Das Gut Januschau / Januszewo
Teil
2
Bild
14: Alte Kupfertiefdruckkarte von Schloss Januschau (Verlag Fritz
Krauskopf, Königsberg)
"In Januschau blieb der Großvater in seinen letzten Lebensjahren meistens
so lange im Bett, bis der Gutsinspektor und andere Leute aus dem Ort und
von
auswärts mit ihren Wünschen und Sorgen bei ihm gewesen waren. Wer
schmutzige Stiefel anhatte, zog sie vor der Tür aus und kam auf Socken
herein. Wer etwas ausgefressen hatte, wurde gelegentlich mit einer
Ohrfeige bedacht, zu deren Empfang er sich hinunterbeugen musste. Diese
Methode war allen lieber als eine Geld- oder Freiheitsstrafe oder
womöglich eine Kündigung. Die Sache war damit erledigt. Wenn der
letzte Besucher gegangen war, stand der Großvater auf und ritt oder fuhr durch die
Felder nach Brausen.
Bild
15: Elard von Oldenburg vor einem Ritt durch die Felder
Bild
16: Foto von Brausen (ca. 2004)
Nach dem Mittagessen, das immer
überaus reichlich war ("Fresst, Kinder, fresst!" ermahnte uns
der Großvater, und der alte Diener Nante stieß uns beim Herumreichen
der Schüsseln mit dem Ellbogen in die Seite, um uns zu ermuntern, mehr
zu nehmen), setzte der Großvater sich an den Schreibtisch und schrieb
zwei bis drei Stunden seine Briefe. Sie waren ob privater oder
dienstlich - geschäftlicher Natur, ob an Freunde oder an Gegner,
immer mit dem Herzen geschrieben und mit Humor durchsetzt,"
berichtet Hans Graf von Lehndorff.
Die Großmutter Agnes von
Oldenburg, geb. Gräfin Kanitz war von ganz anderer Wesensart.
Sie war die personifizierte Skepsis und alles Pathetische ging ihr gegen
den Strich.
Bild 17: Agnes von Oldenburg geb. Gräfin Kanitz (8.5.1863 - 14.8.1940)
Sosehr
die Enkel den Großvater liebten - wesensmäßig fühlten sie sich von
jeher stärker der Großmutter zugehörig. Es wird für sie nicht leicht
gewesen sein, an der Seite dieses leidenschaftlichen, aufbrausenden,
sich oft nicht in der Gewalt habenden Mannes das Gleichmaß zu bewahren,
das sie in besonderer Weise auszeichnete. Es war wohl die
Großzügigkeit des Herzens, die bei ihm immer wieder zum Durchbruch
kam, die sie an ihrem Platz gehalten hat und ihr geholfen hat, Krisen zu
überwinden. Für ihre Enkel und alle ihr nahestehenden Menschen war sie
jedenfalls ein Stück Januschau, das jederzeit Geborgenheit und
Nestwärme zu bieten hatte, ohne das davon die Rede gewesen wäre. Zu besonderen Gelegenheiten telegraphierte Elard
von Oldenburg-Januschau seine Glückwünsche gerne in Versform, wenn er
nicht selber anwesend sein und das Wort ergreifen konnte. Als er einmal
die Verlobungsanzeige eines jungen Mädchens aus der weiteren
Nachbarschaft erhielt, das bis dahin große Ambitionen gezeigt hatte
sich als Sängerin ausbilden zu lassen, telegraphierte er: "Warum
in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah. Lasset uns die Kuh
ergreifen, denn die Milch ist immer da." Sie hatte sich mit einem
Landwirt verlobt und damit in den Augen des Kammerherrn das
Vernünftigste getan, was sie tun konnte.
Als Hermann Göring
sich mit Emmi Sonnemann verheiratete, schnitt er die Anzeige aus der
Zeitung aus, schrieb darauf: "Wenn du denkst du hast' n, springt er
aus dem Kasten" und schickte sie einer Verwandten mittleren Alters,
die in dem Ruf stand, sich gewisse Hoffnungen gemacht zu haben.
