Unweit
der Stelle, wo die Liebe den Schloßsee in Richtung Marienwerder verläßt,
liegt die vielbesuchte und malerisch gelegene Waldarbeitersiedlung
Waldkathen. Verfolgen wir nun das Liebetal weiter, so erreichen wir
nacheinander die Alte Walkmühle, die Neue Walkmühle und zuletzt die
Schornsteinmühle. Jeder dieser Ortsteile der Gemeinde hatte seine
Eigenart und sein Eigenleben. Zu einer dörflichen Gemeinschaft ist es in
dem Gebiet des früheren Königswaldes, nach 1918
"Preußenwald" genannt, nie gekommen. Es fehlte die Mitte in
Form einer Kirche oder einer Schule, es war eben nichts Gemeinsames
vorhanden. Die Entfernungen
zwischen den Siedlungen betrugen einen bis drei Kilometer. Dieses
verträumte Waldtal mit seinem Begleitwald ist einer der
landschaftlich reizvollsten Winkel gewesen. Der Artenreichtum in
der Tier- und Pflanzenwelt ist so mannigfaltig, wie er sonst nur selten
vorkommt. Im Frühjahr bedecken farbige Teppiche von Leberblümchen,
Anemonen, Seidelbast, Lungenkraut, Lärchensporn und vielem anderen den
Boden der üppigen Eichen - und Hainbuchenwälder. Mitten durch diese
hügelige Waldlandschaft plätscherte der Liebefluß mit seinem
kristallklaren Wasser, seinen Bachforellen, Aalquappen und Krebsen.
Krebse aus der Liebe waren eine besondere Delikatesse. Kein Wunder, daß
das Liebetal und der herrliche Wald vom Frühjahr bis zur
Laubverfärbung das Ziel vieler naturverbundener Menschen waren. Dazu
boten die beiden Walkmühlen als erstklassige Gaststätten alles, was
das Herz begehrte.
In der Landkarte von 1921 sind in der Siedlung sechs
Gebäude eingezeichnet. Das Alter der Siedlung und auch deren
Einwohnerzahl ist leider nicht genau zu ermitteln. Aus den Unterlagen
der katholischen Pfarrgemeinde in Riesenburg geht hervor, daß die
Waldkathen bereits in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts bestanden
haben. Dort tauchte auch die polnisch-prussische Bezeichnung "Liszki"
auf. Vermutlich wurde die Siedlung schon im Mittelalter gegründet. Der
Name "Liszki" stammt aus dem Prussischen. So wurde zur
Ordenszeit ein prussischer Marktflecken bezeichnet. In den 20er Jahren
des 20. Jahrhunderts wurde angenommen, daß gerade in dem Bereich der
Waldkathen der legendäre Fluchtstollen lag, der vom
Riesenburger
Schloß unter dem Schloßsee verlief. Heute befinden sich an dieser Stelle
nur noch größere Schuttansammlungen und beiderseits der Liebe die
Überbleibsel der ehemaligen Brücke und einige verwilderte
Apfelbäume.
Vorne sieht man die Liebe, einen Nebenfluß
der Weichsel, die von rechts, vom Schloßsee
kommend, in Richtung Marienwerder weiterfließt. Im Hintergrund stehen
die Bäume
des Preußenwaldes. 1978 war es unmöglich, die Siedlung auf dem Landweg
zu erreichen. Da es geregnet hatte, waren die Wege total verschlammt, so
daß man sie nicht benutzen konnte. Alte Walkmühle Die
Alte Walkmühle war eine friderizianische Gründung für das Walken von
Militärtuch. Sie war später das einzige Sägewerk im Preußenwald und
betrieb eine Gaststätte mit Landwirtschaft. Die Fischgerichte,
besonders Aal in Gelee waren einmalig, auch die Waffeln, die Frau
Mohnwitz gebacken hat, waren eine Köstlichkeit.
Da
von der Liebe Wasser für die Turbine benötigt wurde, um Strom für
das Holzsägewerk, die Mahlmühle, das Restaurant und private
Einrichtungen zu erzeugen, lagen der Garten und die Liegewiese auf einer
kleinen Insel, die auf beiden Seiten von der Liebe eingeschlossen war.
Man hörte nur das leise, angenehme Plätschern der Wellen. Der letzte
Eigentümer war Fritz Mohnwitz. Im Jahr 1976 war von der ganzen Anlage
nichts mehr zu erkennen.
