Schloss Finckenstein im ehem. Kreis Rosenberg in Westpreußen 

- von Christa Mühleisen  - 




Bild 1: Schloss Finckenstein mit Vorder- und Hinteransicht, Blick nach Belvedere und Blick über die Liebe nach dem Gaudensee.

Dorf und Schloss Finckenstein liegen sechs Kilometer nördlich der Kreisstadt Rosenberg (Susz) in dem westpreußischen Regierungsbezirk Marienwerder, der 1920 wieder mit Ostpreußen vereinigt wurde. 28 Kilometer östlich von Marienwerder, sind sie eingebettet in die leicht gewellte, seen- und waldreiche Landschaft zwischen dem breiten Stromtal der Weichsel und dem Höhengebiet des Oberlandes von Osterode. 


Teil 1: Geschichte Teil 1 und Architektur


Bild 2:  Gartenfassade von Osten, Farblithographie von Alexander Duncker 1866
  

Die Geschichte der Begüterung und des Dorfes Finckenstein reicht bis in die Ordenszeit zurück. Sie wird zuerst unter dem Namen "Hawirsdorf" 1339 urkundlich erwähnt und gehörte damals zum Bistum Pomesanien mit Sitz in Marienwerder. Pomesanien wurde in das 1525 durch Herzog Albrecht neugeschaffene Herzogtum Preußen einbezogen.

Am 13. November 1532 erhielt Georg von Polenz, der Vertraute des Herzogs und früherer Bischof des Samlandes, das Amt Schönberg mit dem Bestandteil "Habersdorf". 1547 verlieh dieser Habersdorf an Balthasar von Köckeritz. Am 7. Juli 1556 erhielten Georg von Polenz und sein Sohn und Lehnserbe Theophil gemeinsam die Generalinvestitur des Amtes Schönberg, in dem die "Habersdorffischen" Güter steckten. Der Enkel des Bischofs, Friedrich von Polenz auf Habersdorf, starb um 1613/14. Die nächsten Besitzer waren Christoph der Ältere und danach Christoph der Jüngere von Polenz. Dieser verkaufte am 18. Oktober 1653 die Güter des Hauses Schönberg und des Hauses Habersdorff für 42.000 Taler an Jonas Casimir Freiherr zu Eulenburg (1614-1667), Sohn der Elisabeth von Polenz. 

Der spätere Besitzer, Albrecht Conrad (Reinhold) Finck von Finckenstein (1660-1735),  hatte eine schwere Kindheit. In einem armseligen Bauernhause, wohin seine Eltern Zuflucht vor der Pest gesucht hatten, wurde er  wenige Tage nachdem sein Vater der Seuche erlegen war,  am 30. Oktober 1660 zu Saberau im Amte Soldau geboren. Drei Jahre danach verlor er auch seine Mutter. Als Waise zunächst bei seinem Onkel, dem Obersten von Rosen, aufgenommen, wuchs er von seinem siebenten bis sechzehnten Lebensjahr in Gilgenburg bei seiner Halbschwester Juliane Charlotte auf, die mit ihrem entfernten Vetter Ernst Finck von Finckenstein verheiratet war.

Ernst (1633-1717) - dem der junge Schwager seine sorgfältige Erziehung lebenslang dankte - war ein Mann von ungewöhnlichem Format. Der ehemalige Kammerjunker und Adjudant des Großen Kurfürsten hatte es verstanden, zu dem väterlichen Besitz, insbesondere dem Erbamt Gilgenburg, eine außerordentliche Gütermasse mit zwei weiteren preußischen Erbämtern zu erwerben und zu wirtschaftlicher Blüte zu bringen, weshalb er den Beinamen "der reiche Schäfer" erhielt. Seine Gestalt eines in Kriegs- und Hofdienst bewährten Edelmanns, der seinen Nachkommen mehrere ökonomisch gut fundierte Schlösser und Herrensitze erwarb, beziehungsweise selbst ausbaute, ist für Albrecht Conrad Vorbild gewesen, hat der ganzen Familie Finckenstein Maßstäbe gesetzt.   