Sein
Enkel Hans schrieb: "Januschau ist für mich nicht denkbar ohne
seine Geschichten, mit denen er an den Abenden seine Gäste unterhielt
und die das ganze Haus mit Leben erfüllten. Am meisten liebten wir
seine Erzählungen aus der Soldatenzeit. Während der acht Jahre seines
aktiven Militärdienstes in Potsdam hatte er reichlich Gelegenheit
gehabt, die Großen jener Zeit, den von ihm zutiefst verehrten Kaiser
Wilhelm I. sowie Bismarck, Moltke und Roon, bei offiziellen und privaten
Anlässen aus nächster Nähe zu sehen.
Die schönsten eigenen
Erlebnisse waren für uns Kinder die Besuche des Generalfeldmarschalls
und späteren Reichspräsidenten von Hindenburg in Januschau.
Bild 18: Generalfeldmarschall von Hindenburg
Mein Großvater verehrte und liebte ihn wie seinen
besten Freund und dieses Gefühl wurde von uns vorbehaltlos geteilt. Zum
ersten Mal sah ich ihn, als er Anfang der zwanziger Jahre während einer
Rundreise durch Ostpreußen mehrere Tage in Januschau zu Gast war. Als
Sieger von Tannenberg und Befreier Ostpreußens von den Russen genoss er
im ganzen Land ungeheure Popularität, und alles drängte sich, ihn zu
sehen und ihm zuzujubeln.
Bei einem anderen Besuch des Feldmarschalls,
der mehr privater Natur war, ergab sich insofern eine denkwürdige
Situation, als sein ehemaliger engster Mitarbeiter, General Ludendorff,
ebenfalls durch Ostpreußen reiste und in Januschau zu Gast war. Da
meinem Großvater sehr daran lag, die Kontroverse zwischen beiden, die
von Ludendorff ausgegangen war, aus der Welt zu schaffen, wollte er eine
Begegnung herbeiführen und es war ihm gelungen, den Besuch Hindenburgs vor
Ludendorff geheim zuhalten. Als dieser nach zweitägigem Aufenthalt
wieder weg wollte, erklärte ihm mein Großvater kurzerhand: "Sie
können jetzt nicht weg. Der Feldmarschall kommt in einer Stunde, und es
sähe dann so aus, als wären Sie vor ihm ausgerissen."
Ludendorff
ließ sich in der Tat überreden, zu bleiben, bis Hindenburg kam. Mein
Großvater führte die beiden in sein Arbeitszimmer, schloss die Tür
und setzte sich davor, damit sie nicht gestört würden. Nach einer
Stunde kam Ludendorff heraus. Auf die Frage nach dem Ergebnis der
Unterhaltung antwortete er dem Großvater: "Er gab mir einen Kuss
und sagte: »Na, Ludendorff, wir beide werden uns doch nicht auch noch
zanken.« " Für alle Fälle war ein Photograph bestellt worden, und die
beiden Feldherren wurden gebeten, sich zusammen photographieren zu
lassen. Aber Ludendorff protestierte: " Nein, das geht nicht, das
ist ein politisches Bild, mit der Familie meinetwegen. " Und so
entstand ein Familienbild vor der Januschauer Haustür mit den beiden
Heerführern. Als Ludendorff abgefahren war, erbot sich der Photograph:
"Ich könnte ja die anderen Herrschaften wegretouchieren!"
Aber das lehnte mein Großvater ab."
Bild 19: Generalfeldmarschall von Hindenburg und General der Infanterie
Ludendorff In seiner
großen Bescheidenheit und Schlichtheit drängte sich Hindenburg nie in
den Vordergrund. Als die Gräfin Agnes von Oldenburg-Januschau
ihn einmal fragte, wie es wirklich mit Tannenberg gewesen wäre,
es gäbe so viele andere Generäle, die behaupten, die eigentlichen
Sieger zu sein, antwortete er ruhig: "Wenn's verloren gewesen
wäre, hätten sie es mir gelassen."
Zwanzig Kilometer von
Januschau lag das alte Hindenburgische Gut Neudeck, das dem Bruder des
Feldmarschalls gehört hatte. Es war in der Wirtschaftskrise nicht zu
halten gewesen, musste von der Familie aufgegeben werden und befand sich
nun im Besitz einer Bank.
