Teil 2 - Hindenburg als Kadett
und junger Offizier
Hindenburg schreibt in seinen
Erinnerungen: "An einem Frühlingsabend des Jahres 1859 sagte ich
als 11jähriger Knabe am Gittertor des Kadettenhauses zu Wahlstatt
(Kreis Liegnitz) in Schlesien meinem Vater Lebewohl. Soldat zu werden
war für mich kein Entschluß, es war eine Selbstverständlichkeit.
Solange ich mir in jugendlichem Spiel und Denken einen Beruf wählte,
war es stets der militärische gewesen. Der Waffendienst für König und
Vaterland war in unserer Familie eine alte Überlieferung."
Foto Nr. 10: Hindenburg als 13-jähriger Kadett,
Wahlstatt (Schlesien) 1860
Im Wahlstätter
Kadettenhause, das er von der Sexta an von 1859-63 besuchte, hat Paul
von Beneckendorff und von Hindenburg eine dem Kasernenleben möglichst
nachgebildete spartanisch harte Erziehung über sich ergehen
lassen müssen.
Wie man damals in Wahlstatt lebte, beleuchtet ein Passus
aus einem Brief, den er schrieb, als er zum ersten Male vom Urlaub in
das Kadettenkorps zurückgekommen war: "Ich blieb den ganzen Abend
auf der Stube, und mir war schrecklich bange; ich mußte immer an zu
Hause denken. Abendbrot bekamen wir nicht. Von Wäsche fand ich drei
Taschentücher, welche rein sind und ein paar reine Unterbeinkleider.
Diese Nacht habe ich nicht schlafen können, denn die Wanzen bissen mich
schrecklich."
Von Ostern 1861 an hat Paul die genossenen
Erziehungsgrundsätze auf seinen Bruder Otto zwei Jahre lang übertragen
dürfen, insofern, als er dessen Stubenältester wurde. Sie vertrugen
sich (was sonst unter Brüdern durchaus nicht immer der Fall war)
ausgezeichnet, zumal da sie von vornherein, wie es üblich war,
einen "Freßkontrakt" miteinander gemacht hatten. Die
brüderliche Gesinnung spricht sich unter anderem in einem mit
köstlichen Zeichnungen gezierten Brief vom 9. Februar 1863 aus, worin
für die am 17. Februar bevorstehende Fastnacht ein
"tüchtiges" Paket mit ungeheuer vielen Pfannkuchen und
anderen nahrhaften Erquickungen des Kadettendaseins gemeinsam erbeten
wird. Aber wie zufällig schon im Jahr vorher, so machte ihnen die
plötzliche Erkrankung des Vaters einen derben Strich durch die
Rechnung, so daß die Liebesgabe aus Kottbus (wohin inzwischen der Vater
versetzt worden war) den Lazarettwächter erfreute; dafür hofft
er, daß "zu Ostern die Pfannkuchenperiode noch nicht
aufgehört" haben möge.
Mit seiner Versetzung in die Sekunda
(Ostern 1863) kam der königliche Kadett (Paul) nach Berlin in die an
der neuen Friedrichstraße gelegene Hauptkadettenanstalt. Das Leben hier
war allerdings wesentlich bewegter, als das zu Wahlstatt, in das nur der
Besuch Prinz Friedrich Wilhelms (des späteren Kronprinzen und Kaisers)
mit seiner Gemahlin im Sommer 1859 etwas Abwechslung gebracht hatte.
Foto Nr.
11: Hindenburg als 18-jähriger Kadetten-Selektaner,
Berlin 1865
Im Jahre 1865 der verwitweten
Königin Elisabeth als Leibpage zugeteilt, erhielt Paul von Hindenburg
von ihr eine Taschenuhr, die ihn in drei Kriegen treulich begleitet hat.
Währenddessen ging Paul den vorgeschriebenen Weg beharrlich und
erfolgreich weiter. Noch im selben Jahr wurde er in die Selekta versetzt
und trug fortan den Portepee. (Franz. "Degenträger" - ein silbergestickter Lederriemen um Griff und Bügel der
Seitenwaffe mit geschlossener versilberter Quaste, wurde in Deutschland
bis 1945 von Offizieren und höheren Unteroffiziersdienstgraden
getragen) Das ersparte die Fähnrichzeit im Heere, weil der
Kriegsschulkursus schon im Korps erledigt wurde. Die Jahre der
Vorbereitung auf den Lebensberuf gingen zu Ende. Die Selektaner
erhielten Anfang 1866 Examensurlaub und warteten in der Heimat ihre
Einberufung ab.
Foto Nr. 12: Familienbild 1866 auf Neudeck
Am 7.
April trat er als "Sekondelieutenant" in das 3.