Bild 3: Ernst Graf Finck von Finckenstein, "der reiche Schäfer", Kaminstück in der Eingangshalle des Schlosses.

Im Frühjahr 1676 folgte Albrecht Conrad seinem Halbbruder, dem brandenburgischen Kapitän Christoph Reinhold, auf den niederländischen Kriegsschauplatz, wo er als Freiwilliger im Heere Wilhelms III. von Oranien den Feldzug mitmachte, bis er im folgenden Jahr in der Schlacht bei Mont Cassel verwundet in die Hände der Franzosen fiel. Aus der harten Gefangenschaft konnte er sich durch den Eintritt in das französische Regiment Fürstenberg befreien. Er nahm an den Feldzügen gegen Spanien teil und wurde nach dreijährigem Dienst als Musketier zum Offizier befördert. Als Ludwig XIV. in die Pfalz einfiel und der Reichskrieg gegen ihn erklärt wurde, reichte der französische Kapitän 1689 seinen Abschied ein und erhielt in der brandenburgischen Armee eine Bestallung als Major. Im pfälzischen Krieg durch Tapferkeit und glänzende Truppenführung zum Brigadier aufgestiegen, hatte er im spanischen Erbfolgekrieg an der Seite von Prinz Eugen mehrfach die Gelegenheit sich auszuzeichnen. Die besondere Anerkennung des Prinzen Eugen,  die ungewöhnlich rasche Beförderung zum Generalleutnant (im März 1705) und die Amtshauptmannschaft  Crossen waren sein Lohn.

Am 5. Mai 1700 vermählte sich Albrecht Conrad Finck von Finckenstein mit der Hofdame Susanna Magdalena von Hoff (1676-1752), der Tochter eines Oberhofmarschalls in Kassel. Das kurfürstliche Paar selbst hatte die Hochzeit im Berliner Schloss ausgerichtet.

Im Jahre 1705 erwarb Albrecht Conrad Graf Finck von Finckenstein (1660-1735)  die  Habersdorfischen Güter aus Eulenburgschem Besitz für 78.100 Gulden  und machte sie zum Fideikommiss. Das Fideikommiss ist eine Einrichtung des deutschen Rechts, wonach ein Familienvermögen, in der Regel Grundbesitz, geschlossen in der Hand eines Familienmitglieds blieb. Dieses erhielt nur den Ertrag des Vermögens zur freien Verfügung.

Die Lage von Habersdorf war an dem damals viel größeren Gaudensee, wo der Fluss Liebe aus diesem ausströmt und die Richtung nach Riesenburg nimmt. Nördlich davon lagen Bornitz und Baadeln, östlich inmitten der großen Wälder Vogtenthal an dem Bensen-See, und nach Süden Rosenau und Michelau bis in die Nähe der späteren Kreisstadt Rosenberg.

Albrecht Conrad Finck von Finckenstein war von 1704-1706 Oberhofmeister des späteren Königs Friedrich Wilhelm I. und von 1718-1729 Oberhofmeister des damaligen Kronprinzen Friedrich. Bis zu seinem Tode 1735 genoss er das volle, Vertrauen Friedrich Wilhelms I., auf dessen Wunsch er 1716 - 1720 das Schloss Finckenstein erbaute. Es gehörte wie "Friedrichstein", "Dönhoffstädt" und "Schlobitten"  zu den sogenannten "Königsschlössern", die besonders großzügig und prächtig ausgestaltete Räume besaßen, um dem König bei eventuellen Reisen von Berlin über Marienwerder, Riesenburg nach Königsberg
  ein angemessenes Quartier bieten zu können. Über den Architekten, der das Schloss erbaut haben soll, gibt es widersprüchliche Angaben. Es müsste sich entweder um Jean de Bodt, den Architekten des Berliner Zeughauses, oder um John von Collas, den Erbauer von Schlobitten handeln.

