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Neudeck / Ogrodzieniec
/ Teil 3
von Christa Mühleisen
Bild 36: Blick auf das neue Schloss und den Park.
Bild 37: Durch diesen Park machte Hindenburg seine abendlichen Spaziergänge,
wenn er in Neudeck war.

Bild 38: Das neue Gutshaus (Schloss) mit Wache

Bild 39: Der Haupteingang von Schloss Neudeck. Rechts kommen einige Besucher.

Bild 40: Besuch des Reichskanzlers bei Reichspräsident von Hindenburg
in Neudeck 1933. Die drei Kinder sind Hindenburgs Enkel.

Bild 41:
Die Rückseite des Schlosses mit der großen Terrasse

Bild 42: Hindenburg auf der Terrasse von Neudeck. Ein persönlicher Zug
war die einfache, aber herzliche Gastlichkeit des alten Herrn, zumal
wenn er Menschen bei sich sah, die er liebte und achtete.
Im Jahre 1933 schenkte am Jahrestag der Schlacht von
Tannenberg (1914) die Staatsregierung dem greisen Reichspräsidenten zu
Neudeck die Staatsdomäne Langenau und den Preußenwald, der die
Forstreviere Habersdorf und Gunthen umfasste. Dieser Besitz sollte sich
aber nur in der männlichen Linie vererben, sonst an den Staat
zurückfallen.

Bild 43 + 44: Diese
Ansichtskarte schrieb Hindenburg ein knappes Jahr vor seinem Tod (1.9.1933)

Auf Neudeck aber verbrachte Hindenburg jede freie Minute und hier
starb er auch am 2. August 1934 nach schwerer Krankheit.
Besonders eindrucksvoll hat sich die Verbundenheit der Gutsleute mit
ihrem Gutsherrn noch einmal bei dessen Tod gezeigt, es gab eine spontane
Versammlung der Gutsanghörigen vor dem Herrenhaus. Noch einmal waren
die kleinen Leute von Neudeck und Langenau erste Zeugen eines großen
staatspolitischen Spektakels, in dem sich wahrer Respekt vor dem
"alten Hindenburg" und echte Trauer und große Sorge um die
Zukunft vermischten. Noch einmal glaubten die Neudecker, im Zentrum der
nationalen Geschichte zu stehen. Am Nachmittag versammelten sich die
ältesten Arbeiter aus Neudeck, um von ihrem Gutsherren Abschied zu
nehmen.
Eine Neudeckerin, hat mir erzählt, daß an Hindenburgs
Todestag der "Zeppelin Hindenburg" über Neudeck
gefahren ist und über den Köpfen der versammelten Menschen plötzlich
das Lied "Ich hatt' einen Kameraden" erklang.

Bild 45: Neudeck am 2. August 1934.
Hier konnten die Neudecker
Gutsleute Abschied von ihrem Gutsherrn nehmen.
Schwere Herzens traten die treuen Leute einzeln an das Totenbett
ihres verehrten und geliebten Herren heran, der noch so dalag, als ob er
schlafen würde. Auch Bauern und Bürger der Umgebung waren gekommen mit
Frau und Kindern, um den Feldmarschall noch einmal zu sehen. Aber auch
aus den entfernteren Gegenden Ostpreußens waren ganze Familien
eingetroffen und baten um Einlass. Es war wie eine Wallfahrt zu dem
Schloss des großen Toten.

Bild 46: Reichspräsident von Hindenburg auf dem Totenbett in Neudeck am
2.8.1934.
Über den Tag der Trauerfeier wurde berichtet:
"Herr bleibe bei uns, denn es will Abend werden, mit diesen Worten
hat der Feldbischof die Trauerpredigt begonnen. Und wie er geschlossen
hat, ertönt unirdisch beinahe durch das Fenster zu Häupten des Sarges,
der vielstimmige Choral "Sei getreu bis in den Tod". Wie ein
seltsames Echo klingt aus dem dunklen Park von weitem her der
Hörnerschall der Gutsförster: Jagd vorbei! Die letzte stille Stunde
ist vorüber. Es wird dunkler. Die Nacht kommt. (...) Das Licht im
Leuchter ist verloschen."

