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die ,,Rechtschreibreform":
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Zur Herkunft, Schreibweise und Aussprache der Namen
"Pruzzen", "Prußen" und "Preußen"
1. Zur Schreibweise von "Preußen" mit Eszett
Jemand schrieb mir am 27. Mai 2003:
"Bei [der Schreibweise, MR] Westpreußen oder Westpreussen scheiden sich die Geister. Diese verschiedenen Begriffe
stehen in beiden Ausführungen sogar in vielen alten Büchern und oft kurz hintereinander. E-Bay nutzt diese Schreibweise
sogar zu vier Kategorien aus, wenn man da etwas verkaufen will, so schreibt man 'Westpreußen AK Elbing
Westpreussen' und steht mit dieser Zeile in vier verschiedenen Kategorien drin. In alter Zeit waren die Ureinwohner die Pruzzen oder
aber auch Prussen geschrieben aber nie Prußen. Wer will da dann noch so kleinlich sein, nach dem die Polen heute alle
diese Begriffe nur noch als Nostalgie betrachten?"
Das stimmt so nicht. Die Polen richten sich nicht nach den
Deutschen, sondern haben ein eigenes Sprachgesetz zum Schutz der polnischen Sprache verabschiedet. Warum sollten wir
Deutschen unsere Schreibweise internationalisieren und verhunzen lassen?
Die Schreibweise "Westpreussen" stimmt weder nach der auch heute bei 90 Prozent der Deutschen allgemein gebräuchlichen
traditionellen Orthographie des Duden bis zu seiner 20. Auflage, 1991, noch nach der sogenannten neuen
Rechtschreibung von 1996, sondern ist eine Beliebigkeitsschreibung, die eine der negativen Folgen der sogenannten Rechtschreibreform von 1996 ist. Man schreibt
"Westpreußen". Es wäre eine Blamage, wenn West- oder Ostpreußen nicht einmal das Wort "Westpreußen" oder
"Ostpreußen" richtig schrieben. Wir wollen ja keine Rückentwicklung in den mittelalterlichen Schreibwirrwarr,
der bis in das 19. Jahrhundert reichte. Dazu gehören auch falsche Schreibweisen wie
"aussen", "gross", "Gruss", "Grüsse", "Strasse", "weiss", die in der viersprachigen
Schweiz in den 30er Jahren nur deswegen eingeführt wurden, weil es auf den Schweizer französischen Schreibmaschinen
kein Eszett gab.
Gute Handwerker dulden keinen Pfusch. Wollen Handwerker z.B. auf DIN-Normen verzichten? Wollen Handwerker so "kleinlich"
sein und unbedingt an DIN-Normen festhalten? :-)) Es gibt übrigens auch DIN 5008, das sind die "Regeln für
Maschinenschreiben".... Wozu solch eine "kleinliche" Festlegung??? Im Mittelalter gab es so etwas doch
auch nicht. :-))
Es ist allgemein bekannt, daß auch der Computer z.B. mit
englischer Tastatur zum Verhunzen deutscher Schreibweisen beiträgt. Die Auslandsdeutschen haben oft ausländische
Tastaturen, auf denen es keine Umlaute und kein Eszett gibt, so daß sie diese erst mühsam mit Asci-Code herstellen
müssen, was aber aus Unwissenheit oft unterbleibt. Aber die Deutschen und insbesondere die Auslandsdeutschen haben ein
Anrecht auf eine fehlerfreie Präsentation des Kulturgutes "deutsche
Sprache".
Ähnlich wie einem ordentlichen Handwerker, der keinen Pfusch am Bau dulden möchte, ging es dem Gymnasialdirektor Dr.
Konrad Duden. Zur Zeit Konrad Dudens in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts war die Rechtschreibung in den
einzelnen deutschen Ländern durch Uneinheitlichkeit, Willkür und Verwirrung gekennzeichnet. Jeder Lehrer schrieb seine
eigene Rechtschreibung (Wurzel, Wolfgang Ullrich: Konrad Duden, 2. Auflage, Leipzig: VEB Bibliographisches Institut,
1985, S. 51). Auch heute sind sich (wie damals) infolge der sogenannten Rechtschreibreform oft zwei Lehrer derselben
Schule und zwei Journalisten der gleichen Zeitung nicht mehrin allen Stücken über die Rechtschreibung einig.