Die Umbenennung von "Habersdorf" in "Finckenstein" erfolgte 1718 auf Befehl König Friedrich Wilhelms I., als er bei der Weihe der Kirche anwesend war.



Bild 4: Bildnis des Generals Jean de Bodt (1670-1745) aus dem Jahre 1729, nach einem Gemälde von Louis de Silvestre in der Gemäldegalerie in Dresden.




Bild 5: John von Collas. Zeitgenössischer Kupferstich

Das äußere Gesamtbild des Schlosses Finckenstein, wie es seit 1716 von dem Bauherrn errichtet wurde, war, von wesentlichen Einzelheiten abgesehen, bis zur Zerstörung intakt geblieben. Die Beschreibung muss mit dem Hauptzugang von Westen, aus der großen, sehr alten Lindenallee (die Kalklinden) beginnen. Sie war zuletzt über einen Kilometer lang und verlief genau in der Mittelachse von Vorhof und Schloss. Sie führte direkt auf das Eingangstor an der Dorfstraße zu, welche sie rechtwinklig überquerte.



Bild 6: Die Einfahrt zum Schloss


Bild 7: Die Einfahrt flankierten zwei gemauerte Pfosten, die mit skulptierten, steinernen Ziervasen bekrönt waren.

Zwischen den Pfosten erhob sich in etwa drei Meter Höhe auf einem eisernen Querstab ein reich geschmiedetes Kopfstück, dessen Datierung in die Rokokozeit gewiss ist. 

Den Vorhof umgibt, symmetrisch zur Mittelachse beiderseits angeordnet, eine mehrgliedrige wohl abgewogene Gebäudegruppe, wie man auf der Luftaufnahme gut erkennen kann.

Bild 8: Luftaufnahme von Schloss Finckenstein mit seinem schönen Park

Der Dreiflügelbau des Schlosses steht genau in den Himmelsrichtungen, der Ehrenhof mit der Auffahrt nach Westen, die Gartenseite nach Osten. Es ist ein Putzbau mit Mansardendächern. Auf dem Halbgeschoß der Kellerräume erheben sich zwei Stockwerke. An der Architektur der Seitenflügel ist auffällig, daß sie dreistöckig sind. Zwischen Unter- und Obergeschoß, die beide die gleiche äußere Höhe wie im Mitteltrakt haben, ist ein niedriges Viertelsgeschoss eingefügt, dessen Fenster den Blenden am Hauptbau entsprechen. Zwischen den beiden Stockwerken läuft gleichmäßig, rings um den Gesamtbau, die Reihe der Blenden, die an den Flügeln und in der ersten Achse des Mitteltaktes als kleine Fenster geöffnet sind.

Das Bauwerk in seiner einfachen, klaren Form als Dreiflügelbau mit je einem Risalit (Gebäudevorsprung) an den beiden Haupt-Fronten hat eine Gliederung, die wesentlich durch die Farben Weiß und Rot mitbestimmt wird. Dieselben Farben haben auch die seitlichen Wirtschaftsgebäude, die Kirche, Schule, Beamten- und Arbeiterhäuser sowie das Vorwerk.


Bild 9: Die Westfront des Schlosses (Hofseite)


Bild 10: Risalit an der Westfront


Bild 11: Das Hauptportal des Schlosses

Am Hauptportal umgeben  zwei flache Pilaster und ein doppeltes Gesims die Türe. Darüber liegt ein gesprengter Dreiecksgiebel. In der Mitte steht auf einer Konsole eine skulptierte Vase, geziert von Maskarons (fratzenhafte Masken). Der Balkon wird von Voluten getragen. Er hat das ursprüngliche geschmiedete Gitter und zeigt in der Mitte wie der Balkon der Gartenfront ein großes ornamentales "F."

Bild 12: Balkon und Skulpturengiebel des Westrisalits.