Bild 47: Nächtliche Überführung Hindenburgs nach dem
Tannenberg-Denkmal
Bei seiner Überführung
von Neudeck zur Grabstätte im Reichsehrenmal in der Nacht vom 7. zum 8.
August 1934 erwies die ostpreußische Bevölkerung schweigend ihrem
Befreier durch ein 70 km langes Fackelspalier und ein endloses
Reitergefolge die letzte Ehre.
Sein Sohn, der Generalleutnant Oskar von
Beneckendorff und von Hindenburg wurde Nachfolger des Besitzes, der im
Januar 1945 aufgegeben werden musste. Seine Frau Margarete, geb. Fr. von
Mahrenholz, führte sämtliche Gutsarbeiter im geschlossenen Treck über
einen Zeitraum von zwei Monaten über die Weichsel, Oder und Elbe
bis Hannover.
Über die sogenannten "Hindenburg-Trecks"
hat Bernd
Rachuth 1985 in seiner Abhandlung "800 Kilometer in acht Wochen -
Vor 40 Jahren erreichte der Hindenburg- Treck den Landkreis Uelzen"
- folgendes berichtet:

Bild 48: Flucht bei eisiger Kälte im Januar 1945
Die beiden Trecks der westpreußischen
Hindenburg-Güter Neudeck und Langenau erreichten Mitte März 1945 den
Landkreis Uelzen. Am 20. Januar mussten sie in einer überstürzten
Nacht- und Nebelaktion aufbrechen - so wie der größte Teil der
Bevölkerung östlich von Weichsel und Oder in diesem kalten
Kriegswinter geflüchtet ist. Die deutsche Wehrmacht wurde seit geraumer
Zeit an der Ostfront zurückgedrängt, die sowjetischen Truppen setzten
zu einer Umzingelung Ostpreußens an. In dieser Situation erteilten die
Bürgermeisterämter den Treckbefehl. Das für Neudeck zuständige
Bürgermeisteramt in Heinrichau (Kreis Rosenberg) gab diesen Befehl am
19. Januar 1945 aus.

