VDA-Pfingsttagung in Elbing 1932

von Christa Mühleisen 

Vom 14. bis 16. Mai 1932 – zu Pfingsten – fand in den 1920 deutsch gebliebenen westpreußischen Städten Danzig, Elbing und Marienburg die damals traditionelle große Pfingsttagung des Vereins für das Deutschtum im Ausland, allgemein als V.D.A. bekannt, statt. Die Hauptveranstaltungen wurden in Elbing durchgeführt. Das lag wahrscheinlich daran, daß die Aufnahmekapazität Marienburgs wesentlich kleiner war und das deutsche Danzig außerhalb der Reichsgrenzen lag.

   Die Pfingsttagung der V.D.A.ten, wie sie damals genannt wurden, war vor allem eine Begegnung junger deutscher Menschen aus dem In- und Ausland. Die V.D.A.-Jugend und die vielen V.D.A.-Schülerkapellen standen im Vordergrund der nicht einfachen Vorbereitungen und immer wieder im Mittelpunkt des Geschehens jener Tage. Die Stadt hatte für die Unterbringung der Jugend- und Schulgruppen die Elbinger Schulen als Massenquartiere bereitgestellt. Für die Verpflegung waren der Gastronom Pastewski vom Restaurant „Zum Pilsener“ (Pilsner Eck), die Bäckerinnung, Fleischermeister Wichert und die Großmolkerei Schroeter zuständig. Die Brauerei Englisch Brunnen hatte auf dem Fabrikhof Neufeldt ein großes Zelt mit Tischen und Sitzplätzen für 2000 Personen aufgebaut. 

Reichspräsident Paul von Beneckendorff und von Hindenburg hatte folgendes Telegramm geschickt: „Den in Elbing versammelten Vertretern der Schutzvereinsbewegung des Auslandsdeutschtums und der deutschen Jugend danke ich für ihr treues Gedenken und für das Gelöbnis, auch in schwerster Zeit die Verbundenheit mit den deutschen Brüdern außerhalb der Reichsgrenzen zu pflegen und immer enger zu gestalten. Möge die Arbeit des V.D.A. stets von weiteren Erfolgen begleitet sein zum Segen unserer Deutschen Volksgemeinschaft.    v. Hindenburg, Reichspräsident.“

Die Pfingsttage 1932 waren für die Teilnehmer und für die Elbinger Bevölkerung ein großes Erlebnis. Es gab Konzerte in Vogelsang und in der Bürgerressource, im Erholungsheim und auch im Casinogarten, der dann später Stadtpark hieß.

 

 

 

Bild 01  Lithographie vom Gasthaus Vogelsang aus der Zeit vor 1905

 

 

 

Bild 02  Postamt, Bürger-Ressource, Neuer Markt, gestempelt am 3. 10. 1900

 

 

 

 

Bild 03  Erholungsheim in der Loeserstraße, gestempelt am 20. 9. 1915

 

Das Restaurant Erholungsheim in der Loeser- bzw. Zigarrenmacherstraße lag gegenüber der Zigarrenfabrik Loeser & Wolff und gehörte der evangelischen Kirchengemeinde. Es besaß den größten Fest- und Konzertsaal in der Stadt und einen "schattigen" Garten. 

Schuch, Hans-Jürgen: Elbing in alten Ansichtskarten. Würzburg: Flechsig Verlag 1988, 95 Seiten, S. 48.

 

 

 

 

Bild. 04  Casinogarten, AK vor 1905

 

 

An der Tagung nahmen auslandsdeutsche Jugendliche aus  Eupen-Malmedy, aus Österreich, Kopenhagen, Estland, Lettland und der Tschechoslowakei teil. Selbst eine Abordnung aus dem Balkan war angereist. Viele Tagungsteilnehmer waren mit dem „Seedienst Ostpreußen“ bis Pillau über die Ostsee gefahren und von dort mit Haffdampfern nach Elbing, wo sie alle herzlich begrüßt wurden. 

Höhepunkt der Pfingsttagung war der große Festumzug, über den noch lange in Elbing gesprochen wurde. Rund 8 Monate vor dem Ende der Weimarer Republik zogen alle Gruppierungen einträchtig an einem Strang und im Festzug mit. Von den Musikvereinen bis zu den Kriegervereinen, alle nahmen zusammen mit den Gästen teil, auch die Gewerkschaften, Betriebsgemeinschaften  und Studentenverbindungen. 


