4. Teil: 1. Weltkrieg (1914-18) und Nachkriegszeit (bis 1927)
Bild 48: Komnickwerbung Hilgendorf
Als wichtigste Ergänzung zur Automobilfabrik hatte Franz
Komnick auf dem aufgeschütteten Gelände der Rosswiesen eine Stahlgießerei
errichtet, die mit den modernsten Bessemer-Öfen ausgestattet war und
mit ihren Hallen einen Flächenraum von 5000 Quadratmetern bedeckte.
Es war die größte Stahlgießerei Ostdeutschlands und Elbing
besaß die einzige Automobilfabrik in ganz Deutschland, die über ihr
eigenes Stahlwerk verfügte. Hier wurde nicht nur für die eigenen Werke
produziert, sondern auch für viele Automobilfabriken in
Mitteldeutschland. Außerdem wurden große und schwere Stücke für die
ostdeutsche Industrie hergestellt.
Bild
49: So sah der Serienbau von Motoren bei Komnick vor Kriegsbeginn aus.
Zu
einer abermaligen Ausweitung der Komnick-Werke kam es, als in Danzig die
Goßlerschen Gründungen, ein auf der Holm-Insel angesiedeltes , großes
Eisenwalzwerk, zum Verkauf standen und von Franz Komnick erworben
wurden. Zu
Kriegszeiten wurden hier nur Methylalkohol aus Holzabfällen (hauptsächlich Sägemehl)
und aus dem gleichen Material Schmieröl hergestellt.
Als in den ersten Augusttagen des Schicksalsjahres 1914 der Erste Weltkrieg
begann, war F. Komnick so gut wie allein in seinem Elbinger Haus. Seine Gattin
weilte mit der jüngsten Tochter Charlotte in den Vereinigten Staaten zum
Besuch des Sohnes Otto, der dort nach Beendigung seiner einjährigen
Militärdienstzeit in der amerikanischen Industrie tätig war.
Der älteste
Sohn Bruno musste ebenso wie der Schwiegersohn Komnicks vom ersten Tag an ins
Feld.
Bald wurde die Lage des Landes östlich der Weichsel kritisch; viel
hätte nicht gefehlt, so wären die Nogat- und Weichseldämme durchstoßen
worden, um für die geplante Verteidigung der Weichsel ein Vorfeld-Hindernis
zu schaffen. Franz Komnick ließ wichtige Akten, Zeichnungen,
Geschäftspapiere und besonders wertvolle Modelle auf Lastkraftwagen
verpacken, um sie über die Weichsel zu schaffen und in Sicherheit zu bringen.
Doch kam es glücklicherweise durch den Sieg des Generalfeldmarschalls von
Hindenburg in der Schlacht bei Tannenberg nicht zu einer russischen Besetzung
Elbings.
Als Franz Komnick hörte, dass in den heißen Augusttagen 1914
unsere in Ostpreußen kämpfenden Truppen, vor allem die
Feldflieger-Einheiten, sehr unter dem Mangel an schnellen, motorisierten
Fahrzeugen litten, ließ er an sämtlichen bereits hergestellten PKW in Tag-
und Nachtarbeit die Karosserien hinter den Führersitzen absägen. Die
Aufbauten wurden entfernt, eine Pritsche mit Plane und Spriegel kam an deren
Stelle, und die Fahrkabine erhielt ein Faltdach. Nach Ausstattung der
Fahrzeuge mit Luftbereifung und Verstärkung der Federn konnte so in
kürzester Zeit eine große Anzahl von 1/2 t Behelfswagen der nahen Front
zugeführt werden. Dort wurde jedes dieser Fahrzeuge mit großer Freude
begrüßt.
Durch diese Umbaumaßnahmen konnte Franz
Komnick noch zahlreiche, bereits fertig gestellte Personenwagen an den Mann
bringen, da auf Anweisung aus Berlin im Elbinger Werk keine Pkw, sonder nur
noch Lkw hergestellt werden durften. Die Behelfstransporter müssen als Beginn der Nutzfahrzeugfertigung
bei Komnick betrachtet werden.
