in historischen Ansichtskarten


  Kahlberg, Frisches Haff und Frische Nehrung  - Teil 7

 Krynica Morska, Zulew Wislany i Mierzeja Wislana - 7

von Christa Mühleisen 


 



1. Passagier-Dampfer Möwe, handkolorierte Ansichtskarte (ca. 1912)




2. Kleinere Villen in Kahlberg (5.9.1932)





3. Fischerhäuser am Haff.

Auf dem Bootssteg neben dem Boot "Ostmark" sitzt ein Matrose und spielt auf seinem Schifferklavier. Im Hintergrund ist die Villa Anna zu sehen (siehe unten).




4. Villa Anna

Die Villa Anna wurde 1912 als Logierhaus von Ferdinand Berdau (1857-1944) erbaut. Sie liegt am Haffufer, nordöstlich von der Aktienmole. Das Haus hat den Krieg überstanden, aber die schönen Veranden sind verschwunden. Das äußere Erscheinungsbild ist durch Umbauten  kaum wieder zu erkennen. Auf dieser Ansichtskarte und auf der folgenden  ist noch die alte Villa Anna abgebildet.

Der Pangritz Kurier 2/2005, Seite 11.



5. Logierhaus "Villa Anna" (aus der Sammlung von Pawel Cwik, Elblag)



6.
Das Waldschlösschen von Ferdinand Berdau vor dem Umbau (ca. 1905)




7. Das Waldschlösschen (1913 gelaufen)

Im oberen Fenster ist der Besitzer Herr Berdau mit seiner Frau zu sehen.




8. Das Waldschlösschen (1.7.1918)




9. Das Waldschlösschen (Besitzer Ferdinand Berdau) um 1926. 

Die linke Seite des Gebäudes ist inzwischen ziemlich zugewachsen.

Über dem Eingang befindet sich ein Schild mit der Aufschrift "Familien können hier Caffee aufbrühen". (Foto von Margot Wolf)

In einer speziellen Küche wurde in riesigen Kesseln Wasser gekocht. Eine Leitung führte zum Garten. Dort stand auf Tischen Kaffeegeschirr in Mengen und Kaffeekannen in allen Größen. Die Frauen brachten ihre selbst gebackenen Kuchen mit und eine Tüte mit Kaffeemehl. Je nach Größe der Familie bediente man sich mit Geschirr und kochendem Wasser, die Tasse für 5 Rpf. So war es auch großen Familien möglich, am Sonntag Elbing zu verlassen und sich an der Ostsee zu erholen.

Der Pangritz Kurier Nr. 2/2005,  S. 28



10. Rechts steht das Waldschlösschen von Ferdinand Berdau (26.9.1936)  und links hinten  das Gästehaus von Gustav Heß mit dem Garten der Erholung.




11. Das Waldschlösschen von Ferdinand Berdau mit den Kuranlagen (31.7.1941)



12: Berdaus Familiengarten mit dem Büffet.

Ganz links und Hermann Berdau in weißer Jacke.Im Hintergrund sieht man kleine Holzbuden, in denen man billig übernachten konnte. Der Pangritz Kurier 2/2003,  S. 25.

Hermann Berdau ist der Onkel der Cadinerin Margot Wolf, der wir das Buch "Cadiner Majolika."  (siehe Literaturliste "Cadinen") zu verdanken haben. 


13: Gästeheim Heß

Gästeheim "Erholung", Inhaber Gustav Heß, gleich hinter Berdau und gegenüber den Tennisplätzen gelegen. Auf dem Hof hatte man noch kleine Lauben für je zwei Personen für Übernachtungen zu vermieten. Im Laden von Gustav Heß konnte man außer Konfitüren, Obst, Rauchwaren, etc. auch "Cadiner Majoliken" erwerben. Ein zweites Geschäft, wahrscheinlich das ältere, lag gegenüber dem Gästehaus "Wrangel" an der Bellevuestraße.

Der Pangritz Kurier, 3/1997, S. 7 und Der Pangritz Kurier, 2/2003, S. 25.

Erster Weltkrieg und Nachkriegszeit:

Das Jahr 1914 brachte wie immer einen regen Verkehr. Die Badesaison begann mit den besten Voraussetzungen, als die Kriegserklärung im August allem bunten Treiben ein jähes Ende bereitete. Fluchtartig verließen die Gäste Kahlberg. Alle Passagierdampfer wurden sofort beschlagnahmt und Frachtdampfer übernahmen die Beförderung der vielen Menschen. Es waren schwere Jahre, die nun folgten. Die der Aktiengesellschaft gehörenden Hotels "Kaiserhof" und "Belvedere" mit "Dependence" blieben während der Dauer des Krieges geschlossen. Die vorhandenen Betten mit Auflagen wurden sofort den Reserve-Lazaretten in Elbing zur Verfügung gestellt und es dauerte noch eine geraume Zeit nach dem Kriege, bis wieder alles in Ordnung war.

