen Namen machte. Die anderen Brüder waren Soldaten in hohen
        Stellungen und Ämtern. Mit meiner Heirat kam ich in ein hochpolitisches
        Haus hinein. Eine der interessantesten Persönlichkeiten war vor allem
        der Mann einer meiner Schwägerinnen, der bekannte General Graf Heinrich
        von Lehndorff. Er war Generaladjudant des alten Kaisers gewesen."
        
 
   
           Bild 4: Maria Gräfin Lehndorff geb. von Oldenburg (9.7.1886 -
        25.1.1945)
 
 Elard
        von Oldenburgs Tochter Maria (9.7.1886 - 25.1.1945) heiratete den
        Landstallmeister Siegfried Graf von Lehndorff (11.4.1869 - 6.4.1956), der
        die preußischen Gestüte von Graditz, Trakehnen und Braunsberg leitete.  
        
           
         Bild 5: Siegfried Graf von Lehndorff  Landstallmeister (11.4.1869 -
        6.4.1956)
 
   Schon
        dessen Vater Georg Graf von Lehndorff  (4.12.1833 - 29.4.1914) war als
        Oberlandstallmeister auf Graditz. Die Leidenschaft für Pferde hat sich
        in dieser Familie von einer Generation auf die nächste vererbt.
  
        
        
  
  Bild
        6: Georg
        Graf Lehndorff  Oberlandstallmeister (4.12.1833 - 29.4.1914)
    Gräfin Marie
        fuhr mit ihren Kindern solange sie in Graditz lebten, jeden Sommer für
        vier bis sechs Wochen nach Januschau zu ihren Eltern. Die Kinder
        erwarteten die Fahrt jedes mal mit großer Spannung, denn Januschau war
        ihr zweites Zuhause. In Deutsch-Eylau warteten zwei Wagen auf sie und
        ihr Gepäck. Die Fahrt mit der Pferdekutsche dauerte eineinhalb Stunden.
        Sie führte zunächst auf holprigem Pflaster durch die ganze
        langgezogene Stadt, am Geserichsee vorbei und dann in nördlicher
        Richtung durch den Wald, der zu Schönberg gehörte. Wenn man aus diesem
        Wald wieder herauskam, sah man nach einer Weile zur linken Hand die
        Türme des Schlosses Schönberg aus den Baumwipfeln herausragen.
  
        
           
         Bild 7: Schloss Schönberg    
 Dann
        fuhr man noch etliche Kilometer, bis endlich das erwünschte Ziel in der
        Ferne auftauchte. Ganz zum Schluss beschleunigten die Pferde das Tempo
        noch einmal, die Wagen fuhren am Dorf entlang, durch das Parktor und
        rasselten nach etwa hundert Metern auf das bläuliche Kopfsteinpflaster
        der Vorfahrt. Die Kinder sprangen aus dem Wagen, umarmten die
        Großmutter, die schon in der Haustür stand, und liefen gleich  in
        den Pferdestall um ihre Ponys zu begrüßen, die der Großvater aus dem
        Krieg mitgebracht hatte.
 
   
        
  Bild 8: Drei Brüder Lehndorff hoch zu Ross
   Hans
        von Lehndorff, der
        zweite Sohn von
        Gräfin Marie und Graf Siegfried, schrieb in seinen
        Jugenderinnerungen (Menschen, Pferde, weites Land): "Das Haus
        erweckte eher den Eindruck von etwas Gewachsenem als von etwas Gebautem.
        Wir konnten uns nicht vorstellen, dass es einmal eine Zeit gegeben
        hatte, in der es noch nicht da stand. Das lag nicht allein daran, dass
        es dicht bewachsen war, vorn mit Efeu und hinten mit wildem Wein -,
        sondern die Räume waren so aneinander - und ineinandergefügt wie Leib
        und Glieder eines lebendigen Wesens. Jeder Winkel schien mit Leben
        gefüllt und strahlte Behaglichkeit aus. Überall hatte man das Gefühl
        im lieben Januschau zu sein, dem Ort der vom Geist der Großeltern
        geprägt war." 
 