Bild
50: Bei Kriegsausbruch zu Behelfslastwagen umgebaut: Pkw des Typs 17/50.
Bild
51: Auch bei den ersten Lkw befand sich der Kühler noch hinter dem Motor.
Die
ersten richtigen Komnick-Nutzfahrzeuge waren Dreitonner mit Stahlgussspeichenrädern und Vollgummibereifung. Streng nach den Vorgaben der
Heeresverwaltung mussten alle Lastwagen mit Kettenantrieb ausgerüstet werden.
Mit ihrer aus dem Pkw-Bau übernommenen, windschnittigen Motorhaube, die zum
Zwecke der besseren Kühlung des Motors jetzt mit Luftschlitzen versehen war,
erhielten die Komnick-Lkw ein charakteristisches Aussehen. Der hinter dem
Motor angeordnete Ventilator fungierte gleichzeitig auch als Schwungrad.
Bild
52: Dreitonner-Lastwagen vor Ablieferung an die Reichswehr
Bild
53: Mit Bajonett und Pickelhaube: Komnick-Lastwagen im Fronteinsatz.
Bild
54: Auslieferung der ersten kardangetriebenen Lkw an die Reichswehr.
Bei
den nächsten Ausführungen musste allerdings zugunsten eines konventionell
vor dem Motor stehenden Kühlers auf das typische Erscheinungsbild verzichtet
werden. Die an ihrem oberen Rand abgerundeten Kühlermasken trugen jetzt
deutlich sichtbar den Komnick-Schriftzug. Von Beginn an verfügten alle
serienmäßig hergestellten Komnick-Lkw über ein festes Dach über dem
Führersitz und eine linksseitig angebaute Tür. Die bei den Nutzfahrzeugen
verwendeten Vierzylinder-Vergasermotoren waren in robuster
Zweiblockausführung konzipiert worden. Dem Dreitonner war zwischenzeitlich
ein Fünftonner zur Seite gestellt worden, der allerdings trotz erheblich
gestiegener Nutzlast mit dem gleichen Vierzylinder-Triebwerk auskommen musste.
Bild
55: Dreitonner aus der zweiten Serien mit Kühler vor dem Motor
Bild
56: Der Bremser immer dabei: Fünftonner mit Komnick-Anhänger.
In der Maschinenfabrik wurde viel Heeresgerät aller Art
angefertigt, u. a. auch Fahrzeuge für pferdebespannte Formationen. Außerdem
wurde eine große Anzahl von Kraftpflügen hergestellt und an die
Heeresverwaltung geliefert, die an der Front zur Landbestellung in besetzten
Gebieten und als Zugmaschinen zum Einsatz kamen. In beiden Fabriken fanden auf
diese Weise mehr als 3000 Beschäftigte eine Anstellung.
Im Ersten Weltkrieg (1914-1918) wurde die Produktion mit Hilfe von etwa 800
französischen, belgischen und russischen Kriegsgefangenen aufrecht erhalten,
die den Fabriken zugewiesen und dort in mustergültigen Räumen untergebracht
und verpflegt wurden.
Nachdem Danzig aufgrund der Ereignisse des Ersten
Weltkriegs zum Freistaat erklärt worden war, verlegte Franz Komnick die
Produktion des Danziger Walzwerks (ehemaligen Goßlersche Gründungen) nach
Elbing. Mit
Hilfe der Kriegsgefangenen wurde also 1914/15 die große frühere
Walzenstraßenhalle in der Elbinger Automobilfabrik
aufgerichtet. Es war die sogenannte Hindenburghalle, in der später auch
Konzerte für die Belegschaft und Versammlungen stattfanden. Abgesehen von
kleineren Werken und Reparaturniederlassungen (z. B. auch in Russland)
befanden sich sämtliche wichtigen Produktionsstätten in Elbing.