Auch Schriftsteller wollen sich nicht ihr Handwerkszeug, die Schriftsprache, verhunzen lassen. Warum soll eine
Dummschreibung oder Beliebigkeitsschreibung für
Schreibschwache eingeführt werden, wenn es eine
Qualitätsrechtschreibung der deutschen Schriftsteller gibt? Daher haben sich u.a. Siegfried Lenz, Reiner Kunze und
Günter Kunert dem "Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V." (VRS) angeschlossen, um sich gegen die
Verhunzung der Rechtschreibung zu wehren. Vgl. Kunze, Reiner: Die Aura der Wörter. Denkschrift (gegen die
Rechtschreibreform). Stuttgart: RADIUS-Verlag, 2002.
Bei "Westpreußen" oder "Westpreussen" scheiden sich
keineswegs die Geister, weil seit 1901 allein die Schreibweise mit Eszett gilt. Einen Rechtschreibwirrwarr
findet man evtl. in alten Büchern aus dem 18./19. Jahrhundert in Antiquaschrift. In Antiqua gesetzte
Fachbücher aus dem 19. Jahrhundert haben manchmal die "ss"-Schreibung, aber nur, weil es in der Antiquaschrift
häufig keine Eszett-Druckletter gab.
1901 aber entschied man sich für die Gottschedsche und
Adelungsche ß-Schreibung und gegen die in Österreich
zwischen 1871 und 1901 amtliche Heysesche ss-Schreibung. (Vgl. Thorwald Poschenrieder:S-Schreibung - Überlieferung
oder Reform? In: Eroms, Hans Werner / Munske, Horst Haider (Hrsg.): Die Rechtschreibreform. Pro und Kontra. Berlin:
Erich Schmidt Verlag, 1997, S. 173-183)
Seitdem gibt es in Deutschland und Österreich eine weitgehend einheitliche Orthographie, die u.a. auch im Duden festgehalten wurde. Seit 1903 wurde den Schriftgießereien
für Antiqua-Druckschriften (als Bleilettern) dann die Mitlieferung des Eszett vorgeschrieben. Wer also nach
1901/03 noch "Westpreussen" druckte, weil er keine Eszett-Lettern besaß, gehörte zu den Rechtschreibschlampern
wie z.B. viele Ansichtskartenhersteller. Dagegen wurde in jener Zeit in den Schulen die deutsche Schrift gelehrt, so
daß solche haarsträubenden Fehler wie "Westpreussen" in Handschriften kaum vorkommen konnten.
2. Zur Herkunft und Schreibweise der Namen "Pruzzen" und "Prußen"
Bernhard Lindenblatt schreibt in seinem Vorwort:
"Einer Erklärung bedarf die veraltete Schreibung 'Pruzzen'. Im Mittelalter wies das Auftreten eines Doppelkonsonanten,
im Gegensatz zu heute, hinsichtlich der Aussprache auf die Verlängerung des voranstehenden Vokals hin. 'Prussen' wurde
also 'Prußen' gesprochen. Heute ist man in der Wissenschaft jedoch weitgehend zu der Schreibweise
'Prußen' und damit zu der richtigen Aussprache auch im Schriftbild übergegangen.(Wenn im bereits erschienenen Band 2 zu diesem
Buch trotzdem die Schreibweise 'Pruzzen' verwendet wurde, geschah dies versehentlich entgegen meiner ursprünglichen
Absicht.)"
(Bernhard Lindenblatt: Alt-Preußenland: Geschichte Ost- und Westpreußens von der Urzeit bis 1701. Kiel:
ARNDT-Verlag, 2002, S. 6; Band 2: Bernhard Lindenblatt: Preußenland:
Geschichte Ost- und Westpreußens von 1701-1945. Kiel:
ARNDT-Verlag, 2001)
Bernhard Lindenblatt schreibt im Kapitel "Der Name Prußen und Preußen" über die Herkunft dieser Namen:
845 schreibt ein bajuwarischer Geograph von den "Bruzi". 965 nennt der
spanische Jude Ibrahim Ja'qub ihn in seiner Reisebeschreibung. "Nach 977 erwähnt auch der Stiefbruder und Begleiter des
heiligen Adalbert die 'Pruzzi' (sprich 'Prußi')." Um 1075 schreibt der Geschichtsschreiber Adam von Bremen von den "Sembi vel
Pruzi" (Samländern oder Prußen).