Garderegiment zu Fuß ein, das in Danzig stationiert war und nach der
Mobilmachung nach Potsdam verlegt wurde. Vor dem Einmarsch nach Böhmen
wurden die Soldaten noch an den Sarg Friedrichs des Großen geführt.
Hindenburg hat in seinen Erinnerungen folgendes über den bevorstehenden
Krieg geschrieben: "Politisch verstanden wir die Notwendigkeit
einer Machtentscheidung zwischen Österreich und uns, weil für beide
Großmächte nebeneinander in dem damaligen Bundesverhältnis keine
freie Betätigungsmöglichkeit vorhanden war. Einer von beiden mußte
weichen, und da solches durch staatliche Verträge nicht zu erreichen
war, hatten die Waffen zu sprechen. Über diese Auffassung hinaus, war
von einer nationalen Feindschaft gegen Österreich bei uns keine Rede."
Während dieses Krieges gegen Österreich nahm der
19-jährige Hindenburg unter anderem an den Kämpfen um Rosberitz und
an der Schlacht von Königgrätz teil.
Über die Kämpfe von Rosberitz berichtet er später: "Die
zusammengeballten feindlichen Massen drangen von drei Seiten auf uns
ein, um das Dorf wieder in Besitz zu nehmen. So fürchterlich unser Zündnadelgewehr
auch wirkt, über die stürzenden ersten Reihen kommen immer wieder
neue auf uns zu. So entsteht in den Dorfgassen zwischen den brennenden,
strohgedeckten Häusern ein mörderisches Handgemenge. Von Kampf in
geordneten Verbänden ist keine Rede mehr. Jeder sticht und schießt um
sich, soviel er kann. Prinz Anton von Hohenlohe vom 1.
Garderegiment bricht schwerverwundet zusammen. Fähnrich Woyrsch, der
jetzige Feldmarschall, bleibt mit einigen Leuten im hin und her wogenden
Kampf bei dem Prinzen. Dessen goldene Uhr wird mir überbracht, damit
diese nicht etwa feindlichen Plünderern in die Hände fällt. Bald
laufen wir Gefahr, abgeschnitten zu werden. Aus einer in unseren Rücken
führenden Seitengasse tönen österreichische Hornsignale, hört man
die Trommeln des Feindes. Wir müssen, auch in der Front hart bedrängt,
zurück. Ein brennendes Strohdach, das auf die Straße herabstürzt und
sie mit Flammen und dichtem Qualm absperrt, rettet uns. Wir entkommen
unter diesem Schutz auf eine Höhe dicht nordöstlich des Dorfes"
In der Schlacht von Königgrätz eroberte Hindenburg einige
Geschütze und zeichnete sich verschiedentlich durch Tapferkeit aus. Auf
dem Rückmarsch, der sich über mehrere Wochen hinzog, traf er seinen
Vater in Prag, der als Johanniter in einem Lazarett auf dem
Schlachtfelde bei Königgrätz tätig war.
Am 20. September 1866 traf Hindenburgs Regiment wieder in Berlin ein und
wurde freudig begrüßt. Hindenburg erhielt den Roten Adlerorden 4.
Klasse mit Schwertern, der ihm von seinem Bataillonskommandeur
überreicht wurde.
Nach dem Krieg wurde dem 3. Garderegiment Hannover als Friedensgarnison
zugewiesen. Man wollte dadurch wohl der bisherigen Hauptstadt eine
Aufmerksamkeit erweisen. Ungern gingen sie nach Hannover, aber als 1878,
nach 12 Jahren, das Regiment nach Berlin versetzt wurde, fiel allen die
Trennung schwer.
Zu Gottesfurcht und Sparsamkeit im Elternhaus erzogen, tiefes Empfinden
für Dankbarkeit und Treue schon in frühesten Lebensjahren in sich
tragend, hat dann der Kadett und späterer Offizier seinen Lehrern und
Erziehern nie Schwierigkeiten bereitet. So konnte sein Kompaniechef
"von Seel" über ihn schreiben: "Zu
denen, die mit unbefangenem Takt ihrer Aufgabe gerecht wurden, gehörte
vor allem mein Lieutnant Hindenburg, der als so junger Mensch von seiner
Verantwortung schon voll durchdrungen war und durch eine würdige
Haltung seinen jungen Kameraden ein gutes Beispiel gab."
Die
weitere Laufbahn Paul von Hindenburgs hatte folgende Stationen:
Juli 1870 - Juni 1871 als Adjudant des 1. Bataillons des dritten
Garderegiments zu Fuß im Deutsch-Französischen Krieg an den Schlachten
von Metz und Sedan und an den Kämpfen vor Paris teilgenommen, sowie die
Proklamation des preußischen Königs zum Deutschen Kaiser miterlebt.
Verleihung des Eisernen Kreuzes.
Foto
Nr. 13: Kaiserproklamation zu Versailles am 18. Januar 1871
Teil 3
oder Index
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