Cadinen -Teil
5
Das Schicksal der Kaiserfamilie

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90: Bei dieser Jugendstilkarte müsste es sich um die Verlobungskarte
von Wilhelm, dem Kronprinzen des Deutschen Reiches und von Preussen und
von Cecilie, der Herzogin von Mecklenburg-Schwerin, Tochter des
Großherzogs Friedrich Franz III., handeln. Sie ist
folglich aus
der Zeit vor 1905, da das Kronprinzenpaar am 6.6.1905 im Berliner Schloss geheiratet hat.
Sie hatten 6 Kinder: Wilhelm
(4.7.1906 - 26.5.1940), Louis Ferdinand (9.11.1907 - 25.9.1994),
Hubertus (30.9.1909 - 8.4.1950), Friedrich (19.12.1911 -
20.4.1966),
Alexandrine (7.4.1915 - 2.10.1980) und Cecilie (5.9.1917 -
21.4.1975).

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91: Postkarte der Kronprinz- und Kronprinzessin-Stiftung des Deutschen
Kriegerbundes nach einem Gemälde

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92: Von 1911 - 1913 kommandierte Kronprinz
Wilhelm das in Danzig stationierte 1. Leibhusarenregiment.
Bild 93: Prinz Louis Ferdinand, Prinz Hubertus und Prinz
Friedrich von Preußen

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94: Kaiserin Auguste Victoria und ihre Tochter Victoria Luise,
der späteren Herzogin von Braunschweig (22.3.1910)

Bild 95: Die
Kaiserliche Familie, von links: Prinz Friedrich, Kronprinzessin Cecilie,
Prinz Wilhelm (gefallen 1940), Prinz Louis Ferdinand, Kaiserin Auguste Victoria und
Prinz Hubertus.

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96: Louis
Ferdinand, Prinz v. Preußen, der 2. Sohn v. Kronprinz Wilhelm u.
Kronprinzessin Cecilie.
Nach
dem Ausbruch der Novemberrevolution ging Kaiser Wilhelm II. am
10.11.1918 ins niederländische Exil und am 28.11.1918 erklärte er
seinen Verzicht auf den Thron. Die Kaiserin folgte ihm etwas später
nach. Sie lebten zunächst in Amerongen und ab 1920 in Doorn in der
Provinz Utrecht.

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97: Haus
Doorn, ein kleines Schloss, war der Wohnsitz des Kaiserpaares im
niederländischen Exil.
(Heute ist es ein Museum mit
Kunstwerken der Hohenzollernfamilie.)
Am 16. Januar 1919 forderten die Alliierten die
Niederlande auf, den nach Amerongen geflüchteten deutschen Exkaiser
Wilhelm II. zur Aburteilung als Kriegsverbrecher auszuliefern. Die
Niederlande lehnten das Ersuchen eine Woche später ab. Sie beriefen
sich auf die eigene Neutralität während des Krieges und auf
Rechtstraditionen, "die dieses Land stets zu einem Zufluchtsort
für diejenigen gemacht habe, die in internationalen Konflikten
unterlegen sind".
Kronprinz Wilhelm (1882-1951)
übernahm zu Beginn des 1. Weltkrieges das Oberkommando über die
5. Armee und im Oktober 1916 die Leitung der "Heeresgruppe
Kronprinz". Infolge der Novemberrevolution ging auch
er am 13.11.1918 in die Niederlande. Als Aufenthaltsort wurde ihm die
Insel Wieringen in der Zuidersee zugewiesen, wo er am 1.12.1918 seinen
Thronverzicht erklärte. Er konnte jedoch 1923 durch Vermittlung Gustav
Stresemanns nach Deutschland zurückkehren und lebte dann meist in Oels
(Schlesien) oder auf Schloss Cecilienhof in Potsdam.

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98: Totenkarte der Kaiserin Auguste Victoria mit Bildern aus dem Haus Doorn.
In der Mitte ist die Kaiserin mit dem Sohn des Prinzen Joachim zu sehen.
Nach dem Tode von Kaiserin Auguste
Victoria am 11.4.1921 in Doorn schloss der Kaiser im Jahre 1922 eine 2.
Ehe mit Prinzessin Hermine von Schönaich - Carolath, geb. Prinzessin
Reuß (1887-1947).

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99: Dieses seltene Foto von Kaiserin Hermine dürfte kurz nach der
Vermählung entstanden sein.

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100: Ein weiteres Foto von Kaiserin Hermine

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101: Wilhelm II. geb. am 27.1.1859 in Potsdam, von 1888-1918
Deutscher Kaiser und König von Preußen im Exil im niederländischen
Doorn. Hier starb er auch am 4.6.1941, ohne sein geliebtes Cadinen
jemals wieder gesehen zu haben.

