Westpreußische Kochrezepte
(s. auch: Bibliographie: Kochbücher)    Noch in Arbeit! 

Einen guten Appetit wünscht Ihnen Christa Mühleisen!


Die Daphnis-Lieder von Arno Holz:

"Mutterche, was hast zu essen? Mein Bauchche ist leer, knurrt wie zwei bissige Hundche. Ich bin man eben aufgestanden."

"Kindche, geh ans Feuerche, nimm den Deckel vom Topfche, streu Schrotmehl und Salz ins kochende Wasser, hast ein Schlunzsuppche. Leck das Tellerche leer, wirst rote Backen haben."

"Mutterche, der Vaterche is vom Feld gekommen, hat das Pferdche in den Stall gebracht, will Schweinevesper haben."

"Setz die Pfann' aufs Herdche, machst a Rühreiche. Schneid den Schinken aus dem Rauch und schlag die Eierchens zusammen und rühr schön alles um. Kann unser gutes Vaterche sich stärken. Nimm auch den Rum und heißes Wasser und mach ihm ein schönes, warmes Grogche, so ein Maitrankche."

"Ach, Mutterche, was werden wir die ganze Woche zu essen machen?"

"Aber Kindche, die Kuh gibt uns Milch, kochen wir mit Mehl und Ei ein Klunkersuppche. Lassen wir die andere Milch dann sauer werden. Schöpfst den Schmand von oben ab, nimmst die Zwiebel und den Hering und machst Schmandhering."

"Und dann gibt es noch die Klopsche, schöne Königsberger Klops. Kommt Martini an die Reihe, schlachten wir all unsere Ganschens (Gänse). Schwarzsauer kochst dann vom roten Blut, dick mit Pflaumen und mit Keilchen. All die Flügel und die Beinche und die Hälsche und den Magen nimmst und kochst mit bische Essig. Ist es kalt, wie wird dem Kindche unser Weißsauer dann schmecken!"

"Mutterche, weißt auch, was Fastnacht kochen wirst?"
"Ei dann gibt es Schüdderstroh (dicke Erbsen) und ein saurer Kumst (Sauerkohl). Am Nachmittag zu dem Kaffee back ich Kropfen in dem heißen Fett, bis sie braun und rösch geworden, wie's mein gutes Ahnche tat, das weit von Salzburg eingewandert war."

"Ach du Zeit, bin ich ein dummes Menschche! Sengt die Prachtersupp schon auf dem Herd, wird diesmal die richtige Brennsupp!"

"Rühr das Weizenmehl mit Milch und Ei durch, backst uns dann in Fett die schönsten Flinsen und fürs Vaterche schmilzt du den Honig, mischst ihn gut mit weißem Korn (Branntwein), wird ein schöner Bärenfang. Alle Finger kannst dir lecken. Trink erst selbst ein Schlubberche."

"Kindche, liebes, lauf zum Herdche, zieht sich all die Milch zusammen, die hübsch dick und sauer war. So ist gut, schütt durchs Siebche. Ei, das ist doch feine Glumse! Vaterche, kannst lachen heute abend. Gibt es Glums mit saurem Schmand und mit Kümmel durchgerührt."

"Hol den Schinken aus der Kammer, schneid die Stücke groß und lang, weich sie in Milch erst ein, brat sie langsam in dem Fett. Nur kein starkes Feuer, langsam ziehen lassen! Sieh, wie hübsch es sich jetzt bräunt. Rühr den Schmand mit Weizenmehl, bis kein Klunkerche mehr ist. So nun langsam reingeschüttet und und ein Weilchen kochen, bis es aufstößt." "Ach, du schöner Schmandschinken!"

"Denken muß ich an den Schmorkohl, wie der war so sauer=süß. Sauer=süß sind auch die Bohnen, dicke große Bohnen sind es, angemacht mit gutem Speck, und zu Morgen, mein Marjellchen (Mädchen), kochst du Königsberger Fleck."

(Arno Holz: Die Daphnis-Lieder. In: Fischer, Hans W.: Das Leibgericht, 
Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag 1955, 394 Seiten, S. 184-186)


1. Rezept und Zubereitung von "Königsberger Kuddelfleck".

Dazu gibt es einen passenden Rundgesang, den man vor dem Essen singt.
Es sind 10 Verse, die man zu den Melodien von 8 bekannten Volksliedern
singt.

Vor 1945 gab es "Königsberger Fleck" in dem einzigen Elbinger Spezial-Fleck-
Lokal "Zur Wartburg" in der Wasserstraße. Außer Fleck konnte man kein an-
deres Gericht bekommen. Heute gibt es Fleck oder "Flaki", wie es die Polen
nennen, in vielen Lokalen der Stadt. "Flaki" ist zu einem polnischen
Nationalgericht geworden.

Der Königsberger Kuddelfleck wird aus Rindermagen zubereitet und ist
vermutlich das Gegenstück zum Pfälzer Saumagen, dem Leibgericht von
Alt-Bundeskanzer Helmut Kohl.

Das Rezept folgt dieser Grafik.

