Westpreußische Unternehmer


Zum Elbinger Goldschmiedehandwerk, dem Gewerk der
Goldarbeiter und der Goldschmiede-Innung
von Manfred Riebe

Ich versuche, die wenigen Informationen über das
Goldschmiedehandwerk in Elbing zusammenzutragen, die mir
zugänglich waren. Mir lagen keine Veröffentlichungen über
das Elbinger Goldschmiedehandwerk, Handwerksrollen oder
andere Quellen der Elbinger Goldeschmiede-Innung vor. Ich
nenne die von mir benutzten Quellen für jene Goldschmiede
und Interessierte, die weiterforschen wollen.

Von den zahlreichen Handwerkern, die sich bei der Gründung
der Stadt in Elbing im Jahre 1237 am Elbingfluß niederließen
und später zu Zünften zusammenschlossen, fanden einige ihren
Niederschlag im Stadtbild, z.B. in den Straßennamen: Bader-,
Bleicher-, Fischerstraße, Fischervorberg, Fleischer-,
Kürschner-, Müller-, Schmiede-, Töpfer- und Wollweberstraße.

"Zu den angesehensten gehört das Gewerk der Goldarbeiter.
Seine Erzeugnisse wurden gut bezahlt und von den großen
Herren gesucht. All die Siegelringe, mit denen die
Handelsherren ihre Verträge vollzogen, gingen daraus hervor.
Auch die Petschafte zu den Stadtsiegeln dieses Jahrhunderts
dürfen wir als einheimische Arbeit ansprechen. Sind doch
Namen von gutem Klang unter den Goldschmieden zu treffen,
wie etwa Heinrich von Hervorden um 1365, Tymme 1370-1392,
der sich 1386 ein Steinhaus am Brotmarkt errichtete, und
jener Wilhelm vom Rhein (1394-nach 1404), der wohl den
silbernen Feldaltar von 1388 im Auftrage des Elbinger
Hauskomturs Tile Dagister von Lorich für das Elbinger
Ordenshaus schuf, und der auch für den Hochmeister
arbeitete. In Elbing muß die Stempelschneidekunst besonders
gepflegt worden sein, denn 1392 übernehmen die Elbinger für
alle Städte die Herstellung der Zeichen, die die Tonnen mit
Lüneburger Salz als amtlich gewogen kenntlich machen
sollten." (Carstenn, Edward: Geschichte der Hansestadt
Elbing, Elbing: Verlag von Leon Sauniers Buchhandlung (Kurt
Brunk), Druck: Westpreußische Zeitung, 1937, S. 174)

Wohl nicht von ungefähr verlegte Ferdinand Sonnenburg seine
Erzählung über den "Goldschmied von Elbing" in die
Ordensstadt des Jahres 1369 (Ferdinand Sonnenburg: Der
Goldschmied von Elbing, Erzählung aus der Zeit des Deutschen
Ordens, Berlin: Meidinger´s Jugendschriften Verlag, ca.
1890). Es handelt sich aber wohlgemerkt um keine
Goldschmiedin; denn bis ins 20. Jahrhundert hinein gab es
keine Frauen in Handwerksberufen, also auch keine
Goldschmiedemeisterin.

Auch wenn Carstenn von Elbinger Zünften schreibt, so ist mir
bisher nur bekannt, daß im Jahre 1409 in Danzig eine
"Jouvelier-, Gold- und Silberarbeiter-, Gold- und
Silber-Schlaeger-Innung" gegründet wurde.


Bitte diese Urkunde anklicken, um sie zu vergrößern.

Preisverleihungs-Urkunde des Obermeisters der
Goldschmiede-Innung in Danzig vom 2. August 1914 an Augustin
Riebe, Juwelier Elbing
, betr. "Festsetzung der Prämien der
Arbeiten Ihres Ausgelernten [Adalbert Lange ] mit dem 1.
Staatspreis"

Der Text der Urkunde ist in einer Mischung von lateinischer
und deutscher Schrift verfaßt und lautet:

Jouvelier-, Gold- und Silberarbeiter-,
Gold- und Silber-Schlaeger-Innung
Danzig, gegründet 1409

2. August 1914

Herrn Augustin Riebe
Juwelier Elbing

GNr. 325/13

Teile Ihnen mit, daß bei der Festsetzung der Prämien die
Arbeiten Ihres Ausgelernten mit dem 1. Staatspreis von 25
Mark bedacht worden ist.
Die öffentliche Prämierung findet Sonntag, den 3. 8. mittags
12 Uhr in der Gewerbe(?)-Halle statt.