Für die Automobilfabrik erwies sich die Stahlgießerei als
besonders wertvoll, weil dort unzählige Granaten gegossen werden
konnten.
Die firmeneigene Stromversorgung war von 1915-1927 in Betrieb.
Zeitweise wurde
auch ein großer Teil von Elbing mit Komnickstrom versorgt. Sonst wurde der
Strom vom "Ostpreußenwerk" bezogen.
Bild 57: Mein Großvater, der Maschinist
Johannes Kapitzke (geb. am 10.3.1893) war vom 28.11.1918 - 1.10.1920 als
Maschinenschlosser beim Aufbau der Maschinen in der Elektrischen
Zentrale in der Automobilfabrik Komnick tätig.
Vom 1.10.1920 - 31.5.1923 war er als
Maschinist in der Abteilung Kraftzentrale beschäftigt. Hier war er für
die Wartung einer stehenden Verbund-Dampfmaschine von 1 500 PS -
Leistung und allen damit in Zusammenhangstehenden Arbeiten
verantwortlich.
|
|
Man schrieb das Jahr 1918, der Krieg war zu Ende. Wie überall, so lag
auch Elbings Industrie und Wirtschaft am Boden. Besonders die Schichauwerft und
die Lokomotivenfabrik, die Zigarrenfabrik Loeser & Wolff und auch die
Automobilfabrik F. Komnick, waren vom Niedergang der Wirtschaft hart betroffen.
Von einem Tag zum anderen mussten sich die Betriebe auf die seit 4 1/2 Jahren
ungewohnte Friedenswirtschaft umstellen. Die friedensmäßige Entwicklung konnte
aber wegen des katastrophalen Kohlenmangels, der gleichzeitig auch eine starke
Lahmlegung und zeitweise sogar den völligen Stillstand des Eisenbahnverkehrs
bedeutete, nicht recht anlaufen. Der Absatz stockte. An die Industrie traten
aber, infolge der Steigerung aller Löhne und Gehälter, erhebliche finanzielle
Anforderungen heran . 7 Millionen Arbeitslose gab es in Deutschland und überall bemühte man sich,
langsam wieder aufzubauen und bessere Wirtschaftsverhältnisse zu schaffen.
Andere
Erschwernisse machten sich bemerkbar. So stiegen die Frachtkosten der
Firma Komnick nach dem Krieg auf das Doppelte.
Früher
hatte die Elbinger Eisenindustrie sehr brauchbare Arbeitskräfte aus dem
Danziger Werder und aus dem Memelgebiet an sich gezogen. Durch die
Abtrennung dieser Landesteile als Folge des Versailler Vertrages fiel von
jetzt an dieser gute Ersatz vollständig aus. Wegen der Entwicklung der politischen
Verhältnisse nach dem Krieg
schien ein Verkauf des Danziger Eisenwalzwerkes (frühere Gößlersche
Gründungen), das sich ebenfalls im Besitz von Franz Komnick befand, ratsam zu
sein. Einige der Hallen waren vorher nach Elbing überführt
worden.
Trotz all dieser
Schwierigkeiten musste unbedingt für Absatz gesorgt werden, um die
Belegschaft zu halten, die damals etwa 2400 Köpfe zählte. Das war aber
gar nicht so einfach, weil nach dem Kriege die Staatsaufträge für
Kriegszwecke zu Ende waren.
Franz Komnick fand auch hier einen neuen
Ausweg, um wenigstens zeitweise über die Schwierigkeiten hinweg zu
kommen. Der neu gebildete Staat Litauen hatte zum Aufbau seines
Verkehrswesens unter anderem einige Dutzend deutscher Lokomotiven
erhalten, die aber durch den Krieg stark abgenutzt waren. Verhandlungen
mit Kowno führten zum Ziel, und so wurden der Automobilfabrik die meisten
dieser Lokomotiven zur Überholung überwiesen. Oftmals wurde durch das
Anfertigen von neuen kupfernen Feuerbuchsen, usw. eine Vollreparatur
vorgenommen.