Bild 05 Fahnen des Militär- und Kriegervereins Terranova, Fahnenweihe 1912

 

Bild 06  Corpsstudenten mit ihren Fahnen

Die Elbinger Industrie und das Handwerk wurden vertreten durch Mitglieder von Schichau, Loeser & Wolff, Neumann, Schroeter, der Elbinger Zeitung, die Innungen, Büssing und Englisch Brunnen.

Die einzelnen Gruppen erinnerten auch an die Geschichte, indem sie z. B. als Ordensritter oder als Totenkopfhusaren auftraten und verwiesen auf die Grenzziehung von Versailles. Da wurden Grenzsteine gezeigt, das Westpreußenkreuz von Weißenburg und z. B. auf einem Wagen ein Großmodell der Danziger Marienkirche. 

Bild 07  Der Wagen des Deutschen Ostbundes erinnert mit dem Grenzstein an der Drei-Länder-Ecke bei Weißenberg/Kr. Stuhm an die Vierteilung Westpreußens. 

 

Bild 08  Dreiländerstein an der Weichsel. Er markierte von 1919-1939 die Stelle, an der gemäß dem Friedensvertrag von Versailles vom 28. Juni 1919 die Grenzen des Deutschen Reiches, Provinz Ostpreußen (D), der Freien Stadt Danzig (F.D) und der Republik Polen (P) aneinanderstießen.

Bild 09  Totenkopfhusaren aus Danzig-Langfuhr auf dem Alten Markt vor der Drogerie Sausse, Optik Müller und Schuhhaus Baehring.

   Im Rahmen der V.D.A.-Kundgebung in Elbing fand die 52. Jahrestagung in der Aula der Pädagogischen Akademie statt. Oberbürgermeister Merten entbot den Gästen den Willkommensgruß der Stadt Elbing. Er sagte: „ Wir dürfen stolz sein auf eine fast 700-jährige Geschichte. In kulturell hochwertiger Arbeit hat deutsches Wesen hier im Weichselland unsere Heimat geprägt. Das Versailler Diktat machte auch unser Elbing zur Grenzstadt. Ein Drittel seines damaligen Gebietes, und zwar der fruchtbarste Teil, wurde der neugebildeten Freien Stadt Danzig zugeschlagen, die Nogat wurde Grenzstrom. Unsere Stadt zeigt den Gästen ihren ganz deutschen Charakter in Häusern und Kirchen, auch im deutschen Bauernhaus draußen vor der Stadt. Dies schöne Ostland verdient wahrlich, daß um seinen Erhalt für Deutschland Opfer gebracht werden.

Bild 10  Dr. Carl Friedrich Merten (1874-1945) war von 1910-1934 Oberbürgermeister von Elbing

Es gab auch einen Fackelzug und schließlich Kundgebungen in Marienburg, Danzig und Königsberg. In Marienburg wurden die Festspiele besucht. Wie sehr die Tagung an die deutsche Volksgruppe in Polen dachte, zeigt eine erhalten gebliebene Ansichtskarte, durch deren Verkauf ein sogenanntes Notopfer für die deutschen Schulen in Polen gesammelt wurde. Es handelt sich um die hier gezeigte Ansichtskarte mit dem Ordensritter.

Bild 11  AK Ordensritter von vorn

 

Bild 12  AK Ordensritter von hinten


Heimat zwischen Weichsel, Nogat und Sorge - ein Bildband über den Kreis Stuhm/Westpreußen, hrsgg. vom Kreisausschuß des Heimatkreises Stuhm, zusammengest. von Bernd Braumüller, Selbstverlag des Heimatkreises
Stuhm 1982, viele Abb., 320 Seiten, S. 297: Abb. des Dreiländersteins bei Weißenberg.


Die 6 Ansichtskarten sind aus der Sammlung von Christa Mühleisen.

Elbinger Nachrichten, Uelzen: Juni 1977, Seiten 3-5.

Elbinger Nachrichten, Münster: Mai 1992, Seiten 9-11.

Schuch, Hans-Jürgen: Elbing – Aus 750 Jahren Geschichte der Ordens-, Hanse- und Industriestadt, Berlin/Bonn: Westkreuz-Verlag 1989, viele Abb., 168 Seiten, Foto Merten S. 89.