Bild 20: Das um 1800 erbaute alte Schloss Neudeck bei Freystadt im Kreis Rosenberg
Um
die Familie des Reichspräsidenten wieder im Osten ansässig zu machen,
regte "der alte Januschauer," wie der Graf im Volksmund genannt wurde,
eine Sammlung an, von deren Erlös das Gut zurückgekauft werden sollte.
Er selbst machte den Anfang dazu, indem er dem Soldatenbund in
Riesenburg, der die Organisation übernehmen sollte, tausend Mark
überwies. Im Laufe der Zeit wurde doch eine ansehnliche Summe
aufgebracht. Sie reichte allerdings bei weitem nicht, so dass sich der
Graf noch an die Großindustrie wandte, die das restliche Geld
aufbrachte, das sogar noch zu einem Neubau des Gutshauses und zur
Renovierung der dazugehörigen Gebäude reichte.
Festakt vor dem Januschauer
Schloss Anlässlich des 80. Geburtstages von Reichspräsident
Paul von Beneckendorff und von Hindenburg, am 2.10.1927, wurde ihm vor dem Januschauer
Schloss die Schenkungsurkunde für das Familiengut Neudeck überreicht.
Ein ähnlicher Festakt hatte zuvor schon in Berlin stattgefunden. Der Herr
rechts neben Hindenburg mit weißem Spitzbart ist
der Kammerherr Elard von Oldenburg-Januschau.
Bild 21: Die Ehrengäste vor dem
Januschauer Schloss. Rechts neben dem Reichspräsidenten steht der
Kammerherr. So wurde die Familie Hindenburg wieder Nachbar von Januschau.
Bild
22: Die Dame mit Hut und Pelzstola ist Kronprinzessin Cecilie von Preußen
und daneben steht Agnes von Oldenburg.
Bild
23: Elard von Oldenburg und Hindenburg
Bild
24: Nach der Übergabe der Schenkungsurkunde vor dem Herrenhaus in Januschau. Von links: Major
Grieser, Kammerherr Elard von Oldenburg-Januschau,
Generalfeldmarschall und Reichspräsident von Hindenburg. (Abb. aus
dem Buch von W. Zebrowski)
Bild 25: Das neue Schloss Neudeck von der Gartenseite aus gesehen.
Als
die Hitlerzeit begann, konnte natürlich auch Januschau nicht ausgespart
bleiben, aber der neue Geist fand dort nur sehr wenig fruchtbaren Boden.
Eines Abends kam ein gutaussehender junger Mann in SA-Uniform nach
Januschau und grüßte etwas zaghaft mit "Heil Hitler." Es war der
Maschinist. Die Gräfin sah ihn von oben bis unten an und sagte:
"Jungchen, ziehen Sie sich erst mal die Stiefel aus." Er tat es. kam
wieder herein und überreichte dem Kammerherrn ein Blatt, mit dem für
die SA geworben und zu einer Versammlung aufgerufen wurde. Der nahm es
in die Hand und las den Text vor. Als es darin hieß: "Wir sind
für das neue Reich gestorben," sah er den jungen Mann wohlwollend
an, sagte: "Aber noch lebst du! " und las weiter. Am Schluss
gab er ihm zehn Mark und sagte: "So nun küss der gnädigen Frau
die Hand und dann kannst du wieder gehen."
Im
Sommer 1933 war ein junger Schweizer mit seiner Schwester zu Besuch im
Kreis Rosenberg. Sie hatten den 30. Juli in Schönberg bei Finckensteins
verbracht, die dort eine politische Tagung junger Mädchen ausgerichtet
hatten. Als sie abends nach Rosenberg fahren wollten, um dort zu
übernachten, erklärte die Gräfin kurzerhand, das sei ausgeschlossen,
dort könne man nicht wohnen. Sie würde sie in Januschau bei Oldenburgs
anmelden. Es war schon spät, als die beiden Gäste in Januschau
eintrafen.