Bild
58: Die Komnick LKWs im Dienst bei der Armee in Litauen, Kowno (heute Kaunas). Anfang
der 20er Jahre
Bild 59: Komnick LKW im Dienst bei der Armee in Litauen, Kowno (heute Kaunas). Anfang
der 20er Jahre
Nach dem Ersten Weltkrieg wollte Franz Komnick
das Gelände des großen militärischen Flugplatzes (350 000 m²) mit seinen modernen
Hallen und Gebäuden erwerben. Nach dem Versailler Diktat mussten
auf allen Flugplätzen des Deutschen Reiches aber sämtliche Anlagen durch
Sprengung restlos vernichtet werden, so natürlich auch in Elbing. Nach
schwierigen Verhandlungen gelang es Komnick mit Zustimmung
der Interalliierten Kontroll - Kommission das Gelände mit den Hallen zu
erwerben und die Hallen vor der Sprengung zu bewahren. Es wurde
nur eine kleine Sprengung "pro
forma" vorgenommen, die keinen großen Schaden anrichtete.
Auf dem
Flughafengelände wurden dann zuerst landwirtschaftliche Maschinen, Dampfmaschinen und Rohölmotoren gefertigt.
Sowohl von den Dampfpflügen, als auch von den Motorpflügen musste eine
größere Anzahl nach dem Ersten Weltkrieg für die Waffenstillstands - Kommission
geliefert werden. Wie
beliebt die Komnick - Motorpflüge in überseeischen Ländern waren, mag daraus zu
ersehen sein, dass schon kurze Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wieder ein Komnick
die Reise nach dem fernen Argentinien antrat.
Bild 60: Verfahrbare Komnick - Dampfmaschine mit Komnick -
Breitdreschmaschine und Förderband.
Im Frühjahr 1922 wurde die Automobilfabrik in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Kommerzienrat Dr.-Ing. eh.
Komnick hielt 3/5 des Kapitals in Familienbesitz und wurde alleiniger Vorstand.
Mit dem Gang an die Börse wollte man Kapital für die Modernisierung des
Betriebes gewinnen.
In den 20er Jahren standen erst noch Pferdedroschken auf dem Friedrich-Wilhelm-Platz
und in der Friedrichstraße am Rathaus. Sie mussten aber bald den Auto-Taxen der
Fuhrunternehmen Ing. Nocon und Traugott Damerau weichen. Sie hatten Mercedes, NAG und
Protos - Wagen. Herr Renters (Fahrräder und Nähmaschinen am Alten Markt nahe des
Markttors) fuhr einen Wanderer-Wagen mit zwei hintereinander liegenden
Sitzen.
1921/22 gab es in Elbing noch keine
Tankstellen. Wer Benzin brauchte, fuhr zu einer Benzin-, Öl- und Fettehandlung oder zu einer Drogerie. Das Benzin wurde
mit einer Fasspumpe aus Weißblech aus dem Fass in eine Messkanne gepumpt und in
den Fahrzeugtank eingefüllt. Dann fuhr man davon. Als später Aral, BP und
Shell die ersten Tankstellen bauten, war es einfacher. Man verlangte 20 Liter
oder den Tank voll.
1923 wurde bei Komnick auch die Fertigung von
Personenwagen mit dem von Josef Vollmer entwickelten Typ C2 wieder aufgenommen.
Im Unterschied zu dem PKW der Vorkriegsfertigung hatte der neue C2 einen vor dem
Motor angebrachten Spitzkühler und leistete erst 32, später dann 45 PS. Die
neuerliche PKW-Produktion sollte allerdings nur ein kurzes Intermezzo bleiben,
denn schon 1927 konzentrierte man sich bei Komnick wieder voll auf die
Nutzfahrzeuge.
Anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Maschinenfabrik (1923) und als
"Anerkennung für seine Dienste um den technischen Fortschritt und die
Entwicklung der Industrie im Osten" erhielt Franz Komnick von der
Technischen Hochschule in Danzig den Titel "Ehrendoktor"
(Dr.-Ing. eh.).