 
   
         Bild 9: Herbststimmung  (Auffahrtseite)
   Das hohe zweistöckige Haus mit seinem
        Frontspiece und seinen beiden vorgebauten Seitenflügeln betrat man zu
        ebener Erde über eine flache Steinstufe. Eine Doppeltür führte in die
        Halle, an deren Wänden Jagdtrophäen hingen. Auf der rechten Seite
        führte eine breite Holztreppe nach oben, die einmal im rechten Winkel
        abknickte. Ihr breites Geländer lud zum Herunterrutschen ein, was nicht
        nur von den Kindern praktiziert wurde, sondern auch von manchem
        erwachsenen Gast. Auf dem Tisch in der Halle lagen unter anderem 
        die gewaltigen, mit vielendiger Krone versehenen Abwurfstangen des
        stärksten Hirsches der Gegend. Geradeaus führte eine hohe Tür in den
        größten Raum des Hauses, den Gartensaal.
   Hier stand in der
        Mitte ein riesiger rechteckiger Mahagonitisch mit klobigem Fuß, auf dem
        eine große Blumenvase in Schalenform, das Gästebuch, Aschenbecher,
        Zigarrenabschneider, Brieföffner und ähnliches zu finden waren, und um
        ihn herum in weitem Abstand bequeme Polstersessel auf einem großen
        Teppich. Von der Decke hingen zwei venezianische Kronleuchter herab.
        Links vom Eingang befand sich der Kamin, in den Ecken zwei hohe runde
        Kachelöfen in Blau und Weiß, an den Seitenwänden standen alte
        Danziger Schränke in dunklen Farben, eine Standuhr, weitere
        Sitzgelegenheiten und ein Bechstein - Flügel; darüber hingen mehrere
        lebensgroße Familienporträts. Nach rechts und links war der Gartensaal
        durch zwei hohe, stets offenstehende Doppeltüren mit den Nebenräumen,
        zwei kleineren Wohnzimmern, breit verbunden. Hieran schlossen sich die
        Arbeitszimmer der Großeltern.
   Links von der Eingangshalle
        befand sich das Esszimmer mit drei Fenstern zur Vorfahrt hin, einem
        Ausziehtisch für 20 Personen, eichenen Stühlen, holzverkleideten
        Wänden und einem riesigen eichenen Büffet an der einen Schmalwand.
        Über dem Kamin auf der gegenüberliegenden Seite war folgender Spruch
        an die Wand geschrieben:
     
          
            
              
                
                Mit dem
        Schwerte sei dem Feinde gewehrt, Mit dem Pflug der Erde Frucht
        gemehrt.  Frei im Walde grüne seine Lust,  Schlichte Ehre wohn'
        in treuer Brust. Das Geschwätz der Städte soll er fliehn, Ohne
        Not vom eignen Herd nicht ziehn. So erblüht sein wachsendes
        Geschlecht, Das ist Adels alte Sitt' und Recht.
               
             
           
         
  Hans
        Graf von Lehndorff schrieb weiter in seinen Jugenderinnerungen:
        "Dieser Raum ist mir im Laufe der Jahre, die ich in Januschau
        erlebt habe, der liebste geworden. Ich sehe mich dort sitzen in den
        verschiedensten Stadien meines Heranwachsens, als kleinen Jungen neben
        meinen Geschwistern, als Halbwüchsigen unter vielen Gästen bei
        festlichen Gelegenheiten und schließlich als Erwachsenen zu den
        verschiedensten Zeiten des Jahres, wenn das Haus voller Besucher war,
        oder auch mit meinen Großeltern allein am Tisch."
            
         Bild 10: Spielende Kinder vor dem Schloss Januschau (Gartenseite)
 
  Wenn die
        Enkel am Morgen nach ihrer Ankunft aus dem Hause gingen, standen da
        meistens schon ihre gleichaltrigen Freunde aus dem Dorf, Söhne des
        Inspektors, des Gärtners, des Schäfers, des Schmiedemeisters, der eingesessenen Landarbeiter, um mit ihnen zu spielen.
   Das
        entfernteste Ziel, das sie damals mit ihren Pferden anstrebten, war
        Schönberg, das Schloss auf dem Wege nach Deutsch-Eylau. Auf der letzten
        Strecke wurde ihnen in Erwartung des Zieles schon immer ganz feierlich
        zumute. Dann kreuzte der Weg die große Straße, man kam wieder aus dem
        Wald heraus und hatte das letzte Wegstück, eine Allee aus abenteuerlich
        geformten alten Kiefern, vor sich.
 
 
    
        
  Bild 11: Die Kiefernallee von Schloss Schönberg
  Dann sahen sie auch schon die Zinnen des
        Schlosses über den Baumkronen. Beim Einreiten in das finstere Burgtor
        fühlte man sich um Jahrhunderte zurückversetzt in die Zeit der
        Ordensritter, deren Geist hier ganz gegenwärtig war. Innen stand man in
        einem allseitig umbauten, von alten Linden überschatteten Hof, etwa 8
        Meter über dem eigentlichen Erdniveau.
   In den Wohnräumen, die
        erst in einer viel späteren Zeit hineingebaut wurden, lebte die Familie
        Finckenstein, mit der die Lehndorff''schen Kinder verwandt waren.
        Hausfrau war die imposante, baltisch sprechende Tante Irene, ihr Mann,
        der eher zarte, sehr freundliche Onkel Conrad. Von der jüngsten Tochter
        Mausi (Gabriele) ließen die Kinder sich immer das Schloss zeigen, wobei
        sie sich besonders lange an der Klappe aufhielten, durch welche die
        Gefangenen in den Turm hinuntergelassen worden waren. Der Pferdestall,
        der mit seinen Spitzbogenfenstern eher wie eine Kapelle aussah, zog sie
        wegen seiner eigenartigen Lage immer besonders an. Auch das Storchennest
        auf dem sogenannten Storchenturm fehlte nicht.
 