"Unter der großen Haustür stand ein sehr
dicker, alter Herr mit einem kleinen Bärtchen und wenig Haaren und
begrüßte uns auf das herzlichste. Hinter ihm erschien die Frau des
Hauses, etwas größer wie er, schlank, und mit ganz weißen Haaren. Wir
versorgten das Auto und wurden in das gemütliche Wohnzimmer des alten
Herrn geführt. Bei Licht beschnüffelte man sich gegenseitig noch
etwas und traf dort auf ein weiteres altes Paar. Es war der Bruder der
Dame des Hauses, ein Graf Kanitz, wir nannten ihn mit seinem Monokel den
"Simplizissimusgrafen", sie war die alte Erzieherin der
Oldenburg'schen Töchter, die in Januschau zu Besuch war. Es wurde eine
riesige Schüssel mit Himbeeren vor uns gestellt und wir langten
kräftig zu." So schilderte der junge Mann seine ersten
Eindrücke vom alten Januschauer und seiner Frau.
Bild
26: Eines der gemütlichen Zimmer im Schloss
Der Graf erzählte
von seinem Leben, besonders vom alten Kaiser, den er glühend verehrte.
Die beiden Damen steckten sich Zigarren an und strickten. Die Gräfin
erinnerte ihren Besucher, so wie sie still dasaß und ab und zu mit
ihrer tiefen Stimme einen Einwurf machte, an ein "schönes altes Vollblutpferd."
Gegen Mitternacht verabschiedeten sich die Gäste, um sich zur Ruhe
zu begeben. Da sagte der Graf zu der jungen Schweizerin: "Mein
gnädiges Fräulein, wenn Sie von einem schönen jungen Mann träumen,
so denken Sie, dass ich das bin."
Gegen Mittag
machten die Gäste aus der Schweiz einen Abstecher nach Finckenstein, wo
ihnen der Hausmarschall das Schloss zeigte und sie nachher von der
Burggräfin empfangen wurden. Sie waren begeistert von dem französischen Barockbau,
inmitten eines herrlichen Parks, in dem wilde Schwäne zu
Hunderten auf den großen Seen herumschwammen. Der Garten war wunderbar,
mit unendlich vielen Rosen.
Bild 27: Schloss Finckenstein, Parkseite
Als sie wieder in Januschau zurück waren,
ließ Graf Oldenburg den Jagdwagen anspannen, um mit seinem Schwager und
den beiden Gästen über die Felder zu fahren. Auf den abgeernteten
Feldern weideten große Gänseherden, die von kleinen Jungen
gehütet wurden.
Der Graf forderte zwei dieser kleinen Jungen auf, zu
grüßen, worauf der eine sich tief verneigte mit den Worten: "Gott
grüße den gnädigen Herrn!", der andere hob kühn den rechten Arm
uns sagte: "Heil Hitler!" Der Alte knallte unmutig mit der
Peitsche und sagte : "Heil Hindenburg!"
Man weiß, dass er dem
alten Generalfeldmarschall, der sein Nachbar war, sehr nahe stand, aber
eines konnte er ihm nie verzeihen, nämlich sein Bündnis mit Hitler,
und so sagte er einmal: "Ja, ja, mein guter Paul, der hat sich viel
zu sehr einwickeln lassen." Am Abend gab es wieder ein
gemütliches Zusammensitzen im Wohnzimmer des alten Herrn. Wieder
erzählte er mancherlei aus seiner Dienstzeit unter dem Alten Kaiser,
oft mit Tränen in den Augen.
Er berichtete auch die folgende
Geschichte: Als er Regierungspräsident von Marienwerder war, bekam er
bei der Neuwahl als Gegenkandidaten einen Juden, der auch gewählt
wurde. Er war dann so dreist, dem Januschauer folgendes zu
telegrafieren:
"Dem Januschauer ist jetzt wohl,
er sitzt zu Haus und baut den Kohl."
Worauf der alte Herr sich hinsetzte und als Antwort
schrieb:
"Und isst dazu den Schweinebraten, den Moses Ihnen
abgeraten! Oldenburg."
"Doch," fügte er traurig hinzu, "meine Frau
hat mir verboten, diese Antwort abzuschicken."
Als die
beiden Schweizer am nächsten Morgen abreisen wollten und nach dem
Frühstück noch alle im Wohnzimmer saßen, öffnete der Diener die
Tür. Draußen stand ein alter Mann, der sich gerade die Schuhe auszog.
