Heilig-Geist-Hospital

Von Christa Mühleisen 


In der Elbinger Altstadt stand links von der Gymnasiumstraße das alte Heilig-Geist-Hospital, das größte Hospital im Deutschordensstaat Preußen. Es wurde 1242 durch den päpstlichen Legaten Wilhelm von Modena zusammen mit dem Orden und der Stadt gestiftet und vom Orden mit Landbesitz reich ausgestattet.





Hof des Heilig-Geist-Hospitals mit Hospitaliten

Ursprünglich war es dazu bestimmt, Reisende, Arme und Kranke unentgeltlich zu verpflegen. Im Volksmund wurde es lange „das reiche Hospital“ genannt. Von 1291 bis 1454 war es das Hauptspital des Deutschen Ordens. Der Kern des Mauerwerks stammte aus dem 14. Jahrhundert; dazu gehörten die großen Keller längs der Heilig-Geist-Straße. Als die Burg Elbing zerstört worden war, erhielt die Stadt Elbing das Hospital von dem Polenkönig Kasimir IV. 1457 „mit allen Czinsern, Höffen, Mölen, Dörffern und all den Zubehörungen“  geschenkt. Das Hospital besaß im Jahre 1910 städtische und ländliche Grundstücke sowie Forsten mit einer Gesamtfläche von 1692 ha, dazu ein Kapitalvermögen von 571 125 Mark (Pudor, Carl: Elbing und seine Umgebung, S. 79 f). 1927/28 wohnten hier 28 alte Frauen und Männer im Hospital, das ihnen für die letzten Lebenstage eine Zufluchtstätte der Ruhe und des Friedens sein sollte.

Das Hospital selbst bestand oberhalb der Grundmauern aus Fachwerkbauten des 17. Jahrhunderts. Die alten Hospitalshäuser sind vielfach erneuert und umgebaut worden. Sie umschlossen zwei gepflasterte Höfe, von denen der vordere anfangs als Kirchhof diente. Jede der Wohnungen der Hospitalinsassen hatte ihren eigenen Zugang; zu denen im Oberstock führten teilweise außen Treppen hinauf.



Das Schaffnerhaus im zweiten der beiden Innenhöfe

(Schuch: Elbing in alten Ansichtskarten)

 

Das Fachwerk, diese Treppen, die alten Bäume, die roten Geranien um die Treppenpodeste und die Ecke des Schaffnerhauses mit der alten Glocke verliehen dem Anblick einen besonderen Reiz. Die beiden Innenhöfe boten ein idyllisches Bild. Deshalb wurden die Höfe gern fotografiert und gemalt. 

 

 

     Aquarell von Otto Vierkötter

 

   Die Heilig-Geist-Kirche

 

Die Kirche „Zum Heiligen Geist“ schloß den Hospitalshof nach der Heilig-Geist-Straße zu ab. Sie ist bald nach der Gründung des Hospitals, zu dem sie gehörte, gebaut worden, der Steinbau nach 1300. Um 1620 soll sie ganz neu ausgebaut worden sein. Drei Jahre vor dem Brand der St. Nikolai-Kirche 1777, also 1774, fiel ein Teil der gewölbten Decke ein. Glücklicherweise war gerade niemand in der Kirche. Die eingestürzte Decke wurde durch eine hölzerne ersetzt. Da sich zur Zeit der Reformation viele evangelische Polen in der Stadt niedergelassen hatten, verfügte der Rat, daß in der Kirche „Zum Heiligen Geist“ für sie in der polnischen Sprache der sonntägliche Gottesdienst gehalten und nur mittwochs, besonders für die Hospitaliten deutsch gepredigt werden sollte. Auch für das preußische Militär blieb diese Kirche Garnisonskirche.

 

Heilig-Geist-Straße mit Heilig-Geist-Hospital und Heilig-Geist-Kirche. Im Vordergrund sieht man das Städtische Museum.

  

1812 richteten die Franzosen während ihres Durchzuges nach Rußland in dem Hospital eine Feldbäckerei und in der Kirche ein Mehllager ein. Lange Zeit hat die Kirche ihren eigenen Prediger gehabt, aber seit sie 1856  mit der Gemeinde zu St. Marien vereinigt wurde, predigten die Geistlichen dieser Kirche abwechselnd an Sonn- und Festtagen in der Kirche „Zum Heiligen Geist“.

