Cadinen -Teil 2

Des Kaisers Sommerdomizil 

Die folgenden 11 Bildtafeln mit privaten Fotos der kaiserlichen Familie  sind aus dem Buch "Cadinen - Sommeraufenthalt der deutschen Kaiserfamilie," hrsg. von Ottomar von Anschütz aus dem Jahre 1903 entnommen. Die Kaiserin Auguste Victoria ließ dieses Buch zugunsten der Opfer der Hochwasserkatastrophe in Schlesien und Posen vom Juli desselben Jahres veröffentlichen und hat es mit einer persönlichen Widmung versehen.





Bild 31: Augusta Victoria, Deutsche Kaiserin und Königin von Preußen (geb. in Dolzig, Kreis Sorau, am 22.10.1858, gestorben in Haus Doorn, Niederlande, am 11.4.1921), Tochter des Herzogs Friedrich von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg und der Herzogin Adelheid, einer geb. Prinzessin von Hohenlohe-Langenburg. Sie war seit 1881 mit dem späteren Kaiser Wilhelm II. vermählt.

Das Paar hatte 7 Kinder: Kronprinz Wilhelm von Preußen (1882-1951), Prinz Eitel Friedrich von Preußen (1883-1942), Prinz Adalbert von Preußen (1884-1948), Prinz August Wilhelm von Preußen (1887-1949), Prinz Oskar von Preußen (1888-1958), Prinz Joachim von Preußen (1890-1920) und Prinzessin Victoria Luise von Preußen (1892-1980). 


"Hier lebt die Kaiserin in einer gewissen Weltabgeschiedenheit, losgelöst von dem einengenden Hofzeremoniell, ganz ihrem mütterlichen Berufe. Sie findet ihre Freude und Erfrischung daran, mit ihren Kindern, sei es zu Wagen oder zu Pferde, Ausflüge in die nähere Umgebung zu unternehmen, ja häufig sieht man die hohe Frau, umgeben von den Prinzen und der munteren Prinzess, auf einer Fußwanderung durch den Gutshof und darüber hinaus, und sie lässt sich's nicht verdrießen, da und dort still zu stehen, um an der Freude teilzunehmen, für die ihre Jüngsten, Prinz Joachim und die Prinzessin Victoria Luise, nach echter Kinderart unerschöpfliche Anlasse finden," schreibt Ottomar von Anschütz in seinem Buch.




Bild 32: Auf dem linken Bild ist Prinz Eitel Friedrich zu sehen, unten die Prinzen Oscar und August Wilhelm und auf dem rechten Bild Prinz Adalbert. Oben fährt die Kaiserin in ihrer Kutsche.

Den Gipfelpunkt der Freude bildete das alljährlich stattfindende Kinderfest. Mit welch regem Eifer erfüllten bei dieser Gelegenheit die Prinzen und die Prinzessin ihre Pflichten als Gastgeber. Sie ließen es sich nicht nehmen, den schmausenden Kindern selbst den Kaffee einzuschenken und den Kuchen zu servieren, dann die Spiele zu leiten, womöglich beim Sackhüpfen die derben Dorfbuben in die Säcke zu binden und nachher die glücklichen Sieger zu ihrer kaiserlichen Mutter zu führen, damit sie aus deren Hand den ausgesetzten Preis entgegennehmen konnten.




Bild 33: Prinzessin Victoria Luise hilft den Kindern beim traditionellen Sackhüpfen.



Bild 34: Auf dem linken Foto sieht man die Kaiserin beim Kinderfest und auf den beiden anderen Fotos die neue Schule in Cadinen. Die alte Schule war von 1842 bis 1902 auf Anordnung von Eduard Birkner im Querflügel des Klosters untergebracht. 1901 ordnete der Kaiser den Bau eines neuen Schulhauses an, der am 8. Oktober 1902 im Beisein des Kaisers eingeweiht wurde.




Bild 35: Die Hauskapelle

Wenn die Kaiserliche Familie am Sonntag ihren Gottesdienst halten wollte, so hatte sie eine kleine Anhöhe zu ersteigen, auf deren Gipfel die Hauskapelle stand. Von hier schaute der Blick weit hinaus ins Land bis über das Haff hin. 




Bild 36: Die Königliche Ziegelei Cadinen

Die hügelige Bodengestaltung in einer sonst flachen Gegend ist auf die gewaltigen Tonlager zurückzuführen, die sich längs der Küste des Haffes bis zum Samlande hin erstrecken. Diese Tonlager waren für die dortige Bevölkerung die Quelle einer großen Industrie. Ziegelei reihte sich an Ziegelei fast in der halben Ausdehnung der Haffküste. Auch zu Cadinen gehörte eine solche. Im Jahre 1899 ließ Wilhelm  eine moderne Dampfziegelei errichten.




Bild 37: Prinzessin Victoria Luise mit ihren Lieblingen





Bild 38: Arbeiter- und Krankenhaus. Eigentlich handelt es sich hauptsächlich um ein Altersheim für die auf dem Gut beschäftigen Menschen und ihre Familien und um eine kleine Krankenstation, die von einer Diakonisse betreut wurde. In Cadinen gab es keinen Arzt. Wenn doch einer  benötigt wurde, musste der Arzt aus Tolkemit kommen.




Bild 39: Klosterruine und Tausendjährige Eiche

Das Cadiner Kloster ist durch den Grafen Johann Theodor Dietrich von Schlieben, der vom Protestantismus zum Katholizismus übergetreten war, begründet worden. 1683 erfolgte die Einweihung. Der Stifter stattete das dem Franziskanerorden überwiesene Kloster mit einigem Besitz aus. Die hölzernen Gebäude wurden in den Jahren 1745-49 durch den damaligen Besitzer Cadinens, den Grafen Dombski, in solche von starkem Mauerwerk umgewandelt. 1749 wurde das massive Kloster eingeweiht.

1751 genehmigte der ermländische Bischof Grabowski für das Cadiner Kloster die sog. Kreuzwegandacht, die dem Franziskanerorden eigentümlich war. Die Franziskaner waren Bettelmönche, sie lebten also von milden Gaben, die sie von 2 Knechten, die jeweils mit einem Vierergespann ins Land fuhren, einsammeln ließen. Zur Zeit seiner höchsten Blüte soll das Cadiner Kloster 24 Mönche gehabt haben. Es war im Grunde ein kleines, armes Kloster von kurzer Dauer. Als 1810 die Klöster in Preußen vom Staate aufgehoben wurden, wurde auch das Cadiner Kloster betroffen. Aber bis 1826 lebten noch Mönche dort. Die letzten beiden Laienbrüder vergriffen sich noch am Klostergut und fanden ein trauriges Ende.

Der Staat wusste mit den leeren Klostergebäuden nichts Rechtes anzufangen. Daher verkaufte er sie 1840 an Eduard Birkner, den Besitzer Cadinens für 2000 Taler. Dieser hatte schon den bescheidenen Grundbesitz des Klosters vorher erworben. 1842 legte der Gutsherr die Dorfschule in den Querflügel des Klosters. Allmählich verfielen die übrigen Klostergebäude, eins nach dem andern wurde abgetragen und die Ziegel wurden für Gutsbauten verwendet. Zuletzt wurde 1889 die Kirche abgebrochen, um die verbrannten Wirtschaftsgebäude in Kickelhof wieder aufzubauen. Nur die Ringmauern der Kirche blieben stehen und der Querflügel des Klosters wurde um 1920 noch von Gutsleuten bewohnt.




Bild 40: Prinz Joachim und Prinzessin Victoria Luise




Bild 41: Abreise der Kaiserlichen Familie mit dem Hofzug



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