"Vogel-Hoffmann" - ein Leben für die Natur

Erinnerung an den bekannten Rosenberger Ornithologen

von Gerhard Templin

Bearbeitung: C. Mühleisen

Georg Hoffmann wurde in Deutsch Eylau geboren und in der alten Ordenskirche getauft, konfirmiert und auch getraut. 

1925 heiratete er eine Eylauerin, Frl. Charlotte Budach, Lehrerin an der höhreren Töchterschule (Stürkow).

Die Begabungen unseres heimatlichen Ornithologen waren umfassend, vielfältig und kamen schon früh zum Tragen. Er studierte Pädagogik in Löbau und Osterode. In einem der ersten Aufsätze in Osterode schreibt er über das Oberland und seine Seen u. a. "Meinen Eltern gefiel es nicht, dass ich ein "Wandervogel" wurde, wie viele Eltern damals dagegen waren. Aber ich verschrieb mich mit Leib und Seele der Jugendbewegung. Aber als ich als Neunzehnjähriger in das Osteroder Lehrerseminar eintrat, gründete ich sofort eine Seminargruppe "Wandervogel C.V." In einem Kellerraum des Seminars richteten wir uns ein Heim ein, kochten große Töpfe voll Kakao und schmiedeten Pläne, das Oberland kreuz und quer zu durchstreifen. Damals war gerade das Eis von den Seen getaut. Die Stadt Osterode spiegelte sich im Drewenzsee. In den Schilfstreifen lärmten die Blässhühner. Die Haubentaucher quarrten Frühlingsstrophen nach ihrer Art. Wohlan, die Zeit war gekommen...!"

Nach seiner Seminarzeit erhält Georg Hoffmann in Berlin eine musikalische Ausbildung (Geige und Orgel). Von seinem Geigenspiel schwärmten nicht nur die Familie oder Freunde, sonden auch in seiner neuen Heimat Syke fand kein Kirchenkonzert ohne ihn statt.

In den dreißiger Jahren entwickeln sich andere Talente und zwar die Fotografie, Schriftstellerei und Ornithologie. Trotzdem bleibt er Lehrer mit Leib und Seele.

Seine erste Lehrerstelle erhielt er in Postnicken bei Königsberg. Junge Lehrer wurden früher oft versetzt. In Barten bei Rastenburg konnte er zum 1. Mal wählen zwischen Lötzen und Rosenberg.

So zog die Familie 1934 nach Rosenberg. Hier wollte er für immer bleiben. In diesem Jahr konzentriert er sich auf Tierbeobachtungen, vor allen Dingen auf Kormorane, Kraniche, Schwarzstörche und Adler. Angeregt und beinflusst wurde er durch den bekannten ostpr. Schriftsteller und Vogelkundler Sanden Guja, mit dem er vor dem Krieg befreundet war, der aber für eine Zusammenarbeit nach dem Krieg schon zu alt war.



Kranich auf dem Nest (G. Templin)




Fischerhütte im Winter, Flies im Tromnitzsee (G. Templin)

1936 zieht er in sein neues Haus und in diesem Jahr erscheint auch sein 1. Buch "Rund um den Kranich" und 1941 "Ein See im Walde". Im Reichssender Königsberg spricht er über Naturkunde und nach dem Krieg ist er ca. 250 mal bei Radio Bremen zu hören. Die vielen Vorträge waren so interessant, dass man sich regelrecht in die Landschaft versetzt fühlte. Daneben erscheinen zahlreiche Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Zeitschriften.

1942 Berufung in den Forscherkreis der Universität Königsberg. Im gleichen Jahr Berufung in den Marienburger Dichterkreis sowie in die Nikolaus-Copernicus-Gesellschaft in Danzig, als Anerkennung und Würdigung für die wissenschaftliche Arbeit Hoffmanns.