Bild 49: Auf der Flucht in den Westen
Beide Trecks umfassten je etwa 150
Personen, die zu zehnt oder zu zwölft auf Leiterwagen Platz fanden, die
pro Treck von etwa 40 Pferden gezogen wurden. Die Straßen und Wege nach
Westen waren rasch verstopft, so daß die Flüchtenden an manchen Tagen
nur zwei, drei Kilometer vorankamen. Die gesamte Habe war zu Hause
geblieben, nur Betten, die nötigste Garderobe und ein paar Lebensmittel
konnten auf den Wagen untergebracht werden.
Bei eisiger Kälte, ab Ende
Januar Temperaturen von minus 30 Grad , überquerten die Trecks die
zugefrorene Weichsel, an deren spiegelglatt gefrorenem Uferdamm sich ein
unübersehbarer Stau von Treckfahrzeugen gebildet hatte. Unter
Lebensgefahr mussten die Menschen gegen die wegrutschenden Wagen und
Pferde halten, um den Damm herunter- und auf der anderen Seite wieder
hinaufzukommen. Durch den Polnischen Korridor durch Pommern und
Mecklenburg nahmen die Fahrzeuge, die zumeist von Jugendlichen und
Frauen, sowie von alten Männern geführt wurden, ihren Weg nach Westen.
Geschlafen und gegessen haben die Flüchtlinge in diesen acht Wochen -
unter Entbehrung jeglicher Hygiene und bei größten Strapazen -
notdürftig in Gutsscheunen und in Schulräumen. Der Langenauer Treck
erreichte den Landkreis Uelzen am 12. März, der Neudecker kam m 20.
März in Bevensen an.
Wie kam es dazu, daß die
beiden Hindenburg-Trecks, der Neudeck-Treck unter der Leitung von
Margarete von Beneckendorff und von Hindenburg, der Langenau-Treck unter
Führung von Oberinspektor Schwesig und dessen Frau, den Landkreis
Uelzen, genauer: Bevensen - Medingen als ersten Zufluchtsort außerhalb
der Gefahrenzone anstrebten?
Das lag daran, daß seit den 20er Jahren
die Hindenburgtochter Annemarie von Pentz mit ihrer Familie im
Amtsrichterhaus in Medingen lebte. Als die Hindenburg-Trecks im März
1945 Medingen erreichten, hatte Annemarie von Pentz, die engagierte und
couragierte Tochter des ehemaligen Reichspräsidenten, bereits gut
vorgesorgt. Von Mühlenbesitzer Enno-Edzart Hintze hatte sie die
Erlaubnis, seine Villa als erstes Quartier verwenden zu dürfen.
Gemeinsam mit Bürgermeister Lübke, Bruder Oskar von Hindenburg und der
Äbtissin von Kloster Medingen, Ilse von Döring, sorgte sie für
Unterkünfte, für Nahrung und erste Hilfe. Nachdem der Langenau-Treck
seinen Weg fortgesetzt hatte bis nach Oldenburg in Oldenburg, versuchte
Oskar von Hindenburg zusammen mit Medinger und Bevenser
Persönlichkeiten die Eingliederung der neuen Bürger. Die Männer vom
Treck fanden erstaunlich rasch neue Arbeitsstellen. So kam
beispielsweise Gutsförster Manz beim Medinger Forstamt unter,
Gutsgärtner Pflaum in der Gärterei Eggers, Schmiedemeister Schindler
und Stellmacher Meißner in der Kaffeefabrik Darboven in Bevensen.
Das Herrenhaus ist im Sommer 1945 niedergebrannt worden.
Außer dem Herrenhaus hat der Feind die Schule, das größte
Bauerngehöft in Willenfeld und auch einige Insthäuser in Neudeck
zerstört.
Nur das Haus des Verwalters hat die Kriegswirren überstanden. Es konnte von den außerordentlich reichen
persönlichen Erinnerungen und Ehrengaben Hindenburgs leider nichts
gerettet werden, nur ein Marschallstab mit einer Hand, der immer auf dem
Kamin in Neudeck lag, blieb übrig. Die Gräber der Familie von
Hindenburg auf dem Neudecker Friedhof wurden verwüstet. Mehrere von Unkraut
überwucherte Steine sind auf einen Haufen geworfen worden, so, als hätte man
vergessen, sie abzutransportieren.
Oskar von Hindenburg starb im Jahre 1960 und liegt
auf dem Medinger Waldfriedhof neben seiner Schwester Irmengard von
Brockhusen begraben. Die Angehörigen des Hindenburg-Trecks sind im
Laufe der Jahre - je nach ihrer Mentalität und ihrer Anpassungsfähigkeit -
unkenntlich aufgegangen unter den Medinger und Bevenser Bürgern. Der
Herkunftsort Neudeck ist schon in der nächsten Generation gänzlich
unbekannt.
Textnachweis:
Die Woche - Sonderheft Berlin 2. August
1934
Hindenburg, Generalfeldmarschall: Aus meinem Leben, illustr. Volksausg.
(1. Ausgabe 1919), Leipzig: G. Hirzel Verlag 1934, mehrere Abb., 319
Seiten, Text S. 16.
Lindenberg, Paul: Hindenburg-Denkmal für das Deutsche Volk. Berlin:
Vaterländischer Verlag Weller 1924, viele Abb., 411 Seiten, Text S.
220, Abb. S. 24, 25, Text S. 19-21.
Müsse, Alfred: Der Kreis Rosenberg. Ein Westpreußisches Heimatbuch,
Detmold: Verlag Hermann Bösmann 1963, mehrere Abb., 633 Seiten, Text S.
278-280.
Rachuth,
Bernd: 800 Kilometer in acht Wochen. Vor 40 Jahren erreichte der Hindenburg - Treck den Landkreis Uelzen. Mehrere Abb., 8 Seiten.
Sieber, Helmut: Schlösser und Herrensitze in Ost- und Westpreußen.
Frankfurt am Main: Wolfgang Weidlich Verlag 1958, 95 Stiche
und Zeichnungen, 232 Seiten, Text S. 85-88.
Bildnachweis:
Damrow, Karl-Heinz, Bild 2, 4, 8.
Die Woche - Sonderheft: Berlin 2. August.1934, Bild
22, 25, 42.
Dikow, Lehrer aus Langenau: "Neudeck"
im Heimatkalender des Kreises Rosenberg, 1932, Heft vom
Heimatkreistreffen 1993, Bild 18.
Kimenkowski,
Dr. Ewald: Hindenburg - Bilder u. goldene Worte, Berlin 1931,
Bild 1, 3, 28.
Helmolt, Hans F.: Hindenburg. Das Leben eines Deutschen, mit vielen
Illustr. u. Tafeln in Kupfertiefdruck, Karlsruhe i. B.: Wilhelm Schitte
& Co. 1926, Bild 6, 9, 24, .
Knoblauch, Holger, Bild 10
Lindenberg, Paul: Hindenburg-Denkmal für das Deutsche Volk. Berlin:
Vaterländischer Verlag Weller 1924, viele Abb., 411 Seiten, Text S. 220,
Bild 11, 12, 35.
Lorck, Carl E. L. von: Landschlösser
und Gutshäuser in Ost- und Westpreussen, 150 S., 96 Bildtafeln, Bild 21
.
Mühleisen, Christa, Bild
13-17, 19, 20, 23, 26, 27, 29-34, 39, 40, 41, 43-46
Neise,Erna: Bilder aus dem Kreis Rosenberg/Westpreußen. Leer: Verlag
Gerhard Rautenberg 1989, viele Abb., 127 Seiten, Bild 38, 47, 48.
Sieber, Helmut: Schlösser und Herrensitze in Ost- und Westpreußen.
Frankfurt am Main: Wolfgang Weidlich Verlag 1958, 95 Stiche
und Zeichnungen, 232 Seiten, Bild 5+7.
Westpreußen-Jahrbuch Nr. 45, hrsg. von Hans-J. Schuch, Münster:
Wespreußen- Verlag 1994, Bild 49.
Westpreußisches Landesmuseum in Münster-Wolbeck: Bilder 36, 37.
Teil 4 oder Index
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