Zum großen Leidwesen Franz Komnicks hatte sich sein
Tragpflug (Motor und Pflug in einem Körper), auf den er große Stücke
hielt, nicht durchgesetzt. Er wurde fast vollständig durch den in den
Vereinigten Staaten schon lange entwickelten, vielseitig verwendbaren
Schlepper verdrängt, der durch einen angehängten Pflug zum
Ackerschlepper gemacht werden konnte. Auf Grund der Ergebnisse einiger großer
Leistungsprüfungen entschloss sich F. Komnick nunmehr auf Anraten
staatlicher Stellen zum Bau von Straßen- und Ackerschleppern in
Zusammenarbeit mit der Bau- und Vertriebsgemeinschaft Benz-Sendling,
München. Er baute seine Schlepper-Fahrgestelle, deren Stärke
sich stets besonders bewährt hatte, und Benz-Sendling lieferte aus seinem
süddeutschen Werk für den Ackerschlepper seinen Dieselmotor. Die Verwendung des billigen Diesel-Kraftstoffes verbilligte die
Betriebskosten erheblich. Als Markenzeichen verwendete Komnick das von
seinen Fahrzeugen bekannte Schild des Deutschen Ordens in einem runden
blauen Feld. Über dem Ordenswappen befand sich in einem Halbrund der Name
"Komnick".
Bild
61: alte Komnickreklame
Traditionsgemäß fiel ein hoher Exportanteil der Maschinen- und der
Automobilfabrik auf Russland, sogar noch fünf Jahre nach der russischen
Oktoberrevolution. Mit der Einführung der Rentenmark im Spätherbst 1923 kam
nach den unerträglichen Schwankungen der Inflation das Wirtschaftsleben
wieder in geregelte Bahnen. An Aufträgen fehlte es den beiden Fabriken
kaum. Auch Behörden und Wehrmacht wurden in steigendem Maße zu
Abnehmern.
Bild 62
: Kolonnenfahrt von Lastwagen der Reichswehr nach Elbing im Mai 1922 - Teilaufnahme des Zuges.
Im
Hintergrund ist die "Ostpreußische Überlandleitung" zu sehen.
Reichspost, Schutzpolizei und andere Behörden bestellten
die Komnick - Lastwagen, Mannschaftswagen und Busse.
Bild 63 + 64: Komnick - Autobusse für die Reichspost
Die Reichswehr kaufte mehrmals 50 - 100 Fahrzeuge. Ebenso wurden Autobusse
und Schlepper an die Städtischen Verkehrsbetriebe von Königsberg und Gumbinnen
geliefert. Mit den von Komnick gebauten Omnibussen fuhren Post und
Privatunternehmen Tausende von Kilometern. Zunächst sah man Lastwagen mit
Vollgummireifen, wie sie auch die Brauerei Englisch Brunnen hatte. Sie rollten
durch die Straßen, dass die Fenster der Häuser zitterten. Bald wurden die
Fahrzeuge mit Luftreifen bestückt. Sie rollten nun leichter und federnder und
die Geschwindigkeit wurde schneller. Postbusse fuhren von Elbing nach Danzig
über Einlage an der Nogat und bei Neumünsterberg über die Weichsel. Die Fahrt
dauerte damals 2 1/2 Stunden, weil die Motoren auf 30 Stundenkilometer
gedrosselt waren. Doch nicht nur die Post, sondern auch Privatunternehmen wie
Herr Hartmann, befuhren die Strecke. Trotzdem waren die Plätze oftmals knapp,
so dass mancher auf dem Dach sitzen musste. Die Abfahrt erfolgte in der
Wilhelmstraße vor dem Hotel Rauch.
