Die
Eisfahrt der Elbing III von Christa
Mühleisen, deren Großvater ein Mitglied der Besatzung war.
Auf dem Bild sehen wir oben links den Heizer
Heinz Kock, der beim Untergang der Elbing III 1941 den Seemannstod fand.
In der Mitte ist der 2. Maschinist Johannes Kapitzke (der Großvater von
Christa Mühleisen), daneben Bootsmann Franz Wiechert (verschollen) und
Kurt Tummat. Ganz rechts Steuermann Krugenberg und vorne unten ohne
Mütze Erich Fietkau, der in englischer Gefangenschaft starb. Tot sind
außerdem Kapitän Krause und 1. Maschinist Williums.
Mehr als 70
Jahre sind es her, seit der Dampfer "Elbing III" unter
Führung von Kapitän Krause im März 1932 eine Ladung Holz mit Decklast
von Danzig nach Norköping (Schweden) geladen und am Sonntag, dam 8.
März, bei eisigem Wind und bewegter See mit Windstärke 3 bis 4 die
Anker lichtete.
Gegen Abend, als die See bewegter wurde, fing die
Decklast zu vereisen an, so daß das Schiff bedenkliche Schlagseite nach
Steuerbord bekam. Da sich die Lage von Stunde zu Stunde bedenklich
verschlechterte, versuchte Kapitän Krause, Visby auf der Insel Gotland
anzulaufen. Doch der Weg war noch zu weit, zumal die Elbing III nur noch
mit gedrosselter Maschine (halber Kraft) fahren konnte. Da sich das
Schiff im Laufe des Nachmittags noch mehr nach Steuerbord überlegte und
das Wasser durch die Toilette in die Logie kam, mußte die Besatzung sie
mit Säcken und Keilen abdichten.
Um 5.00 Uhr nachmittags gab
Kapitän Krause den Befehl, Decklast zu werfen. Das Leben aller stand
auf dem Spiel. Die Decklast bestand aus gesägten und mit Draht
gebündelten Stämmen. Unter Führung von Bootsmann Franz Wiechert und
dem zweiten Maschinisten Johannes Kapitzke mußten erst die Ketten, die
die Decklast hielten, eisfrei gemacht und gelöst werden. Dann kamen die
Drähte dran, die die Stämme hielten. Auch sie mußten vom Eise befreit
und dann durchgeschnitten werden. Danach wurden die Planken einzeln vom
Eis losgewuchtet, um so das Holz über Bord gehen zu lassen. Nach
stundenlanger Arbeit - die Kleider waren steifgefroren und die Hände
klamm und wund - hatte die Mannschaft es vorerst geschafft.
Am
10. März gegen 11.00 Uhr vormittags erreichte die Elbing III unter
Lotsenführung den rettenden Hafen Visby. Die traurige Stimmung, die
während der Schreckensfahrt alle belastet hatte, war nun verflogen. Als
Bootsmann Erich F. und ich zur Brücke kamen, berichtet Kurt Tummat, gab
mir Kapitän Krause den Schlüssel zu seinem Schrank mit dem Auftrag,
für je drei Mann eine Flasche Rum zu nehmen. Daß ich dabei eine
Flasche mehr mitgehen ließ, würde mir Kapitän Krause sicher, wenn er
noch lebte, heute verzeihen. Diese Flasche war zum Geburtstag für
meinen Wachmaschinisten Kapitzke gedacht, der in der Nacht zum 10.
März Geburtstag hatte. Auf unserer nächsten Wache von 24.00 Uhr
bis 4.00 Uhr morgens haben wir dann einen steifen Grog gebraut und mit
dem Geburtstagskind auf sein Wohl getrunken in der Hoffnung, daß die
Fahrt doch noch ein glückliches Ende nehmen möge.
Drei Tage
haben wir in Visby noch gebraucht, um die Decklast zu enteisen und das
Schiff gerade zu trimmen. Dann sind wir zum Festland gegangen und mit
Eisbrecherhilfe zwölf Stunden revieraufwärts gefahren, wo wir unsere
Ladung in Norköping endlich löschen konnten. Anschließend haben wir
noch ein paar Reisen gemacht und dann nach langen Wintermonaten
Karfreitag 1932 mit den Eisbrechern "Samson" und "Ostwacht" wieder die
Heimat erreicht. Nach 48 Stunden Eisfahrt von Pillau zusammen mit dem
Dampfer "Ottilie" kamen wir gesund in Elbing an. Beim Anlegen
am Hauptzollamt wurden wir, so berichtet Kurt Tunnat weiter, von einer
größeren Menschenmenge und von Herrn Berger und Herrn Liedtke sowie
unseren Familien herzlich begrüßt.
Beim Durchfahren der Holtenauer Hochbrücke: 1.
Maschinist Emil Litzas, Kurt Tunnat und Koch Paul Erdmann aus Tolkemit.
Das Seefahrtsbuch von Johannes Kapitzke aus Elbing, des 2.
Maschinisten der Elbing III
So war wieder ein langer
Winter zu Ende gegangen. Es kamen und gingen noch viele, bis der letzte
Winter kam im Januar 1945, als wir mit der "Liep" unter
Führung von Kapitän Schinke wieder mit zwei Eisbrechern von der
Finnenklasse und der "Ostwacht", die uns 1932 schon den Weg freigemacht
hatte, unterwegs waren. Es sollte das letzte Mal sein, daß ich das
Frische Haff in seiner herben Winterschönheit, wenn auch unter
traurigen Umständen erleben durfte. Ich möchte hier aber noch
hinzufügen, daß die Eisbrecher nicht für uns auf die Reise nach
Elbing geschickt worden waren, sondern daß sie den Auftrag hatten,
Torpedoboote aus Elbing herauszuholen.
Tunnat, Kurt: Eisfahrt
vor 50 Jahren, in den Elbinger Nachrichten: Uelzen, April 1982,
Text S. 4+5, Abb. 2.
Ein Foto der Elbing III im Hamburger Hafen. Sie war bis zum
Herbst 1926 im Besitz der Elbinger Dampfschiffs-Reederei Ferdinand
Schichau und wurde dann an die Elbinger Reederei A. Zedler verkauft. Das geht
auch aus den folgenden Zeugnissen des Maschinisten Johannes Kapitzke hervor.
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