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102: Am 2. Mai 1938 heiratete Louis Ferdinand Prinz von Preußen, Kira
Kirillowna (1909-1967), Großfürstin von Russland und Nichte des
letzten russischen Zaren Nikolaus II., aus dem Hause Romanow, nach
russisch-orthodoxem Ritus in der großen Halle von Schloss
Cecilienhof in Potsdam. Zwei Tage später folgte die evangelische
Trauung im niederländischen Doorn.

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103: Wilhelm
II. mit Prinzessin Kira und Prinz Louis Ferdinand am Tag der Trauung in
Doorn

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104: Hochzeitsfoto
nach der evangelischen Trauung in Doorn - hinter der Braut steht
Kronprinzessin Cecilie mit Kronprinz Wilhelm und Kaiser Wilhelm II. mit
seiner 2. Gemahlin Hermine.
Vom Ende des Ersten Weltkrieges bis etwa 1940 war das
Schloss von Cadinen nicht mehr bewohnt. Es war in dieser Zeit als eine
Art Museum für die Öffentlichkeit zugänglich.
Der letzte
Bewirtschafter von Cadinen vor 1945 war der Kaiserenkel Louis Ferdinand
Prinz von Preußen (1907-1994), das Oberhaupt des Hauses Hohenzollern.
Er machte 1925 sein Abitur in Potsdam, arbeitete bei Henry Ford in
Detroit als einfacher Automobilarbeiter am Fließband, stieg in der
Firma auf, wurde Flugzeugführer und trat in die Auslandsabteilung der
Lufthansa ein. Als ausgebildeter Blindflieger kam er zur deutschen
Luftwaffe, wo er alle Dienstgrade durchlief. Als Leutnant der Reserve
wurde er bei Kriegsausbruch im September 1939 eingezogen und einer
Luftwaffen-Transportgruppe zugeteilt.
Ein fürsorglicher
Kommandeur versetzte ihn als Blindfluglehrer an die
Luftwaffen-Blindflugschule Rahmel bei Danzig, um ihm eine Teilnahme an
dem für seine Einheit vorgesehenen Einsatz bei der Invasion Hollands,
des Gastlandes seines dort im Exil lebenden Großvaters zu ersparen. Die
überwältigende Anteilnahme am Tode von Prinz Wilhelm, der am 26.5.1940
in Nivelles/Frankreich, gefallen war, veranlasste Adolf Hitler,
den sogenannten Prinzen-Erlass zu verkünden, der den Fronteinsatz aller
Hohenzollernprinzen verbot. Louis Ferdinand war noch
bis Ende 1941 im Dorf Rahmel stationiert. Dann wurde sein Antrag auf
Freistellung vom Wehrdienst genehmigt, da er als Verwalter der
Familiengüter dringend gebraucht wurde. So
zog er mit Frau und Kindern nach Cadinen. Sein Vater, der ehemalige
Kronprinz Wilhelm und letzter Besitzer von Cadinen, hatte ihn als
Generaladministrator mit der Verwaltung des Familienbesitzes am Frischen
Haff betraut.
Auf Cadinen wurde das harmonische Landleben von
Louis Ferdinand Prinz von Preußen und seiner Gemahlin, Prinzessin
Kira , ständig von den
beiden Gutsverwaltern gestört, die begeisterte Nationalsozialisten
waren. Da Louis Ferdinand von Hause aus kein Landwirt war, konnte er
ohne die Verwalter nicht auskommen, denn sie waren in ihrem Beruf sehr
tüchtig. Als er trotzdem versuchte, sich von ihnen zu trennen, schlug
es fehl. Sie terrorisierten die Gutsarbeiter und zwangen sie, mit 'Heil
Hitler' zu grüßen, was diese immer unterließen, sobald die Verwalter
nicht in der Nähe waren. Die einzigen Gutsbeamten, denen er politisch
trauen konnte, waren der Direktor Wilhelm Dietrich, der die
Majolikafabrik leitete, und Otto Braun, Rendant und
Bürgermeister in einer Person.
Der Kaiser hatte Dietrich 1909
als Lehrling eingestellt. Er stammte aus Lichte im Thüringer Wald,
einer durch Glas- und Töpferwaren berühmten Gegend. Braun, ein
ostpreußischer Bauernsohn, war mit Cadinen und dem kaiserlichen Hause
mit allen Fasern seines Herzens verwachsen. An beiden hatte Louis
Ferdinand eine große Stütze.
Trotz der Bespitzelung hatte
niemand den Prinzen und seine Gemahlin im Verdacht, in die Verschwörung
des 20. Juli gegen Hitler und sein System verstrickt zu sein. Im Juli
1942 trafen sie sich mit Carl Friedrich Goerdeler von der
nichtkommunistischen Widerstandsbewegung.
Nach dem Attentat vom 20.
Juli 1944 wurde Louis Ferdinand im Schloss Cadinen vom Elbinger
Gestapochef verhört. Dass die Verbindung des Prinzen zum Kreis der
später hingerichteten Verschwörer nicht entdeckt wurde, führte er
darauf zurück, dass seine Freunde vom 20. Juli ihn trotz Folter nicht
verraten haben. Das hat ihm damals das Leben gerettet.
Louis
Ferdinand, der im August 1944 seine Familie auf einem Hohenzollerngut in
der Mark Brandenburg unterbrachte, blieb in Cadinen, das er am 25.
Januar 1945, eine halbe Stunde vor Ankunft der sowjetischen Truppen, mit
dem letzten Flüchtlingstreck verließ. Glücklicherweise war das
Frische Haff zugefroren. So konnten sie bei bitterkaltem Wetter mit
Pferdeschlitten über das Eis fliehen und sich in Sicherheit bringen.
Mehrere
Bewohner Cadinens, die nicht fliehen konnten, wurden von den Russen
verschleppt und auf Lastwagen in Richtung Preußisch Holland
transportiert. Sie konnten erst nach Kriegsende vorübergehend wieder
nach Cadinen zurück, bevor sie endgültig aus ihrer Heimat ausgewiesen
wurden.
Gemeindeschwester Alwine Radtke, die Leiterin des Cadiner
Altenheims wollte ihre Schützlinge nicht hilflos den Russen
überlassen. Sie ist in Cadinen geblieben. Ihr wird der folgende
Artikel gewidmet:
Der Engel von Cadinen