       
        
  Bild 12: Die Brücke mit dem anschließenden Tor war der einzigste Zugang
        zum Schloss Schönberg. Rechts sieht  man den Storchenturm.
  Auf der
        Schlossbrücke holte sich Georg Graf
        von Lehndorff seinen ersten Schlüsselbeinbruch. Sein Pony scheute,
        rutschte auf dem Pflaster aus und fiel mit ihm hin.
   Die
        Großeltern waren nach ihrem Äußeren, ihrem Charakter, ihrem
        Temperament und ihrer Wesensart völlig verschieden, ja geradezu
        entgegengesetzte Naturen.
   Der Großvater, korpulent,
        lebenssprühend, emotional, schnell reagierend, schlagfertig, immer zu
        Späßen aufgelegt, sehr mitteilsam und kontaktfreudig, stets bewegt von
        den Ereignissen des Tages in Politik und Wirtschaft.
 
     
        
   Bild 13: Elard von Oldenburg - Januschau  Kammerherr (
        20.3.1855 - 15.8.1937)
  Oldenburg
    war Mitglied des Kreis- und Provinziallandtages und Vorsitzender der
    Landwirtschaftskammer Westpreußens in Marienwerder, Mitglied des
    Preußischen Abgeordnetenhauses (1901-1910) und  Reichstagsabgeordneter der
        Deutschnationalen Volkspartei für den Wahlkreis Elbing - Marienburg (1902-1912
    und 1930-32). Als bekannter Redner und Freund
        vieler einflussreicher Leute lebte er in einer Sphäre, die schon seinen
        Enkeln einen Begriff davon gab, welches Maß an Verantwortung für seine
        Mitmenschen und für den Staat ein ererbter Besitz, eine preußische
        Erziehung und ein heller Verstand auf die Schultern eines Menschen legen
        konnten. Bis ins hohe Alter war er ständig unterwegs, meistens zwischen
        Januschau und Berlin, oft bei unmöglichen Verkehrsverhältnissen. Für
    seine zahlreichen Verdienste um die Provinz wurde er zum Königlich
    Preußischen Kammerherrn ernannt.
    Als
        der Kammerherr einmal mit dem Gedanken spielte, das Parlament zu verlassen,
        hielt er auf einer Vertrauensmännerversammlung in Marienburg folgende
        Ansprache:" Holt Euch endlich einen anderen Schafskopf, der Frau
        und Kinder, Haus und Wirtschaft verlässt, um leeres Stroh zu dreschen.
        Ich passe gar nicht in das Parlament. Wie viele Ferkel eine Sau in
        Januschau bekommt, interessiert mich mehr, als die geistreichste Rede
        des Abgeordneten Richter."
  Diese kernigen Worte druckte das
        freisinnige Parteiblatt ab und machte dazu die Bemerkung: "Eines
        Kommentars bedarf es nicht. Wo ist das nächste westpreußische
        Irrenhaus?" 
    Als
    es im Reichstag immer wieder um die Abschaffung der Kommandogewalt des
    Kaisers über das Heer ging, war es stets der Kammerherr, der sich
    widersetzte. So antwortete er dem freisinnigen Abgeordneten
    Müller-Meiningen auf seine gegen die kaiserliche Kommandogewalt gerichtete
    Rede kurz und drastisch wie immer: "Der König von Preußen und der
    Deutsche Kaiser muss in jedem Moment imstande sein, zu einem Leutnant zu
    sagen: Nehmen Sie zehn Mann und schließen Sie den Reichstag!" Die
    Oldenburg' sche Rede sorgte für tumultartige Szenen im Parlament und für
    einen Sturm der Entrüstung in der politisch andersgerichteten Presse.
  Nach
    Ausbruch des 1. Weltkriegs wurde er zuerst Verbindungsoffizier der V. Armee
    zum Hauptquartier, dann erhielt er eine Order als Ordonnanzoffizier beim
    Stab des 17. Armeekorps, das unter Mackensen bei Warschau und Lodz focht.
    Hier feierte er im  März 1915 seinen  60. Geburtstag, an welchem
    er zum Major befördert wurde. 1916 wurde er Kommandeur des Staffelstabes
    bei der 86. Division und übernahm später die Führung des IR. 341. 1917
    nahm er  seinen Abschied und engagierte sich im heimischen Bund der
    Landwirte.
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