Westpreußen Brauchtum: Trachten


Volkstrachten im Landkreis Elbing  von Christa Mühleisen zusammengestellt


Noch im 19. Jahrhundert bestand auf der Elbinger Höhe eine besondere Volkstracht. Sie wird von einem Augenzeugen folgendermaßen geschildert:

"Die Männer haben einen langen blautuchenen Festrock, ohne Kragen, mit kurzer Taille und großen besponnenen Knöpfen. Bei Gastgeboten erscheint der Wirt in seiner mit buntem Kattun bezogenen Unterjacke, über welche er eine auch auf der Rückseite aus Tuch bestehende Weste - eine sogenannte "ganze Weste" - gezogen hat. Knaben und Junge Leute tragen auch des Sonntags gewöhnlich eine solche Unterjacke und Tuchweste und kommen damit auch zur Kirche.

Im Winter bis tief in den Sommer hinein tragen die Wohlhabenderen einen langen weißen Pelz, in neuerer Zeit mit grünem oder dunkelfarbigem Zeug überzogen, ferner eine Pelzmütze von eigentümlicher Form; sie hatte in  früherer Zeit einen Boden von Tuch und eine Verbrämung von Pelz, die über den Boden hervorragte, vorn und an beiden Seiten spitz zulief, hinten aber niedriger als vorne war.


Pomehrendorferin in ihrer Festkleidung

Die Festkleidung der Frauen bestand in einem schwarzen Tuchrock, der unten mit einem breiten schwarzseidenen Bande übernäht war, aus einer schwarzen Jacke mit ausgepufften Ärmeln und mit Litzen, die vorne zusammengeknöpft waren und die Enden des nun um den Hals gelegenen Tuches einschlossen und aus einer weißen, großen Schürze, aus weißen Strümpfen und Lederschuhen oder Lederpantoffeln. 

Das Haar wurde glatt nach hinten gestrichen und fest am Hinterkopfe zusammengedreht, es wurde von einer kleinen schwarzsamtenen Kappe - einer Storchkappe oder Schauermütze - bedeckt, welche an beiden Seiten 
halbkreisförmige, auf Draht in regelmäßige Falten gelegte Schauer von weißem Zeuge hatte. An Stelle dieser Storchkappe trat in späterer Zeit meist eine weiße Piquetmütze, um welche ein schwarzseidenes, vorn in einer mächtigen Schleife endendes und das Haupthaar ganz verdeckendes Tuch geschlagen wurde. Wohlhabendere jüngere Frauen trugen schwarzseidene Mützen, seidene farbige Tücher und Schürzen.



Auf dem Truso-Archiv-Bild sehen wir eine Bäuerin in Pomehrendorf in ihrer
Alltagskleidung beim Buttern. (Elbinger Nachrichten, Uelzen, August 1982, 
S. 1) 


An den Werktagen trugen die Frauen farbige und gestreifte, mit buntem oder einfarbigem Seidenbande besetzte Röcke, dunkelblaue mit blanken Knöpfen besetzte Jacken, blau und weißbesetzte Schürzen, sowie Holzpantoffeln. Sie liebten es, mehrere Röcke übereinanderzuziehen, um die Taille hervortreten zu lassen." Die Tracht in der ehemaligen Starostei Tolkemit, d. h. also in der nordöstl. Ecke des Kreises, war anders als im Elbinger Gebiete und verwandt mit der ermländischen Volkstracht.



Ermländer Tracht, die im katholischen Norden des Kreises üblich war.

Die Volkstracht fand ihr allmähliches Ende im Laufe des 19. Jahrhunderts. In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts war sie schon vollständig verschwunden.

Bei ihrem Aufenthalt in Cadinen interessierte sich die Kaiserin für die untergegangene Tracht. Deshalb erschienen z. B. 1905 einige Pomehrendorfer Paare in wiederhergestellter Volkstracht in Cadinen und führten vor der Kaiserin einige Tänze auf.

(Kerstan, Lic. Dr. E. G.: Geschichte des Landkreises Elbing, Elbing: 
Verlag der Elbinger Altertumsgesellschaft 1925, mehrere Abb., 473 Seiten,
S. 102 + 103 + 2 Abbildungen)

Erntefest in Lenzen

Für das Erntefest wurden Leiterwagen mit Bögen geschmückt, die mit Ähren und Blumen umwunden waren. Die Pferde, die die Erntewagen zogen, wurden gestriegelt und ihre Hufe mit schwarzer Schuhcreme auf Hochglanz gebracht.

         Am Vormittag des Erntefestes fand ein Gottesdienst statt. Anschließend wurden die Leiterwagen mit vier Pferden bespannt und viele junge und fröhliche Mädchen fuhren darauf zum Dorffest. Es war immer ein richtiger Umzug, der auch viele Menschen aus dem Umkreis anzog. Mit viel Musik und Gesang ging man durch das ganze Dorf. Kinder mit Ährenbogen und Blumensträußen waren mit dabei. Der Umzug endete am Gasthaus „Zur Reichspost.“

Dort waren Schießbuden und Karussells  aufgebaut. Im Saal des Gasthauses konnten sich die Leute mit Kaffee und Kuchen stärken. Auch für Unterhaltung war gesorgt. Unter anderem wurden Theaterstücke aufgeführt und viele Turnerinnen und Turner zeigten ihr Können. Am Abend konnte bis spät in die Nacht das Tanzbein geschwungen werden.

 Irene Martens, geb. Kuhn aus Lenzen, Kreis Elbing, in Elbinger Nachrichten: Münster, September 2001, S. 3