Hochachtend

[Unterschrift]
Obermeister
der Goldschmiede-Innung
_____________________


Der "Ausgelernte" war der Geselle Adalbert Lange
(1895-1952), der laut "Elbinger Nachrichten" Nr. 876/53,
Februar 2003, S. 6, bei Meister Augustin Riebe ab 1910 das
Goldschmiedehandwerk lernte.
Den Namen der Halle und den Namen des Obermeisters der
Goldschmiede-Innung konnte ich nicht entziffern:

1. Gewerbe-Halle? Habe ich den Namen der Halle richtig
entziffert?

2. Kennt jemand den Namen des Obermeisters: H. Kniard...
oder H. Ruiar...?

3. Was steht unten links auf der Urkunde?

Erst als durch den Friedensvertrag von Versailles die Stadt
Danzig abgetrennt wurde, mußte in Elbing um 1919/20 eine
eigene Goldschmiede-Innung gegründet werden. Auf Grund des
früheren wechselvollen Schicksals der Stadt Elbing könnte es
daher durchaus möglich sein, daß es schon früher je nach der
politischen Zugehörigkeit in Elbing hin und wieder eine
eigene Goldschmiede-Zunft gab. Aber im Elbinger Adreßbuch
von 1852 sind im Abschnitt X. "Corporationen und Innungen"
unter den "Gewerks-Innungen" alle möglichen Gewerke und
Zünfte aufgeführt, darunter auch ein Kupferschmiede-Gewerk,
ein Nagelschmiede-Gewerk und ein Schmiede-Gewerk, aber weder
ein Goldarbeiter-Gewerk noch ein Uhrmacher-Gewerk.
Auch im Elbinger Adreßbuch von 1890 und von 1912 ist nur
eine Schmiede-Innung, aber keine Goldschmiede-Innung,
sondern eine Uhrmacher-Innung genannt. Im Elbinger
Fernsprech-Buch von 1939 findet man dann wieder keine
Goldschmiede- und keine Uhrmacher-Innung, aber die
Schmiede-Innung.

Als "Goldschmiede und Juweliere" führt Siedes Adreßbuch 1912
neben Augustin Riebe noch Reinhold Hoepner, Ernst Voigt und
Franz Witzki auf (Siede, S. 375). Das war aber nicht die
einzige Konkurrenz. Als Goldwaren- und Uhrenhandlungen sind
verzeichnet: Max Dietschreit und Hermann Fach, als Graveure
neben Augustin Riebe auch Wilhelm Link und Ernst Voigt (S.
375), dann der Neusilberbearbeiter Emil Maraun (S. 381),
nicht zu vergessen die Uhren-, Gold- und
Silberwarenhandlungen: Zu den bereits genannten Max
Dietschreit, Hermann Fach, Wilhelm Link kamen hinzu: Willy
Jagodzinski, R. Lessing Nachf. (Johannes Moeck), Robert
Maaß, Paul Mulack, Paul Ozegowski, Max Schwarz, Theodor
Staebe und Hans Tischmann (S. 387).

Die Geschäfte der Juweliere, Goldschmiede und Uhrmacher
konzentrierten sich auf den Alten Markt (Lessing, Mulack,
Riebe, Staebe, Tischmann) und auf die zum Alten Markt
führenden Straßen: Fischerstraße (Link, Ozegowski, Voigt,
Zerahn), Schmiedestraße (Lange, Maaß, Witzki). Am Alten
Markt befanden sich, sozusagen in I a-Lage, die großen
Kaufhäuser und die besten Fachgeschäfte der Stadt. Einige
Juweliere und Uhrmacher siedelten sich auch am
Friedrich-Wilhelm-Platz (bis 1816: Neuer Markt, Hoepner) an
und an zum Friedrich-Wilhelm-Platz führenden Straßen:
Innerer Mühlendamm, später: Adolf-Hitler-Straße (Fach, Leo
Riebe), Sturmstraße (Lange).

Juwelier Adolf Bukau, Schmiedestr. 1, der noch im Elbinger
Adreßbuch von 1890 stand, existierte 1912 nicht mehr. Die
Konkurrenz wurde größer, wenn sich ein junger Meister
selbständig machte wie z.B. 1923 Adalbert Lange, der bei
Augustin Riebe gelernt hatte. Adalbert Lange hatte 1939 zwei
Geschäfte in der Sturmstraße 14 und der Schmiedestraße 10 a
(Fernsprech-Buch für Elbing 1939). Auf einem undatierten
Foto sieht man außerdem das Geschäft von Uhrmachermeister
Albert Zerahn in der Fischerstraße (Lindenblatt, Bernhard:
Alt-Preußenland: Geschichte Ost- und Westpreußens von der
Urzeit bis 1701. Kiel: ARNDT-Verlag, 2002, S. 141), dessen
Sohn Hans Zerahn sich nach 1945 in Aachen selbständig
machte.

Nach diesem groben Überblick können einzelne Goldschmiede
aus ihren Erinnerungen berichten. 

Es geht hier auch darum, das Kommen und Gehen einzelner
Goldschmiede-Werkstätten darzustellen, deren
Vergänglichkeit. Dies betrifft daher auch das Gebiet der
Familienforschung. Andererseits soll auf das Bleibende ihrer
Kunstwerke hingewiesen werden. Den Goldschmieden geht es oft
so wie anderen Künstlern, daß man den künstlerischen Wert
ihrer Werke erst sehr viel später schätzen lernt. Daher
lohnt es sich, auch das Leben und Werk weniger bekannter
Künstler und Kunsthandwerker zu dokumentieren, die in
Vergessenheit geraten sind.

- Manfred Riebe -