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105: Schwester Alwine Radtke
So
wurde Schwester Alwine nach der Besetzung von den zurückgebliebenen
Deutschen genannt, weil sie die Russen vor vielen Gewalttaten abhielt.
Sie war nicht geflüchtet, um weiter für die 30 Insassen des
Altersheims von Cadinen sorgen zu können. Um die Russen friedlich zu
stimmen, spielte sie ihnen einmal auf dem Harmonium vor. Zum Schluss küsste ihr einer der Soldaten die Hand, zeigte ihr sein Kreuz, das er
heimlich auf der nackten Brust trug, und sagte: "Ich danke ihnen im
Namen meiner Kameraden, Mutter."

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106: Das Cadiner Altersheim (18.8.1927)
Schwester Alwine ist bis 1947 in
Cadinen geblieben. Erst als alle ihre Schutzbefohlenen im Altersheim
gestorben waren, ging sie in den Westen. Sie starb später im Danziger
Mutterhaus an einer Lungenentzündung. Es gibt eine Totenliste mit
den Namen von 50 Cadinern, die Schwester Alwine begraben hat. Außer den
Bewohnern des Altenheims waren auch Kinder darunter und Cadiner, die von
den Russen erschossen wurden. Die Liste wird hier nicht
veröffentlicht. Wer sich dafür interessiert, soll sich melden bei
Christa-Muehleisen@Westpreussen-Archiv.de .
Nach Kriegsende lebten Kronprinz
Wilhelm und Kronprinzessin Cecilie in Hechingen und Stuttgart, während
ihr Sohn, Louis Ferdinand Prinz von Preußen mit seiner Familie auf den
Wümmehof bei Bremen übersiedelte. Da der älteste Sohn des
Kronprinzen, Prinz Wilhelm, 1940 gefallen war, wurde nach dem Tode von
Kronprinz Wilhelm am 20. Juni 1951, Louis Ferdinand Chef des Hauses
Hohenzollern.
Bild 107: Familienfoto von Louis Ferdinand Prinz von Preußen mit seiner
Familie (1952)
Von links nach rechts:
Friedrich Wilhelm (13 Jahre), Christian Sigismund (6 Jahre), Prinzessin
Kira, Michael Heinrich (12 Jahre), dahinter Marie Cecilie (10 Jahre),
Kira (9 Jahre), Louis Ferdinand (7 Jahre), auf dem Arm des Prinzen die
zweieinhalbjährige Xenia.