 

Das Städtische Museum

 

Das Städtische Museum wurde am 8. November 1864 gegründet. An diesem Tag beschloß der Magistrat der Stadt Elbing, schon vorhandene kleine Sammlungen von Münzen, Modellen, alten Waffen und mancherlei Kuriositäten, die so lange im Saale der Stadtbibliothek aufbewahrt worden waren, „im obersten Geschoß des Rathauses in 1-2 dazu bestimmten Zimmern zu vereinigen und aus ihnen zur Realisierung eines lange gehegten Wunsches den Stamm einer städtischen Sammlung zu bilden, welche Gegenstände, die ein allgemeines wissenschaftliches, künstlerisches oder historisches Interesse bieten, ferner Gegenstände, die speziell auf Elbing Bezug haben – seien es auch nur Kuriositäten -, in sich vereinigen soll“.

 

Mit dieser Sammlung wurden dann auch gleichzeitig die damals noch im Industriehause befindlichen Gegenstände der Conventshalle vereinigt, eine Sammlung, die Johann Jacob Convent (1779-1813) begründet und als „unschätzbare Elbingsche Antiquitäten“ testamentarisch der Stadt Elbing vermacht hatte. 

Erst am 13. und 14. März 1865 jedoch wurden die Sammlungen in die für ihre Unterbringung instand gesetzten Räume des Rathauses überführt. 1878 vereinigte die städtische Altertumsgesellschaft (gegr. 1873) ihre wertvollen geschichtlichen und kulturgeschichtlichen Sammlungen mit der städtischen und sorgte auch weiterhin für ständigen Zuwachs. 1893 wurden die Sammlungen in mehrere Räume des neuen Rathauses überführt und als diese zu Verwaltungszwecken gebraucht wurden, mußten die Sammlungen in den Festsaal und einige kleinere Räume des ehemaligen Realgymnasiums in der Kalkscheunstraße umziehen, wo sie bis 1924 verblieb.

 

Im Jahre 1922 beschlossen die städtischen Behörden, da der damalige Leiter des Museums in wiederholten Eingaben die Museumsräume als unzulänglich bezeichnet hatte, das alte Industriehaus, Heilige-Geist-Str. 4, ein altes Patrizierhaus, in dem sich einst die Conventshalle befunden hatte, für die Aufnahme des Museums bereitzustellen und herzurichten. Unter Aufwendung bedeutender Geldmittel erfolgte die Instandsetzung bis Dezember 1924.

 

Das Museumsgebäude war ein seinem Kern nach gotischer Bau mit einer aus dem 18. Jahrhundert entstammenden Fassade. Es enthielt in 4 Stockwerken 9 größere Ausstellungsräume, zu denen noch helle geräumige Treppenflure kamen, die gleichfalls vorzügliche Ausstellungsmöglichkeiten boten. Im Erdgeschoß, in dem sich auch die Museumstischlerei befand, waren Alt-Elbinger Möbel, Öfen und dergleichen ausgestellt. Im ersten Stockwerk waren Gegenstände der sakralen Kunst dargestellt, besonders Altäre und Skulpturen von der Gotik bis zum Barock, ferner alte Holzschnitzereien, Gemälde, u.a. 

 

 

Sankt Georg mit dem Drachen. Holzskulptur des 17. Jahrhunderts aus der neustädtischen Georgs-Kapelle.

In demselben Stockwerk lag die Abteilung „Stadtbild Elbing“. mit wechselnder Ausstellung von alten Stadtplänen und Prospekten, von Abbildungen öffentlicher und privater Gebäude und von Bildnissen berühmter und verdienter Elbinger Bürger. Ein besonderer Schrank enthielt Pappmodelle von alten Elbinger Gebäuden, die 1833/1834 von George Gottfried Kallenbach hergestellt worden sind. In dieser Abteilung wurde die Entwicklung des Elbinger Stadtbildes von der Ordenszeit bis 1945 dargestellt.

 

 

 Kallenbach-Modell: Das alte Gymnasium nach dem Umbau.