In diesem mächtigen Dreiecksgiebel befinden sich Sandsteinskulpturen in guter Bildhauerarbeit: In der Mitte das große Wappen des Marschalls, beiderseits von zwei aufgerichteten widersehenden Löwen mit Bannern gehalten, inmitten von Trophäen, Feldzeichen, Waffen, Köchern, Fahnen, Trompeten, Geschützrohren und Kugeln. Das Finckensteinsche Wappen ist gevierteilt und  mit einem Herzschild belegt. Der Mittelschild zeigt das Stammwappen, zwei schlanke, von einander abgewendete Halbmonde, die sich berühren, überhöht von einem achtstrahligen Stern. Im  ersten und vierten Viertel ein aufgerichteter nach links (heraldisch nach rechts) gewendeter Löwe, im zweiten und dritten eine Blätterkrone. über dem Schild die Grafenkrone mit neun Perlen, besetzt mit zwei gekrönten Helmen, der erste (heraldisch rechte) mit den Halbmonden und dem Stern, der andere mit einem Doppeladler. Über dem Wappenaufbau ein breites gewelltes Schriftband, mit dem Wahlspruch des Bauherrn: EX  DURIS  GLORIA. Unter dem Wappen hängt das Kreuz des preußischen Schwarzen Adlerordens an der um den Schild geschlungenen Kette des Ordens.

Bild 13: Risalit der Ostfront

Die Risalite (Gebäudevorsprünge)  im einzelnen werden durch die Treppen und Portale, durch die Balkone und einen reichen Skulpturenschmuck hervorgehoben. Der Vorbau der Gartenfassade ist anders ausgeführt als der Hofrisalit. Auf den Giebelschrägen über der Tür liegen beiderseits der Schmuckvase zwei lebensgroße allegorische Frauenfiguren.

Die rechte Gestalt verkörpert, mit zwei Büchern in der Hand, die Historie (Geschichte). Die Deutung der linken Frauenfigur ist zweifelhaft, weil die rechte Hand abgesplittert ist und man leider nicht mehr weiß, was sie einmal in der Hand gehalten hat. Der obere Teil des Gartenrisalits an der Ostfront hat keinen Dreiecksgiebel, sondern trägt eine hoch hinaufgeführte Attika. Sie baut sich über einen Untersatz  mit drei Rundfenstern auf einem stark ausladenden Gesims auf, das eine Reihe von vier gedrungenen Pfeilern trägt. Sie sind die Postamente für vier lebensgroßen Sandsteinfiguren. Außen sind beiderseits zwei bärtige Männergestalten dargestellt, zwischen ihnen zwei Frauen. Sie sollen die vier Jahreszeiten verkörpern. 

Bild 14: Ostportal mit Balkon


Bild 15: Diese Kupfertiefdruckkarte wurde am 22.10.1928 in Elbing gestempelt und nach Stuttgart geschickt.

Inzwischen hatte der General den Besitz erweitert und abgerundet. 1710 erwarb er das weiter südöstlich gelegene Peterkau, fünf Jahre später das im Norden anstoßende Görken und das südöstlich angrenzende Gut Albrechtau erwarb er im Jahre 1731.




Bild 16: Die Westfront des Schlosses (Hofseite), Kupfertiefdruckkarte (ca. 1908-10)

Während Albrecht Conrad den künftigen "Soldatenkönig" zweimal auf den Kriegsschauplatz begleitete, bewies er unter dessen Augen seine Feldherrngabe. Marlborough schrieb ihm wesentliche Verdienste um die Einnahme der Festung von Tournay und den Sieg von Malplaquet (1709) zu. Auf Veranlassung von Prinz Eugen erhob der Kaiser den hochverdienten General am 4. Febr. 1710 mit seinem Geschlecht in den Reichsgrafenstand. 1717 wurde er Gouverneur von Memel und Ende 1718 zum General der Infanterie befördert. Anstelle des Gouvernements von Memel wurde ihm 1728 das von Pillau übertragen und zugleich das Kommando über sämtliche Regimenter in (Ost-) Preußen. Nachdem ihm im Jahre 1728 die höchste Auszeichnung Preußens, der Schwarze Adler-Orden verliehen war, wurde der Greis von seinem Erzieheramt am 28. März 1729 in Gnaden entbunden. Als Soldat blieb Finckenstein bis zu seinem Lebensende in Dienst.

