in historischen Ansichtskarten


Tolkemit - Tolkmicko - Teil 2

 a) Töpfereien - b) Hafenkrug  - c) Jugendherberge 

  a) Töpfereien 

Tolkemit ist von alters her als "Töpferstadt" bekannt. Spuren ältester Töpferei in diesem Raum gehen zurück bis in die Jungsteinzeit:  Noch im 19. Jahrhundert war die Töpferei in Tolkemit ein blühendes Gewerbe. Um 1860 bestanden in Tolkemit 41 Töpfereien, in denen außer 41 Meistern, 21 Gehilfen und neun Lehrlinge arbeiteten. Aber dann ging ihre Zahl allmählich zurück. Vor dem 1. Weltkriege bestanden noch etwa 15 Töpfereien, die bis auf vier nach dem Kriege eingegangen waren. Von diesen blieb schließlich nur die Töpferei Seeger in der Frauenburger Straße bestehen. Ein Grund für den Niedergang des Töpfergewerbes war, dass die Bauern zum Emaillegeschirr übergingen und die Zentrifuge die großen flachen Milchschüsseln überflüssig machte.



Bild 22: Frauenburgerstraße 1906.

Rechts sieht man die Tonwaren der Töpferei Seeger.

Um die Jahrhundertwende lebte in Tolkemit der Töpfermeister Andreas Zimmermann, ein Nachfahre der vielen Meister ihres Faches, die diesen Namen trugen. Er hatte in Bunzlau die Fachschule  besucht und gründete in seinem Heimatstädtchen eine Kunsttöpferei. Auf Empfehlung von Gewerbeoberlehrer Bermwoldt aus Elbing, stellte er zwei junge Kunstmaler ein, die Brüder Gustav und Franz Liedtke. Sie verzierten alles, was Herr Zimmermann auf der Töpferscheibe herstellte. Er war der Meister der Formen und ließ den Malern große Entfaltungsmöglichkeit.


Bild 23: Töpfermeister Andreas Zimmermann war der letzte Kunsttöpfer von Tolkemit (Turmstraße).




Bild 24: Art Deco Vase der Kunsttöpferei Zimmermann in Schlickermalerei
(Sammlung Christa Mühleisen)

Später arbeitete er, wie viele andere der absatzberaubten Tolkemiter Töpfer, für die von Kaiser Wilhelm II. 1904 gegründete Cadiner Majolikawerkstätte. Gustav und Franz Liedtke begleiteten ihn nach Cadinen. Nach seiner Tätigkeit als Töpfermeister in der Majolika-Werkstatt widmete sich Andreas Zimmermann noch dem Beruf eines Haffschiffers. Er befuhr mit seinem eigenen Kurenkahn das Haff und die angrenzenden Schifffahrtswege.  Wie eine ganze Reihe Bewohner der Stadt Tolkemit, fand er am 7. Februar 1945 im Alter von 73 Jahren zusammen mit seiner Frau, die er noch vor einer Schändung beschützen wollte, durch Gewehrkolben der Russen seinen Tod.

1936 besann sich die Stadtverwaltung wieder auf die alte Tradition und begann mit der Einrichtung einer Keramikwerkstätte (Kunsttöpferei) in der Hafenstraße. Es wurde zunächst die Fabrikation von Gebrauchskeramik (Schüsseln und Krüge) unter dem Warenzeichen "Tolkemiter Erde" betrieben.

Die ersten Jahre waren sehr schwierig, weil es an Fachleuten fehlte und die Mehrheit in den Kaiserlichen Werkstätten in Cadinen beschäftigt waren. Deshalb mussten Töpfermeister aus der Umgebung der Stadt angeworben werden. 1938 übergab Bernhard Schlie, der Bürgermeister von Tolkemit den Betrieb an den  Hamburger Kaufmann August Caspritz, der ein blühendes Unternehmen daraus machte. Caspritz beschäftigte 60 Angestellte, überwiegend junge Frauen. Es sollte nun hauptsächlich künstlerische Keramik hergestellt werden. Ein einfacheres Sortiment wurde in einer Ziegelei in der Nähe von Tolkemit produziert. Dort entstanden hauptsächlich Blumentöpfe.

Über die Arbeit in den Tolkemiter Töpfereien

Die Tolkemiter Töpfer holten im Winter ihren Ton bevorzugt aus dem beim Wieker Berg gelegenen Holm und sonst auch aus den Bergen. Der Ton wurde zum Durchfrieren ausgebreitet. Danach wurde er mit den Füßen geknetet, auf einem festen Tisch durchgeschlagen und dabei mit Sand auf Feuerfestigkeit und Plastizität gemagert.



Bild 25: Verzieren eines Kruges in einer Tolkemiter Töpferei

Die Töpfer fertigten: Kochtöpfe, Kaffeetöpfe, Milchtöpfe mit Schnauzen, die gleich nach dem Drehen zwischen den Fingern eingezogen und im lederharten Zustand gehenkelt wurden. Außerdem wurden Schmalztöpfe, Pökeltöpfe, Milchschüsseln, Waschschüsseln und Blumentöpfe in allen Größen serienweise hergestellt und alles aus freier Hand gedreht. Das Geschirr trocknete an der Sonne, die ihm einen schönen Farbton verlieh. Die meisten Töpfer fertigten auch Ofenkacheln und setzten Kachelöfen.

