1."Irrwege eines Wanderers" oder "Wie komme ich nach Königsberg"
Bei meinen Wanderungen stieß ich wiederholt auf Ortschaften mit nicht sehr bekannten, aber desto klangvolleren Namen, so daß ich oft glaubte,
mich in einer verzauberten Landschaft umherzutreiben.
So fuhr ich einmal mit der Bahn nach Groß-Aschnaggern über Liegetrocken,
Willpischken, Pusperschkallen nach Katrinigkeiten, frühstückte in Karkeln, kam über
Pissanitzen, Perkuiken, Jukenischken, Kuhdiebs nach Katzenduden, aß in Aschlacken Mittag, verirrte mich dann
in Pudelkeim, Pupinnen, Bammeln, Babbeln und abendbrotete in Pschintschiskowsken, übernachten wollte ich in Kartzpanupchen, wo ich
entdeckte, daß ich infolge der vielen mir vorgekommenen merkwürdigen Namen meinen eigenen Vatersnamen ganz vergessen hatte, was den Wirt
in Kartzpanupchen mit dem Namen Strunzkeitski veranlaßte, mich fortzuweisen; so ging ich über Strontzken, Grondzken und Dumbeln nach
Bumbeln und Budschißken, wo mir mein Name infolge der Klangähnlichkeit wieder einfiel.
An den folgenden Tagen lernte ich noch kennen: Plampert, Purtzunsken, Kotzlauken,
Mierunsken, Spirokeln, Wanagpuchen, Meschkruppchen, hörte noch von Spucken, Maulen, Puspern, Plumpern,
Schabbeln, Wabbeln, wurde ohnmächtig und erwachte in Mierodunsken, wo mich der
Landjäger von Uschpiauschken hingebracht hatte. Es dauerte lange, bis ich meine Sprache beherrschte, denn meine Zunge drehte sich mir
fortgesetzt im Leibe um, so daß ich auf die Frage des Mannes, wohin ich wollte, sagte: Göbisknerg - Kösichgers - Knösiggerb - Königsberg.
Der Beamte meinte: über Mischmiautzken oder Kampinischken, was mich so ärgerte, daß ich ihn mit "Dammelskopp" anschrie. " Das liegt an der
anderen Strecke," sagte er entgegenkommend.
So gelangte ich denn über mehrere -ischken, -umsken, -schkallen und -scheiten nach Königsberg. Ein Blick in den Eisenbahnfahrplan überzeugte
mich, daß ich nicht geträumt hatte.
Das war die Geschichte eines unbekannten Wanderers, der vor über 60 Jahren die "Inselprovinz" des Deutschen Reiches besuchte und sich
an den kuriosen Ortsnamen fast die Zunge zerbrochen hat.
-Christa Mühleisen-
(Pangritz Kurier 3/2002)