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108: Familienfoto mit Widmung von Louis Ferdinand Prinz von Preußen vom
4.5.1957. Die einzelnen Personen von links nach rechts: Christian
Sigismund (geb. 1946), Louis Ferdinand (1944-1977), Friedrich
Wilhelm (geb. 1939), Kira (1909-1967), Xenia (1949-1992), Michael
(geb. 1940), Kira (1943-2004), Louis Ferdinand (1907-1994), Marie Cecile
(geb. 1942). Die Kinder Kira und Marie Cecile wurden in Cadinen geboren.
Im Jahre 1962 baute sich der
Kaiserenkel die Villa Monbijou in Berlin. Die Burg Hohenzollern wird nur
noch für Familientreffen und als Museum genutzt.
Prinz Louis Ferdinand
und Prinzessin Kira hatten sieben Kinder: 4 Söhne und 3 Töchter.
Im Gegensatz zu seinen beiden
älteren Brüdern, deren "bürgerliche Messaliancen" sie von der Erbfolge
ausgeschlossen hatten, hatte der Bankkaufmann Louis Ferdinand von
Preußen am 24. Mai 1975 standesgemäß die Krankenschwester Gräfin
Donata zu Castell-Rüdenhausen geheiratet, getreu seinem Versprechen:
"Ich werde meinen Vater nie enttäuschen." Für Prinz
"Lulu", wie er in der Familie genannt wurde, galt Herkunft als
Verpflichtung und deshalb leistete er als erster Preußenprinz nach dem
Zweiten Weltkrieg - 1967 freiwillig seinen Dienst bei der Bundeswehr.
Er wollte Reserveoffizier werden. Mit 28 Jahren fing der Bankkaufmann
an, in Abendkursen für sein Abitur zu büffeln. Nachdem er jährlich
eine Wehrdienstübung abgeleistet hatte, wäre er im Oktober 1977 nach
einem Offizierslehrgang Leutnant der Reserve geworden. (Als seine
Vorfahren noch regierten, wurden deren Söhne mit 10 Jahren automatisch
Leutnant.)
Doch dazu kam es leider nicht mehr. Prinz Louis
Ferdinand junior, der die Nachfolge als Chef des Hauses
Hohenzollern übernehmen sollte, starb am 11. Juli 1977 im Alter
von 32 Jahren in einem Bremer Krankenhaus an den Folgen seiner schweren Verletzungen, die er
während einer Wehrübung als Fähnrich erlitten hatte.
Beim
Verladen gepanzerter Mannschaftstransportwagen auf den zur Kaserne
gehörenden Gleisanlagen war er zwischen zwei gepanzerte Fahrzeuge
geraten. Dabei wurde sein linkes Bein so stark gequetscht, daß es
amputiert werden musste. Außerdem erlitt er schwere innere
Verletzungen, an deren Folgen er zwei Monate nach dem Unfall verstarb. Unter
den Klängen des Chorals "Ich bete an die Macht der Liebe"
wurde dann der 32jährige Juniorchef des Hauses Hohenzollern in
Fischerhude bei Bremen zu Grabe getragen. An den Trauerfeierlichkeiten
nahm das gesamte Haus Preußen, sowie das von Castell-Rüdenhausen teil.
Außerdem war Victoria Luise, Herzogin von Braunschweig, anwesend, die
letzte Tochter des Kaisers Wilhelm II. Weiter nahmen an der Trauerfeier
Erzherzog Otto von Österreich, sowie Großfürst Wladimir von Russland
teil, sowie die Chefs verschiedener Fürstenhäuser.
1982 fand
das Treffen der Cadiner, das Margot Wolf viele Jahre organisiert hat,
in Hechingen auf der Schwäbischen Alb statt. Höhepunkt der
Veranstaltung war ein Empfang der Cadiner von Prinz Louis Ferdinand von Preußen, auf der Burg
Hohenzollern.

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109: stehend: Prinzessin Xenia, Margot Wolf, sitzend: Prinzessin
Kyra, Prinz Louis Ferdinand und Rudolf Wolf auf der Burg
Hohenzollern.

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110: Die Burg Hohenzollern bei Hechingen in Baden-Württemberg

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111: Drei Generationen - Foto mit Unterschrift von Louis Ferdinand von
Preußen
Hier sieht man Louis Ferdinand senior mit seinem Enkel vor dem Gemälde
des Kaisers Wilhelm II. auf Schloss Hohenzollern. Der im Juni
1976 geborene Sohn des Verstorbenen, Georg Friedrich Ferdinand,
wurde nach dem Todes seines Großvaters Chef des Hauses Hohenzollern.

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112: Prinz Louis Ferdinand von Preußen mit seinem Enkel und Nachfolger
Prinz Georg Friedrich Ferdinand von Preußen (Foto von 1992)
Teil
6 oder Index
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