Dann kam er in seinen Strümpfen herein, kniete am Stuhl des alten Herrn
nieder, küsste diesem die Hand und gratulierte ihm zum 50jährigen
Gutsherrenjubiläum. Der Alte fragte darauf: "Wie lange bis Du denn
schon bei mir, mein Junge?" - "25 Jahre, gnädiger Herr."
- "Das ist brav von Dir." Darauf küsste ihm der Knecht
wiederum die Hand und verschwand. In
den letzten Jahren seines Lebens war die Nähe von Januschau für
Hindenburg eigentlich nur noch bedrückend. Seine Umgebung hielt den
durch sein hohes Amt völlig überforderten 86jährigen in Neudeck von
allem fern, was ihn aufregen konnte. Zu diesen Aufregungen gehörte vor
allem Elard von Oldenburg - Januschau, der ihm seit der Machtübernahme
durch Hitler nichts Erfreuliches mehr berichten konnte.
Als die beiden
sich das letzte Mal sprachen, ging es um das Leben eines sehr bekannten
Mannes, des ehemaligen Stahlhelmführers Düsterberg, den Hitlers
Schergen festgenommen hatten. Der Graf fuhr deshalb mit seinem Enkel
Heinfried Graf von Lehndorff nach Neudeck, ging durch eine Hintertür in
den Park und versteckte sich dort hinter einem Gebüsch, an dem
Hindenburg zu einer ganz bestimmten Zeit bei seinem Spaziergang
vorbeizugehen pflegte. Es war die einzige Möglichkeit, ihn allein zu
sprechen. Hindenburg schrie vor Wut, als er von Düsterbergs Schicksal
erfuhr. Man hatte es ihm natürlich wie vieles andere verschwiegen.
Glücklicherweise konnte er noch eingreifen und den Gefährdeten retten.
Oft war es auch unmöglich mit dem Reichspräsidenten Kontakt
aufzunehmen, weil die Besucher meistens von seinem persönlichen
Referenden abgewiesen wurden.
Der letzte öffentliche Auftritt
des Elard von Oldenburg war bei der Beisetzung seines Freundes Paul von
Beneckendorff und von Hindenburg 1934 im Tannenberg-Denkmal. Hier erwies
er ihm in der Uniform der Garde-Ulanen die letzte Ehre.
Im
selben Jahr zogen Maria und Siegfried von Lehndorff, nach der Pensionierung des Vaters,
von
Braunsberg nach
Berlin. Hans von Lehndorff arbeitete ab 1937 als Arzt, zuerst in Berlin
und anschließend bis zum 20.1.1945 in Insterburg.
Das
letzte Drama des deutschen Volkes ist dem Kammerherrn von Oldenburg
erspart geblieben. Im sonnenreichen Sommer 1937 nahm er Abschied von
dieser Welt, nach einem arbeitsreichen, gesegneten Leben. Er starb im 83.
Lebensjahr.
Vor seinem Tode hatte er noch ein paar Tage im Krankenhaus gelegen,
und das letzte, was er zu seinem Enkel Hans sagte, war: "Du
stellst mir auf jeden Platz eine Flasche Sekt," wobei er offenbar
an seine eigene Beerdigung dachte. In der Nacht vor der Beerdigung stand
der Sarg in der Mitte des Gartensaales und die zehn ältesten seiner
achtzehn Enkel hielten, in zwei Gruppen abwechselnd, die Totenwache. Am
nächsten Tag kamen die Menschen in Scharen, um ihm die letzte Ehre zu
erweisen. Nach einer tief bewegenden Feier trugen ihn seine Enkel aus
dem Hause und geleiteten ihn auf seinem letzten Wege bis zum Ende des
Parks, wo er auf einem kleinen gepflegten Platz seine letzte Ruhestätte
fand. Drei Jahre später, im August 1940, hat die Gräfin Agnes von
Oldenburg ihre Augen für immer geschlossen und wurde ebenfalls hier
begraben.
Nach dem Tode des Großvaters übernahm der Enkel
Heinfried Graf von Lehndorff das Gut Januschau und verwaltete es bis
1945.
Teil 3 oder Index |