Trotz aller Beschränkungen blieb aber ein gewisser Fremdenverkehr bestehen. Schwierig war es, die nötigen Lebensmittel - das Kartensystem begann am ersten Kriegstag - plötzlich und in ausreichenden Mengen heranzuschaffen. Kahlberg gehörte damals noch zum Kreis Danzig. Während die Kartenausgabe auf der Badeverwaltung erfolgte, übernahm die Molkerei Schroeter in dankenswerter Weise die Ausgabe der zugewiesenen Lebensmittel. So wurden auch diese Jahre, ohne dass am Ende ein besonderer Rückgang zu verzeichnen war, überstanden, und nachdem auch die bösen Inflationsjahre vorüber waren, ging es an die Ausführung der durch den Krieg verhinderten Pläne und Neugestaltungen. Dem Einsatz und der Tatkraft des neuen Badedirektors, Herrn Oberstleutnant Zickhard, war es zu verdanken, dass 1925 mit dem Bau der wunderschönen Strandpromenade begonnen werden konnte, der, in vier Bauabschnitten ausgeführt, 1928 vollendet wurde. (Ein weiteres Teilstück der Promenade vom Russenberg bis zum Seeweg Liep, wurde erst nach 1933 gebaut). Die Promenade, ca. 2300 Meter lang,  verband den Ortsteil Liep mit Kahlberg bis zur östlichen Grenze, dem alten Leriqueschen Seeweg.

Macdonalds-Siebert, Trude: "Kahlberg um die Jahrhundertwende", Beiblatt zum "Pangritz-Kurier" Heft 2/2005.


Interessantes und Kurioses aus der Kahlberger Bäderzeitung:

In der Kahlberger Woche Nr. 18, 7. Jahrgang vom 10. September 1932 stand folgendes zu lesen:

"Wieder geht für Kahlberg-Liep eine Kurzeit zu Ende. Nicht ohne Bangen sahen wir ihr entgegen, im Hinblick auf die allgemeine Wirtschaftslage. Zunächst konnten viele unserer treuen Gäste zu Pfingsten nicht zu uns kommen, weil sie in Elbing durch die Tagung des Vereins für das Deutschtum im Ausland festgehalten wurden. Man wurde nicht nur festgehalten, weil man teilnehmen wollte, sondern, weil man selbst im Hause Gäste hatte, konnte man nicht in Kahlberg Gast sein. Selbstverständlich ist es hoch erfreulich, dass diese Tagung in Elbing stattfand und dass sie so glänzend verlief, aber von der Nehrung sah man doch wehmütig nach Elbing hinüber."

In der Kahlberger Woche Nr. 8, 9. Jahrgang vom 7. Juli 1934 erschien folgende, aus heutiger Sicht äußerst makabre Anzeige mit der Ankündigung eines großen Feuerwerks:




14. Anzeige in der Kahlberger Woche vom 7. Juli 1934


15. Freilichttanzplatte vor der Strandhalle  (aus der Sammlung von Pawel Cwik, Elblag)



Zweiter Weltkrieg in Kahlberg:



16. Kurkonzert in der Tonhalle des Kahlberger Kurgartens (6.6.1943)

Etwa 12.000 Besucher zählte die Kurverwaltung bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Selbst in den letzten Kriegsjahren kamen noch Besucher nach Kahlberg, wie man an der 1943 verschickten Ansichtskarte sieht.

Das alte Kahlberg gibt es leider nicht mehr. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde vieles anders, 1945 alles. Fast alle Ortschaften auf der Frischen Nehrung wurden gegen Kriegsende zerstört. Die alteingesessene Bevölkerung ging 1945 auf die Flucht oder wurde später vertrieben. Viele Menschen starben auf der Nehrung durch Kriegshandlungen - Einwohner, Flüchtlinge aus Ost- und Westpreußen und Soldaten. Viele ihrer Gräber sind noch unbekannt.

Seit 1945 ist die Verwaltung der Frischen Nehrung bis einschließlich Neukrug in polnischen Händen. Das weiter östlich gelegene Dorf Narmeln, Kr. Elbing, wird gegenwärtig als einzige Ortschaft Westpreußens von der Sowjetunion verwaltet. 

Kahlberg erhielt zunächst den Namen "Lysica" und in Anlehnung an den polnischen Kurort "Krynica" in den Beskiden "Krynica Morska". Inzwischen besuchen Kahlberg mehr Menschen als früher. Es ist fast nichts mehr wie vor 1945, weil bis auf den besonders feinen Sand am Strand und die kleinen Möwen alles anders wurde. Das alte Kahlberg verbrannte. Es existiert nicht mehr, selbst die Natur veränderte sich.

Dobers, Klaus: Ostseebad Kahlberg - Frische Nehrung - Bade- und Fischerleben von Pröbbernau bis Narmeln, hrsg. von Hans W. Hoppe und Hans-Jürgen Schuch, Elbinger Hefte Nr. 37, Münster: Truso-Verlag 1985, mehrere Abb., 152 Seiten, S. 5, 6, 129.

Wie ich aus Polen erfahren habe, wurde damit begonnen, auf der Frischen Nehrung  Gräber von deutschen Soldaten und Flüchtlingen freizulegen, um die Toten in geweihter Erde bestatten zu können. Es gibt eine polnische Internetseite mit Fotos von 1945 und von den Ausgrabungen in letzter Zeit. Wer diese Fotos sehen möchte, soll sich bitte bei mir melden. Meine Email-Adresse:  christa.bk@gmx.de.

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