Zum Sortiment der Kunsttöpferei (Tolkemiter Erde) gehörten Krüge, Schüsseln, Becher, Teller, Tassen, Flaschen, Kaffee- und Teeservice, Aschenbecher, Vasen und Kacheln. Sie wurden mit Weintrauben, Zweigen, Eichenlaubkränzen, Kirschen und verschiedenen Tiermotiven, wie Elche, Hirsche und Enten verziert, die in den Farben blau, grün und braun auf grauem oder beigem Grund aufgetragen wurden. 



Bild 26: Tolkemiter Vase (Sammlung Christa Mühleisen)

Alte Original Art Deco Vase der Kunsttöpferei Tolkemiter Erde (Inhaber August Caspritz), Montierung 800er Silber. Am Boden Firmenstempel mit Pressmarke (1935-45): Tolkemiter Erde mit Dreiblatt-Eiche im Wappen - Ostdeutsche Handarbeit - 4046.  Die Silbermarke Mond/Krone / 800 / HB im Wappen (mit Krone/Zinnen) stammt von Hermann Bauer , Schwäbisch Gmünd , (gegr.1863 - heute).





Bild 27: Aufbringen des Dekors, etwa 1938

Das Geschirr wurde im getrockneten Zustand mit einer Masse aus leicht schmelzendem Ton und Bleimennige glasiert, die mittels eines Blasrohrs aufgesprüht wurde. In alter Zeit wurde nur eine Salzglasur aufgebrannt. Die Brennöfen waren teilweise in den Berghängen eingebaut. Das Geschirr wurde im Holzfeuer bei etwa 700 Grad gebrannt und im einmaligen Brand fertiggestellt. Im Brennofen befanden sich Löcher zum Probenziehen. An den Proben stellte der Töpfer fest, wie weit der Brand vorgeschritten war. Das fertige Geschirr wurde in ein Schiff verladen. Der Schiffer suchte mit seiner Fracht eine Stadt auf, die für ihn in günstiger Windrichtung lag. Dort wurde die Ware auf dem Markt verkauft. 

Berufskrankheiten, unter denen die Töpfer häufig zu leiden hatten, waren Rheumatismus, verursacht durch das Arbeiten mit kaltem Lehm und Bleivergiftung, die durch das Aufblasen der Glasur mit dem Munde den Töpfer gefährdete.



  b) Hafenkrug "Erlenwäldchen"

Das Tolkemiter "Erlenwäldchen" lag, ganz grob gesagt, an der Mündung des im Mittelalter um die Stadt geleiteten Baches oder auch Schulbach genannt, ins Frische Haff. Genau geschrieben, handelte es sich um ein Wäldchen von der Größe einiger Morgen. Begrenzt wurde es vom Haff, dem Gleiskörper der Haffuferbahn, der Schiffswerft, den Sägewerken (Modersitzki und Lingner), dem Aufschlepp- und Netztrockenplatz und dem Hafen. Der Bewuchs des Wäldchens bestand überwiegend aus Erlenbäumen und so wurde es von den Tolkemitern als ihr "Erlenwäldchen" bezeichnet.

An der Hafenausfahrt lag zur rechten Hand der bei den Tolkemitern und auch bei den Touristen beliebte Hafenkrug von Erwin Dossow am Erlenwäldchen (Bild 28). Dort wurde das bekannte Englisch-Brunnen-Bier aus Elbing ausgeschenkt und wer wollte, konnte sich mit einem "Weißen" oder einem Bärenfang stärken. Der Erlenkrug war Restaurant und Hotel. Von einer großen Veranda sah der Gast über das Frische Haff zum großen Leuchtturm, dem "Ponitz", und nach Kahlberg.



Bild 29: der Hafenkrug

Aber auch von der Frischen Nehrung war der Hafenkrug und das dahinterliegende Erlenwäldchen zu erkennen. Im Sommer luden außerdem die auf der Haffseite vor der Veranda im Freien aufgestellten Tische und Stühle zu Kaffee und Kuchen ein und die beliebte Küche z.B. mit Fischgerichten, wie dem "Aal in Dill". Diese Aufnahme wurde etwa 1939 gemacht.




Bild 30: Innenaufnahme vom "Hafenkrug Erlenwäldchen"




Bild 31: Blick von der Terrasse des Hafenkrugs auf die Hafeneinfahrt



Bild 32: Links sieht man den Hafenkrug mit Terrasse und rechts den Kahlbergdampfer "Tolkemit". Mit ihm fuhr man in 35 Minuten vom Tolkemiter Hafen nach Kahlberg. Er ist ein Nachkomme jenes ersten Raddampfers mit dem Namen "Schwalbe", den das "Dampfboot-Konsortium" von fünf Elbinger Kaufleuten 1840 bauen ließ. Damals begann die Blüte des Ostseebades Kahlberg.




Bild 33: Der Dampfer Tolkemit




Bild 34: Blick vom Erlenwäldchen aufs Haff (02.12.1939)


 c) Jugendherberge Tolkemit



Bild 35: Blick auf die Jugendherberge am Galgenberg und auf das Frische Haff


Bild 36: Die Jugendherberge in Tolkemit in Großaufnahme


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