Aber der Krieg stoppt bei ihm die Weiterentwicklung. Seine Familie muss die Heimat verlassen, und er selbst kommt beim Endkampf um Ostpreußen in russische Gefangenschaft. Beim Rücktransport hat er ein besonderes Erlebnis:

"Da fuhren wir Ende August 1946 zu unserer Entlassung aus russischer Gefangenschaft mitten durch Ostpreußen. Die Strecke Insterburg-Deutsch Eylau war jetzt eingleisig, und immer wieder lagen wir irgendwo fest. So auch am Spätnachmittag bei wunderbarem Sommerwetter südlich des Bahnhofs Skandau. Wir saßen bei offenen Waggontüren und sahen in die trostlose Distellandschaft hinaus. Und wir hatten just die Schreiadlergehölze vor uns, die ich so genau kannte. Ich erzählte meinen Kameraden von den Adlern und meinen Erlebnissen mit ihnen. Mitten in meiner Erzählung schwebte dann ein Adler herzu, kreiste mehrmals über uns, rief glockenhell dazu und entschwand dorthin, woher er gekommen war. Sein Erscheinen war wie ein Abschiedsgruß der Heimat. Er bewegte gewaltig unsere Herzen."

Nach seiner Entlassung kommt Hoffmann über Bassum an die Syker Volksschule als Lehrer und fährt dort mit seinen Arbeiten fort, wo er im Kreis Rosenberg aufhören musste. Er beobachtet die Tier- und Vogelwelt in den Wiesen um Onkel, Osterholz und Gödestorf, fotografiert Eisvögel, Brachvögel und Uferschnepfen. Es entsteht eine Fotosammlung mit etwa 12.000 Schwarz-Weiß-Negativen und rund 15.000 Farb-Dias, darunter Aufnahmen seltener Tiere, wie Schwarzkehlchen, Regenpfeifer und Säbelschnäbler.

1954 erscheint das Buch "Der See im Walde". Das 4. Buch ist kurz vor seinem Tode in Arbeit gewesen. Der Name für dieses Buch stand noch nicht fest. Georg Hoffmann arbeitet an der Schule bis 1962. Ein Jahr später ereilt ihn der Tod unerwartet.

Die Erinnerung an das Wirken dieses einmaligen Mannes ist geblieben. Durch seine Bücher, Aufsätze und Vorträge bleibt er uns unvergesslich. Er war nicht nur mit der Natur verbunden, sondern auch mit den Menschen. Wer kannte ihn nicht im Kreis Rosenberg. Auch bei uns daheim nannte man ihn liebevoll "Vogel-Hoffmann". Wenn ich bei meinen Besuchen in der Heimat durch die Wälder streife und die Seen aufsuche, so gehen meine Gedanken zu Georg Hoffmann. Sogar die polnischen Ornithologen kennen seinen Namen und Leistungen. Ich habe oft mit den Naturbeobachtern gesprochen. Die vielen Kormorane und Adler, die heute bis zum Stadtrand von Deutsch Eylau kommen, wären eine helle Freude für ihn gewesen. Der Naturschutz wird bei den Polen ganz "groß" geschrieben und so stehen heute noch etliche Seen, u. a. der Karraschsee unter Naturschutz: Seeadler, Graugänse und Hockerschwäne sind dort zu Hause.

Die Adler, ob es Steinadler, Schelladler, Schreiadler, Fisch- oder Seeadler sind, hatten es ihm besonders angetan. So schreibt er über den Blick eines Schreiadlers, der über seinem Schreibtisch hing und vielleicht auch noch hängt: "Der Blick des Adlers ist sehr streng, er ist fast unerbittlich. Er ist so durchdringend, dass man meinen könnte, ein solches Wesen ließe sich nichts vormachen, keine Verschleierung und Verdrehung von Tatsachen, nichts Unwahres und nichts Heuchlerisches - alles was wir jetzt so oft erleben. Und vielleicht hat uns dieses Adlerbild sehr viel zu sagen. Wenn wir uns so recht in den eindrucksvollen Blick dieses ostpreußischen Adlers vertiefen, gemahnt er uns: Seid konsequent und klar! Bleibt unbeirrt! Verliert das Ziel nicht aus dem Auge! Das Eine muss euch über allem Tagesstreit stehen! Und welch eine Kraft der Haltung strahlt da aus diesem kühnen Adlerauge."



Streitender junger Schreiadler (G. Templin)

Der Heimatkreis Rosenberg ehrte Georg Hoffmann 1983 mit der Kant-Medaille und die Stadt Syke, seine neue Heimat, ehrte ihn 1982 mit der Benennung einer Straße in "Georg-Hoffmann-Straße". Es gibt keinen Menschen, der die Natur unseres geliebten Heimatkreises so kannte wie Georg Hoffmann, und wir sind ihm ewig dankbar.


Das Nutzungsrecht der Urheberrechte an den Bildern und Aufzeichnungen von Herrn Gerhard Templin wurde an Frau Christa Mühleisen übertragen.