Friedrich Wilhelm I., Kronprinz und König in Preußen schrieb folgenden Brief an Conrad Graf Finck von Finckenstein (Übersetzung aus dem Französischen):

Mein lieber General der Infanterie Graf von Finckenstein !

Mit Vergnügen habe ich aus Ihrem Brief vom 3. des Monats entnommen, daß Sie den Heiratskonsens für meinen Staatsminister von Viereck mit Ihrer ältesten Gräfin Tochter erbeten haben. Da es eine angemessene Partie ist, erteile ich dazu sehr gern meine Genehmigung und beglückwünsche Sie von ganzem Herzen dazu. Unterdessen können Sie versichert sein, daß ich immerwährend für Sie und Ihre Familie, die gleiche Zuneigung haben werde und daß ich bin

Ihr wohlaffektionierter König
Fr.Wilhelm

zu Potsdam
den 4. März 1729
An den General der Infanterie Grafen von Finckenstein




Bild 17: Allee mit Blick auf die Grotte

Ein Hauptanliegen des über 70 Jahre alten Marschalls Albrecht Conrad Graf Finck von Finckenstein war 1732 der Bau der Grotte. Sein Hauptmitarbeiter war Paul Krottendorf, der Hofgärtner des Herzogs und der Herzogin von Holstein-Beck, einer Tochter des Bauherrn von Schlodien, Christoph Dohna.

Die Grotte lag nah Süden, in der Frontlinie der Gartenseite des Hauses. Sie ist bis zuletzt erhalten geblieben. Es ist ein einstöckiges Bauwerk, an der Hauptfront mit vier quer gestreiften Wandpfeilern, Ecklisenen, einem breiten Gesims und hoher Attika, auf der ursprünglich fünf Kindersteinfiguren mit Blumen standen. Auf beiden Enden der Attika und auf dem First des Mansardendaches stehen in Vasen Ananas-Pflanzen, aus Blech montiert. Ein großes Tor und zwei kleine mit Rundbogen lassen das Innere erkennen. 

Das Innere der Grotte war an den Wänden und an der hochgewölbten Decke reich mit Muscheln und Mineralien besetzt. In der Mittelnische der Rückwand befand sich die sogenannte "Kaskade", deren Wasser in ein breites Bassin strömte. Die Decke hatte besondere Schnecken, die wie Krottendorf schreibt, zum Teil täuschend nachgemacht waren. In den Nischen der Seitenwände standen die 1,50 m hohen Standbilder von Adam und Eva, die von einem unbekannten Bildhauer in Königsberg gemeißelt wurden. Diese Steinfiguren und die fünf Kinderfiguren wurden später (nach 1906) im Mittelparterre des Gartens aufgestellt.  

In Würdigung seiner außerordentlichen Verdienst verlieh der König dem Grafen von Finckenstein den höchsten militärischen Rang, indem er ihn am 2. Mai 1733 zum Generalfeldmarschall ernannte. 

Als Albrecht Conrad am 16. Dezember 1735 in Berlin starb, beklagte Kronprinz Friedrich den Verlust "eines Freundes, eines Ehrenmannes und eines großen Mannes."

Gleich nach seinem Regierungsantritt im Jahre 1740 berief Friedrich der Große die Witwe des Feldmarschalls zur Oberhofmeisterin der Königinmutter Sophie Dorothea, eine Stellung, in welcher die allgemein beliebte und geachtete Gräfin  noch zwölf Jahre lang wirken konnte. Den ältesten Sohn, Friedrich Wilhelm, ernannte der junge König 1740 zu seinem Generaladjudanten, und vertraute ihm eine wichtige Gesandtschaft an den sächsischen Hof an. Schon im nächsten Jahr (1741) sollte der neununddreißigjährige unverheiratete Oberst bei Mollwitz zu Tode verwundet werden. Sein jüngster Bruder Leopold hat als langjähriger Flügeladjudant, zuletzt als Oberst, dem Monarchen ebenfalls nahegestanden. Vor allem aber war es der dritte und bedeutendste Sohn des Bauherrn, Karl Wilhelm (1714-1800), mit dem der große König nicht nur sein ganzes Leben lang freundschaftlich verbunden blieb, sondern der ihm auch als Kabinettsminister zum unentbehrlichen vertrauten Ratgeber und leitenden Staatsmann wurde. Karl Wilhelm erwarb aus dienstlichen Gründen das in der Nähe von Berlin gelegene Madlitz, wo die von ihm begründete märkische Linie der Finckensteins fortan lebte.