"Fleckessen" in Königsberg, Holzstich von 1890 nach einer Originalskizze von W. Busch

Das Rezept:

Zutaten: 

1000 g roher Pansen
(Magen vom Mastrind)
500 g Markknochen
3 Knollen Sellerie
2 Zwiebeln
1 Petersilienwurzel
1 Mohrrübe
1 Lorbeerblatt -
5 Gewürzkörner
10 Pfefferkörner
Majoran

Zubereitung:

Den Rindermagen beim Fleischer bestellen und gleich säubern lassen. In gro-
ße Stücke schneiden, mit den Knochen in einen großen Topf geben und eben
mit Wasser bedecken, leicht salzen. Bei milder Hitze etwa 3 1/2 Stunden ko-
chen lassen. Das kleingeschnittene Gemüse und die Gewürze - außer dem
Majoran - hinzufügen, noch 30 Minuten kochen. Zwischendurch probieren, ob
der Fleck schon weich ist. Eventuell weitere 30 Minuten kochen.

Den weichgekochten Fleck herausnehmen und in kleine Würfel oder Streifen
schneiden. Der Fleck sollte immer am Vortag zubereitet werden, damit er 
richtig durchzieht. 

Das Gericht wird sehr heiß serviert. Zum Nachwürzen sollten ein Töpfchen
Mostrich (Senf), Pfeffer, Salz, ein Fläschchen Essig und viel geriebener
Majoran bereitstehen. Dazu reicht man knusprige Brötchen, Bier und Korn.

D a s   F l e c k l i e d   folgt nach dieser Grafik!


Studenten beim Fleckessen im Gasthaus Reichert in Königsberg. Holzstich
von 1890 nach einer Originalzeichnung von G. Wittschas.

D a s   F l e c k l i e d

Ein Rundgesang zum Fleckessen

(Melodie: Schön ist die Jugend)

E Klacks'che Mostrich ran, e bißche Essig,
Gut umgeriehrt, und denn foorts ran am Speck,
Dem sauren Klops, de Spirgel und de Keilchen,
Die laß ich stehen fier e Schalche Fleck.
Se schorrt so samft im Bauch,
Und wärmen tut se auch,
Nuscht geht warraftig ieber unsre Fleck


(Melodie: Guter Mond, du gehst so stille)

Hast dir denn dem Trichel vollgeschlagen,
Daß es scheen sich setzen tut,
Kannst beim Picheln allerhand vertragen,
Und e Kornus drauf ist gut.
Aber einer,
Das ist keiner,
E großer besser wie e kleiner,
Hast dir erst dem Trichel vollgeschlagen,
Kipp dir orndlich einem untrem Hut !


(Melodie: Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren)

Drum schöpf mir schnell a Schalche voll Kaldaunen,
Voll unsre scheene Rinderfleck.
Und meegen auch de andre Leite staunen,
E Schalche Fleck, denn sind wir erst auf Deck.
De Fleck vertreibt de Sorgen und de Launen,
Und ohne Fleck hat alles keinen Zweck,
Drum schöpf mir schnell e Schalche voll Kaldaunen,
Und prost auf unsre Kuddelfleck!


(Melodie: Mariechen saß weinend im Garten)

Es lebt mal e armer Kassäter
Allein mit e schwarzbunte Kuh,
Die machd vor Kummer und Sorgen
Fier immer de Augen zu.
Er hat ihr nich begraben,
er hat ihr ausgeschlacht,
Teils hat er ihr gereichert
und teils auch eingemacht.


Bloß schlecht waren ihre Kaldaunen,
Die paßden im Toppche nich rein,
Drum nahm er e großes Messer
Und schnippseld ihnen klein.
Denn kochd er sich e Suppche
Und dachd, das is ja Dreck,
Doch nach diwärse Stunden,
Da war es Kuddelfleck.


(Melodie: Gold und Silber lieb ich sehr)

Wenn es richtig schmecken soll, 
Brauchst Gewirz zum Kochen,
Zwiebel, Lorbeer, Sellerie
Und drei scheene Knochen.
Weil es orndlich burbeln tut,
Stell es Biegeleisen
Oben rauf, sonst tut de Fleck
noch mit dir verreisen.
Oben rauf, sonst tut de Fleck 
noch mit dir verreisen.


(Melodie: Das Wandern ist des Müllers Lust)

Wir alle wissen, ich und du,
Das Beste vonne Muschekuh
Is Kuddelfleck.
Heit' jankert uns mal wieder doll,
Drum haun wir uns de Koddern voll,
Drum haun wir uns de Koddern voll
Mit Kuddelfleck.


(Melodie: Waldeslust)

Kuddelfle-he-heck, Kuddelfle-he-heck
Gab zu Haus an jede Eck,
Drei Dittche auße Fupp,
Sschon haddst Kaldaunensupp.
Denn einem vore Brust, 
War das e Lust!


(Melodie: Holde Blum' der Männertreu, 2 Verse)

Kochen läßt es butterweich,
Nich emmend bloß weichlich,
Denn haust orndlich Meiran rein,
Nich e Tutche, sondern reichlich,
Denn haust orndlich Meiran rein,
Nich e Tutche, sondern reichlich,


Nu bringst heiß se aufem Tisch,
Fleck darf nicht vom Eis sein,
Wenn dir auch das Maul verbriehst,
Is egal, de Fleck muß heiß sein.
Wenn dir auch das Maul verbriehst,
Is egal, de Fleck muß heiß sein.


(Melodie: Ein Prosit)

Ein Prosit, ein Prosit
De Kuddelfleck!
Ein Prosit, ein Prosit
De Kuddelfleck!

(Der Pangritz Kurier Nr. 1, März 2003, S. 48 und 49)

Haben Sie jetzt auch Hunger bekommen?

Einen guten Appetit wünscht Ihnen
Ihre Christa Mühleisen