Bild
65: Vergrößerung eines Kraftpoststempels
Bild
66: Komnick - Großschlepper zieht 12 beladene Müllwagen der Stadtverwaltung
Elberfeld. (Werbepostkarte)
Bild
67: Der
Komnick-Schlepper zeigte sich auch bedingt geländetauglich
Bild
68: Ausschnitt aus obiger Aufnahme
Bild 69: Transport
eines Dampfkessels durch die Holländer Chaussee in Elbing (20er Jahre)
Im
Jahr 1924 begann man bei Komnick mit der Fertigung von
Niederrahmen-Fahrgestellen für Omnibusse und Spezialfahrzeuge. In einem
Firmenprospekt der Firma Komnick aus dem 20er Jahren stehen darüber folgende
Informationen:
"Während für Aussichtswagen im Interesse des freien
Ausblicks häufig normalte Fahrgestelle verlangt werden, bevorzugt man für
Omnibusse Niederfahrgestelle, weil sie einen sehr bequemen Einstieg sowie ein
ruhiges schaukelfreies Fahren, selbst in Kurven, gewährleisten. Das
Niederfahrgestell schont auch wegen seiner ruhigen Gangart die Karosserie,
die infolgedessen im Bau leichter gehalten sein kann, was sich wieder sehr
günstig auf das Gesamtgewicht des Fahrzeuges, sowie dessen Brennstoff- und
Gummiverbrauch auswirkt.
Für den Aufbau der Omnibusse verwenden wir
ein Gerippe, dessen Hauptsäulen aus gebogenen Eschenspannten hergestellt
werden. Dach, Spirgel, Rückwände und Radkästen sind ebenfalls gebogen und
bestehen aus bestem Buchenholz, die Türsäulen aus bestem Eschenholz. Die
Hauptspannten sind durch Stahlschienen verstärkt. Als Außenbekleidung wird
rostfreies beiderseitig dekapiertes Eisenblech von 1 mm Stärke verwendet. Das
Dach wird aus Kiefernstabbrettern angefertigt, ist innen weiß lackiert und
oben mit wasserdichter Segelleinwand abgedeckt. Wird eine Gepäckgalerie
gewünscht, so wird es außerdem mit Zinkblech und Lattenbelag versehen.
Die
Seitenwände im Innern der Karosserie sind mit naturlackieren Sperrplatten
bekleidet und mit Eschen- oder Eichenleisten eingefasst. Die unteren Teile der
Seitenwände erhalten einen Linoleumbelag. Der Fußboden besteht aus bestem
Kiefernholz und wird ebenfalls mit Linoleum belegt. Die Fenster sind rahmenlos
oder in Metallrahmen eingefasst. Die Türen erhalten selbstschließende
Schlösser besten Fabrikats. Der Führersitz ist ganz geschlossen, aber mit
ausstellbarer Windschutzsscheibe ausgestattet."
Bild
70: Niederfahrgestell
Type 2 N für Omnibusse mit 24 bis 30 Sitzplätzen (Komnick-Prospekt, 20er
Jahre)
Es folgen noch fünf weitere Abbildungen aus demselben Firmenprospekt (Bild
71-75):
Komnick-Omnibusse
vor der Marienburg, dem historischen Ordensrittersitz
von
oben nach unten: Schnellomnibus mit 20 Sitzplätzen und 6facher
Riesenluftbereifung 32X6", Überlandomnibus mit 24 Sitzplätzen und
6facher Riesenluftbereifung 36x6", Omnibus der Deutschen Reichspost mit
28 Sitzplätzen und 6facher Riesenluftbereifung 38x7".
von
oben nach unten: Stadtomnibus mit Stehperron mit 23 Sitz- und 14 Stehplätzen
und 6facher Riesenluftbereifung 38x7", Stadtomnibus mit Stehperron mit 16
Sitz- und 12 Stehplätzen und 6facher Riesenluftbereifung 36x6",
Großverkehrs-Omnibus mit 75 PS Sechszylinder, 30 Sitz- und 12 Stehplätzen
und 6facher Riesenluftbereifung 40x8".
von
oben nach unten: Überland-Omnibus mit 32 Sitzplätzen und 6facher
Riesenluftbereifung 38x7", Schnellomnibus mit 23 Sitzplätzen und 6facher
Riesenluftbereifung 36x6", Omnibus der Deutschen Reichspost mit 18
Sitzplätzen und 6facher Riesenluftbereifung 36x6".