Dieser Anblick bot sich, wenn man von
Waldkathen oder vom Bahnhof Gunthen kam. Links im Bild die Schleuse, im
Hintergrund das Sägewerk. Jetzt sieht man nur noch Wasser, Geröll und
mit Strauchwerk überwucherte Landschaft.
Auch die Neue Walkmühle
war eine friderizianische Gründung für das Walken von Militärtuch.
Die ursprüngliche Anlage brannte ab. 1927 wurde
in die Walkanlage eine moderne Zwillingsturbine eingebaut. Hiervon sowie
von den übrigen Anlagen ist nichts geblieben. Die Steinbrücke in der
Mitte der Liebe ist gesprengt worden. Seit neuester Zeit gibt es allerdings
wieder ein Wasserkraftwerk. Es ist mit moderner Technik ausgestattet.
Die Anlage wird heute als "Liebefluß-Stauwerk an der Neuen
Mühle" bezeichnet.
In
der Neuen Walkmühle befand sich ein Restaurationsbetrieb mit
Kurort-Charakter. Die Besitzer seit Anfang des 20. Jahrhunderts waren
die Familie Holzt und dann später die Familie Prott. Dieser
Erholungsort befand sich 6 km von Riesenburg entfernt. Das Anwesen, wenn
auch seit der Jahrhundertwende bewirtschaftet, erlangte seine
wirtschaftliche Blüte erst gegen Ende der 20er Jahre. Anfang der 30er
Jahre wurde das Restaurant zu einem Hotel mit 30 Zimmern und 60 Betten
erweitert. Diese Erholungsstätte war über die Grenzen Riesenburgs
hinaus bekannt. Gäste aus der westpreußischen Region und
hauptsächlich aus Danzig sorgten sogar in den Wintermonaten für
ausgebuchte Zimmer. An Wochenenden und Feiertagen konnte man 2000 bis
3000 Tanzlustige bei den hier so beliebten Tanzveranstaltungen sehen.
Im Jahre 1939 wurde eine Freilichtbühne errichtet. Mit Shakespeares
"Sommernachtstraum", aufgeführt von einer Elbinger
Schauspieltruppe, wurde die Freilichtbühne eröffnet. Es wurden
dabei 4500 Eintrittskarten verkauft. Zur
Erholungsstätte gehörte auch eine herrliche Gartenanlage. Gegenwärtig findet man nur noch mit Gestrüpp
zugewachsene Ruinenreste der einst so schmucken Erholungsstätte.
Ungefähr
sechs Kilometer von Riesenburg im Preußenwald und an der Liebe lag eine
Wassermühle mit großem Schornstein, der dem Mühlengut den Namen
Schornsteinmühle gab.
18. Das Gutshaus Schornsteinmühle Die deutsche Namensgebung stammt aus einer Zeit, als bei einem Großfeuer das Wohnhaus vernichtet wurde, die Mühle aber verschont blieb und auch der zwischen Haus und Mühle festgemauerte riesige Schornstein aller Hitze standhielt. Die Schornsteinmühle war eine Mahl- und Schrotmühle mit 450 Morgen Ackerland, das sich seit ca. 1722 im Besitz der Familie Holzt befand. Der Gutsbetrieb hatte durch die Mühle und das später eingebaute Elektrizitätserzeugungswerk eine wesentliche Einnahmequelle. Dank seiner günstigen Lage, von drei Seiten mit Wald umgeben, hatte Schornsteinmühle ein ideales Jagdgebiet. Für das Großvieh war die Liebe Tränke und Schwemme zugleich und auch das Wassergeflügel konnte hier prächtig gedeihen.
19. Schornsteinmühle - Waldpartie mit
Schleuse. Da das
Gefälle des Flusses aufgrund der geringen Reliefenergie dieser
Landschaft klein war, durften die vom Wiesenbauamt in Rosenberg
festgelegten Staumarken nicht überstaut werden, sonst gab es Proteste
vom Oberlieger. Aber trotz des relativ geringen Gefälles wurden die drei
Liebe-Mühlen im Preußenwald als Stromlieferanten an das
Westpreußische Überlandwerk angeschlossen. Das Vorwerk mit Mühle besteht heute nicht mehr,
den Krieg überstand nur die Staustufe des Liebeflusses. 1976 waren nur
noch Reste der zerstören Schleuse vorhanden. |
22.08.05 - a