Weihnachtsvorbereitungen

Mein Bruder konnt ’sein Weihnachtsjedicht

bloß die vier Vers’ches immer noch nich.

Ich blieb zu meinem großen Schrecken

in der dritten Stroph’ auch immer stecken.

 

Wir mußten es auch noch fein säuberlich schreiben,

es sollt’ ’ne Erinn’rung an Weihnachten bleiben.

Das Taschentuch fir Muttche mußt’ ich noch fertig behäkeln,

die Pulswärmer fir Vater in Seidenpapier wickeln.

 

Mein Bruder bekam bloß e Portmonee. (Portemonnai)

Meine Oma e neies Futteral fir ihr Pengsnee. (Pincenez)

Gott sei Dank konnten wer „Stille Nacht“ vierhändig

aufem Klavier so ziemlich auswendig.

 

Denn nu war das Haus voller Heimlichkeiten,

wir bekamen auch hier und da Sißigkeiten.

Von den Mirbchen durften wir versuchen

und von den braunen Pfefferkuchen.

 

Bisquitchen und Anischen so weiß und zart

war’n all längst in der Blechbichs’verwahrt.

Die Thorner Katharinchen und die Pfeffernüsse,

die Traubenrosinen und die Negerküsse,

die war’n so von der Muttche versteckt,

daß se se bald selber nicht hat entdeckt.

 

Doch das Schönste, und da war’n wir alle dabei,

war doch die Marzipanbäckerei.

Wir saßen alle um den großen Tisch

in uns’rer warmen, traulichen Kich’,

de Muttche rollt’de Marzipanmass’aus

und stach große und kleine Herzches aus.

 

Wir Kinder belejten se mit dem Rand,

und denn wurd’es im Ofen abjebrannt.

De Herzen wurden nu zum Schluß

jefillt mit dickem, sießem Zitronenguß.

 

Ach war das herrlich, wenn ein Stick mißglickte,

und Muttche es uns in de Finger drickte.

Drei Tag’vor Weihnachten wurd’in der guten Stub’jeheizt.

Muttche war nervös und all sehr jereizt.

 

Der Stritzel mußt noch im Ofen backen,

Vater sollt’dem Tannenbaum kirzer hacken,

de Gans war noch nicht ausjenommen

und mußt’auch noch im Ofen kommen.

 

Endlich war Heilig Abend da.

Vater und Mutter und de Omama

Hab’n in der Stub’dem Tisch jedeckt

und die Kerzen anjesteckt.

 

Wir standen im Flur mit roten Ohren

Und herten Rascheln und Rumoren,

und dann wurd’es still und wir durften kommen

wir war’n vom Lichterjlanz tief benommen

im ganzen Jahr gab es kein Aujenblick

so voll Seligkeit und so voll Glick.

 

Inge Mommert, Elbinger Nachrichten,

Münster Dezember 1989, S. 5