Zur Bedeutung des Namens bietet Lindenblatt die
glaubwürdigste Erklärung an: "Erstmals sollen die Vorfahren der Polen die Bewohner des Preußenlandes
'Poruzzi' (sprich 'Porußi') genannt haben, woraus der Name 'Pruzzen' (sprich
'Prußen') entstand. Dieser soll von dem Wort 'Russen' und dem polnischen Fürwort 'po' stammen, das 'bei' oder 'an'
heißt. Somit würde Prußen etwa 'die an den Russen wohnen' bedeuten. [...] Die Prußen haben zwar nie 'an den Russen'
gewohnt, aber die damaligen Vorfahren der Polen könnten das angenommen haben. Die Prußen selbst kannten diesen Namen
nicht [...] Es ist aber anzunehmen, daß nach ihrer Unterwerfung dieser Name auch von den Prußen übernommen wurde, denn das Adverb 'prusiskai' und das Adjektiv
'prusiskan' sind überliefert.
[...] Die mittelalterliche Schreibweise 'Pruzzen' entspricht
dem Lautbild 'Prußen'. Da es damals den Buchstaben 'ß' nicht gab, schrieb man diesen Laut mit 'zz'; ein Doppelkonsonsant
deutete zudem auf die lange Aussprache des voranstehenden Vokals. Aus 'Pruzzen' bildete sich gegen Ende des
Mittelalters das hochdeutsche Wort 'Preußen' sowie der lateinische Begriff
'Borussia'.[...] Der Name des eingesessenen Volkes blieb auch nach seiner Unterwerfung durch den Deutschen Ritterorden bestehen. Der
neue deutsche Stamm, der sich aus den baltischen Prußen und den Einwanderern bildete, nannte sich weiterhin Preußen, und
der Staat hieß 'das Ordensland Preußen'.[...]" (Bernhard Lindenblatt, S. 47)
Der Deutsche Orden, der im Laufe seines Eroberungskrieges gegen die Prußen große Gebiete leergemordet und
leerdeportiert hatte (Lindenblatt, S. 51), verbot zunächst die prußische Sprache. "Der Orden wußte nicht, daß er damit
eine Sprache auslöschen wollte, die philologisch gesehen seiner eigenen weit überlegen war." Aber als er merkte, daß
man eine Sprache nicht verbieten kann, fertigte er sogar Wörterbücher in
prußisch-deutscher Sprache an. Dennoch erlosch die prußische Sprache gegen Ende des 17.
Jahrhunderts. Eine Menge prußischer Wörter ging in den allgemeinen Sprachgebrauch der späteren deutschsprechenden
Bevölkerung ein und blieb in Tausenden von Orts- und Familiennamen erhalten. Lothar Kilian führt 31 Werke über die prußische Sprache auf, vgl. Kilian, Lothar: Zu Herkunft
und Sprache der Prußen. Bonn: Habelt, 1980 (Lindenblatt, S.56).
3. Fraktur und Antiqua
Neben der Verhunzung der Schriftsprache durch die sogenannte Rechtschreibreform ist die Verhunzung der Frakturschrift,
der Schrift der Lutherbibel, ein weiteres trauriges Kapitel der Kulturzerstörung.
Die Einführung der Antiqua (lateinische Schrift) hat in der
Frakturschrift (gotische oder deutsche Schrift) einen
Wirrwarr in der s-Schreibung angerichtet. Immer mehr
Schriftsetzer vergaßen das Lang-s und schrieben falsch mit Rund-s. Das kann man ganz gut schon vor 1941 auf alten
Ansichtskarten und heute auf manchen Speisekarten
beobachten. Seit Hitler im Jahre 1941 die Fraktur verbot,
beherrschen immer weniger Deutsche und sogar Schriftsetzer die Frakturschrift. Eine schöne st-Ligatur mit Lang-s sieht
man in der Überschrift von www.westpreussen-online.de/. In
www.bfds.de steht ein Link
www.ligaturix.de/. Dort wird ein kostenloses Fraktur-Programm zum Herunterladen angeboten.
Wer in der Fraktur unsicher ist, bräuchte nur in die
Rechtschreib-Duden bis 1941 hineinzuschauen, die alle in
Fraktur erschienen, bis Hitler 1941 die Fraktur als
"Schwabacher Judenlettern" verbot. Seit 1942 erschien der Duden in Antiqua, damals "Normalschrift" genannt. ... Duden
in Frakturschrift gibt es bereits für wenige Euro bei
Ebay-Versteigerungen: http://cgi1.ebay.de/.
Über die Tücken der Fraktur gibt es einen interessanten
Artikel:Fritz H. Jörn: Fraktur - Eine Schrift mit Tücken und Ligaturen. Auch Computer-Fraktur bewahrt nicht vor der
s-Blamage.
www.joern.de/tipsn98.htm
Manfred Riebe
1.06.2003 (c)
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