 

Das zweite Obergeschoß enthielt in 3 Räumen die vorgeschichtliche Sammlung einschließlich der Ordenszeit und je eine Abteilung für Natur- und Völkerkunde. Im obersten Stockwerk befanden sich Sammlungen des einheimischen Kunstgewerbes und eine Waffensammlung. Der Silberschatz des Museums war im Erdgeschoß ausgestellt.

 

 

Blick vom Museumsgarten auf die Türme der Nikolaikirche und der Heilig-Geist-Kirche

Auch der Museumsgarten war für Ausstellungszwecke eingerichtet worden. Von alten Mauern umschlossen, umrahmt von altehrwürdigen Gebäuden, die von den Türmen der Heilig-Geist- und der Nikolaikirche überragt wurden, war er wie geschaffen zur Unterbringung von Denkmälern der Vorzeit. So haben hier in einem offenen Schuppen Skulpturen von Alt-Elbinger Bürgerhäusern, besonders auch von alten Beischlägen und Portalen, Aufstellung gefunden und im Garten selbst sind alte Grabdenkmäler zu einem Friedhofe vereinigt worden. Das wertvollste desselben ist eine Marmortafel für Johann Christoph Poselger, gest. 1818 in Elbing. Sie stammt aus der Werkstatt des Berliner Bildhauers Gottfried Schadow.

 

 

Blick aus dem Museumsgarten

 

Die Heilig-Geist-Straße von der Hommelstraße bis nach rechts zur Wasserstraße. Die Ruinenlandschaft zeigt in der Mitte das Heilig-Geist-Hospital mit Kirche, rechts daneben die 3 Häuser 5-3 des Städtischen Museums, die Hausruine Nr. 2, in der sich vor der Zerstörung die Färberei und Waschanstalt Fischer befand, und das Eckgrundstück Nr. 1 des Getreidehändlers Paul Dyck.

 

Die Hinterfront der Ruine des Städtischen Museums

 

30 Jahre nach dem Kriege: Heilig-Geist-Straße mit dem Wiederaufbau von Heilig-Geist-Kirche und Heilig-Geist-Hospital, Ecke Burgstraße.

Kownatzki, Hermann: Brückenkopf Elbing, Preußenführer, Elbing: Preußenverlag 1936, einige Abb., 120 Seiten, S. 56.

Grundmann, Friedrich: Elbinger Heimatbuch -  Geschichte und Geschichten vom Elbingfluß, überarb. und erg. von Hans-Jürgen Schuch. Münster: Truso-Verlag 1999, mehrere Abb., 160 Seiten, S. 17+18.

Lockemann, Theodor: Elbing, hrsgg. vom Magistrat von Elbing, Berlin-Halensee: DARI-Verlag 1926, mehrere Abb., 200 Seiten, S. 68-71.

Krüger, Else: Elbing 1945/1946. Ein Bericht aus schwerer Zeit, Elbinger Hefte Nr. 44, Münster: Truso-Verlag 1995, mehrere Abbildungen, 212 Seiten, Abb. S. 122 unten.

Carstenn, Edward: Geschichte der Hansestadt Elbing. Elbing: Verlag von Leon Saunier's  Buchhandlung 1937, 50 Tafeln, 539 Seiten, Abb. auf Tafel 30 unten.

Pudor, Carl: Elbing und seine Umgebung, hrsg. vom Verein zur Hebung des Fremdenverkehrs für Elbing und Umgebung. Elbing: E. Wernichs Buchdruckerei, Reprint von 1910, Reisebücher von Anno dazumal, Leer: Verlag Gerhard Rautenberg 1989, S. 79-81.

Schuch, Hans-Jürgen (Hrsg.): Elbing in alten Ansichtskarten. Würzburg: Flechsig Verlag 1988, S. 22.

Vierkötter, Otto:  Alte deutsche Bauernhäuser, Zeichnungen, 26x26 cm, insg. im Auftrage von Bayer Pflanzenschutz Leverkusen, Hattingen: Hundt, 1975, 49 S.

Westpreußen-Jahrbuch Band 25: hrsgg. von der Landsmannschaft Westpreußen, Münster: Verlag C.J. Fahle: 1975, mehrere Abbildungen, 160 Seiten, 2 Abb. S. 65.

Die Bilder Nr. 1-5, 7+8 sind aus der Sammlung von Christa Mühleisen.

Am 12.12.03 revidiert - aefl (b)