Innenansicht
eines Großverkehrs-Omnibusses (oben) und eines Stadtomnibusses mit Stehperron
(unten)
Auf der Referenzliste des Prospekts stehen außerdem noch die
"in letzter Zeit gelieferten Omnibusse".
Städtische
Betriebe, Insterburg (8), Städtische Werke, Marienburg, Westpr. (2),
Städtische Werke und Straßenbahn, Königsberg, Pr. (1), Autobusverkehr
Hoffmann & Co., Danzig, Langermarkt (8), Peters Autobusverkehr
Danzig-Praust (4), Autobusbetrieb Theodor Raabe, Danzig (1),
Omnibus-Stadtverkehr Dt.-Eylau, Inh. E. Weinert (2), E. Schwertz, Wartenburg,
Ostpr. (2), Istvan Hirmann, Budapest, V. Alkotmany utca 20 (1), Kommunaler
Autobusbetrieb b. Stadt Esztergom, Ungarn (1), Walter Blöhm, Sensburg, Hotel
Deutsches Haus (1), Bergedorf-Geesthachter Eisenbahngesellschaft, Hamburg (1),
Allgemeine Ortskrankenkasse, Berlin (1), Oberpostdirektion Gumbinnen (31),
Oberpostdirektion Königsberg, Pr. (28), Oberpostdirektion Potsdam (9),
Oberpostdirektion Köslin, Pommern (8), Postverwaltung der Freien Stadt
Danzig, (9), Kreisverwaltung Stuhm, Westpr. (2), Kreisverwaltung Marienburg,
Westpr. (3), Omnibusverkehr Elbing-Danzig (1), Omnibusverkehr
Elbing-Neukirch-Höhe (2), Schmidt, Wolfenbüttel b. Braunschweig (1), Gasthof
zur Forelle, F. Graness, Seebad Seeburg, Bez. Leipzig (1), "Auto" T.
z. OP. Gniezno, Polen, (2), Ostdeutsche Eisenbahngesellschaft, Königberg, Pr.
(1).
Es folgt noch Material aus drei anderen Prospekten
der 20er Jahre:
Bild
76: Lastanhängewagen
für 5-7 1/2 to, Nutzlast für den Bahnamtlichen Rollfuhrunternehmer Wilhelm
Menz in Angermünde
Bild
77: Zwei-
und Dreiseiten-Kipp-Anhängewagen für 5-7 1/2 to. Nutzlast für die
Königsberger Transport-Gesellschaft m.b.H.
Bild
78: Einachsige
Schnell-Last-Anhängewagen für 1 1/2-2 to. Nutzlast für Luftbereifung
Der
Komnickstand auf der DAMA (Deutsche Automobil- und Motorrad-Ausstellung) 1925
warb, neben den bereits beschriebenen Drei- und Fünftonner Lastwagen, nun
auch für den Schnelllastwagen 1T. Dieses mit dem Motor des Personenwagens
ausgestattete Fahrgestell war in erster Linie als Basis für Omnibusse mit bis
zu 16 Fahrgastplätzen gedacht, fand aber auch für Kasten- bzw.
Pritschenwagen Verwendung. Ebenfalls neu waren ein
Zweitonner-Niederrahmen-Omnibus für bis zu 30 Personen und ein leichtes
LKW-Fahrgestell für zwei oder zweieinhalb Tonnen Nutzlast. Der Lastwagen war
mit dem bekannten 60 PS-Motor ausgerüstet und konnte wahlweise mit Elastic-
oder Riesenluftreifen geliefert werden.