Bild 18: Dieser originale Kupferstich von Paul Andorff stammt aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts und zeigt den preußischen Minister und Vertrauten von Friedrich dem Großen, Karl Wilhelm Graf Finck von Finckenstein im Umhang des Johanniter-Ordens mit Ordenskreuz, schwarzem Adler-Orden und dem Pour-le-mérite. Unter der Darstellung steht "gez. u. gest. v. Andorff".


Auch die herzliche Jugendfreundschaft seiner liebenswürdigen und schönen Schwester Charlotte Albertine (1706-1795) mit Prinzessin Wilhelmine und dann mit Kronprinz Friedrich sollte lebenslang unvermindert fortdauern. Nachdem ihr Gemahl, Oberst Freiherr von Cannenberg, neun Jahre lang bis zu seinem Tode Oberhofmeister der regierenden Königin gewesen war, bekleidete sie selbst bis in ihr neunzigstes Lebensjahr das Amt  der Oberhofmeisterin bei Königin Elisabeth Christine.

Nach dem Tode von Albrecht Conrad Graf Finck von Finckenstein,  im Jahre 1735, übernahmen die vier überlebenden Söhne die Besitzung gemeinsam und erst drei Jahre nach dem Tode des Ältesten wurde sie im brüderlichen Vergleich von 1744 dem Zweitgeborenen, Generalleutnant Friedrich Ludwig Graf von Finckenstein  (1709-1785), allein überlassen. Hierbei wurden jedoch die nachgeborenen Brüder nicht auf Pflichtteil gesetzt, sondern erhielten je ein Drittel des Werts, eine folgenschwere Belastung des Besitzes, auf dem bereits ältere Schulden und die Abfindungen der Mutter und der Schwestern ruhten. Friedrich Ludwig, ein befähigter Kavallerieführer, der sich während des Siebenjährigen Krieges wiederholt auszeichnete, blieb bis zu seinem Tode im Dienst. Es ist ihm nicht gelungen, die überschuldete Besitzung zu wirtschaftlicher Gesundung zu verhelfen. Auch seine Ehe mit der wohlhabenden  Albertine Maria Gräfin Finckenstein (1719-1792), Tochter des Friedrich Reinhold auf Gilgenburg (eines Sohnes von Ernst), hatte seine Finanzlage nicht nachhaltig verbessern können.

Weil sein einziger Sohn, Friedrich Albrecht mit 25 Jahren gestorben war, und von drei Töchtern nur die Tochter Caroline am Leben blieb, verkaufte er ihr und ihrem Gemahl, dem damaligen Besitzer von Schlobitten und Prökelwitz,  Obermarschall im Königreich Preußen, Friedrich Alexander Burggraf zu Dohna-Schlobitten, 1782 den gesamten Grundbesitz für 250 000 Reichstaler.


Durch geschickte Verwaltung und den Einsatz moderner Landwirtschaftsmethoden, brachte Friedrich Alexander zu Dohna-Schlobitten das Schloss und den Besitz Finckenstein auf einen vorbildlichen Stand. 1803 wurde ihm die Würde des Obermarschalls im Königreich Preußen zuteil, nachdem er im Jahre zuvor die Erbuntertänigkeit seiner Bauern aufgehoben hatte, seine Schutzverpflichtungen ihnen gegenüber jedoch bestehen ließ. 

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