1926 wurde dann der Schnellomnibus des
Typs 2N angeboten, der mit mechanischer Vierradbremse aufwarten konnte. Auf
der DAMA desselben Jahres präsentierte Komnick seinen neuen
Sechszylindermotor, der sowohl in den LKW als auch in den Bussen zum Einbau
gelangte. Er leistete 75 PS. Außerdem hatte Komnick Mitte der zwanziger Jahre
auch einen 40 PS starken Universal-Kraftschlepper im Programm, der sich bei
der Kundschaft recht großer Beliebtheit erfreute.
Im Jahre 1926 waren in den Komnickwerken ca. 5000 Menschen beschäftigt (siehe
Lockemann, DARI-V. 1926). Komnick baute u. a. auch Krankenwagen, beschränkte sich aber
mehr und mehr auf die Herstellung schwerer Fahrzeuge und spezialisierte sich ab
1927 auf LKW und ähnliche Wagen.
Bild 79:
Sanitätsautomobil für die Berufsfeuerwehr Elbing aus dem Jahr 1926.
Bild 80: Dieses Komnick-Modell 8/45 mit Torpedo-Karosserie stammt aus
dem Jahr 1926. Es ist fast identisch mit dem Typ 8/30 auf der folgenden
Abbildung.
Bild
81: Die Fahrzeuge der Firma Komnick nahmen weiterhin an
verschiedenen Wettfahrten teil. Auf
diesem Foto ist Otto Komnick, der Sohn des Firmengründers, auf dem Typ 8/30,
als Sieger bei einer Rennveranstaltung in Ostpreußen zu sehen - ca. Mitte der 20er Jahre.
Bild 82: "Der Rote Teufel"
- Otto Komnick mit seinem
roten Rennwagen - hier leider nur in schwarz/weiß - (ca. Mitte der 20er Jahre)
Der Elbinger Ewald Passenheim berichtet über seine ersten
Erfahrungen als Fahranfänger im Jahre 1927: "Anno dazumal hatten die Wagen noch die Steuerung rechts. Man
saß rechts und Schalt- und Bremshebel waren außen am Wagen angebracht. Doch
ehe man zum Fahren kam, musste man - wie heute - den Führerschein
erwerben. Dazu war das Alter von 18 Jahren Voraussetzung. Beim Kreisarzt
bekam man gegen eine Gebühr ein Tauglichkeitsattest ausgestellt, mit dem man
sich zum Unterricht anmelden konnte. Einer der Elbinger Fahrlehrer war damals der
Mechanikermeister Johannes Urbanski, der eine Motor- und Fahrradhandlung in der
Heiligen Geist-Straße hatte. Prüfer war Ober - Ing. Kruchen vom
Dampfkesselüberwachungsverein. Bei der Führerscheinprüfung musste man 5
Fragen beantworten.
Am Lenkrad waren damals 3 Hebel: der Gashebel, der
Lufthebel und der Zündungshebel. Nun hieß es den Motor anlassen. Das geschah
durch die Kurbel vorne am Motor. Gashebel, Luft und Zündung durften nicht zu
stark eingestellt werden, da sonst die Kurbel bei zu starker Frühzündung
zurückschlagen konnte. Dabei hat sich schon mancher den Unterarm gebrochen. Die
bequemen Anlasser, wie wir sie heute kennen, gab es erst viel später. Sobald
der Motor lief, ging die Fahrt los. Bei jedem Hindernis musste man hupen. Das
erfolgte durch eine von Hand betätigte Ballhupe. Die Richtung, die man
einschlagen wollte, wurde durch einen herausgestreckten Arm und später durch
Winker, die an den beiden Seiten der Türe angebracht waren, angezeigt. Die
Fußgänger auf den Straßen Elbings schimpften, wenn ein Auto oder gar ein
Motorrad vorüber fuhr und auch die Polizisten, die an wichtigen Kreuzungen
standen, beobachteten argwöhnisch das Verhalten der Vehikel.
Bild 83: LKW Komnick E3W beim Bau der Turkestan-Sibirischen Eisenbahn
1928.
5. Teil oder Index
Copyright Christa Mühleisen |