in historischen Ansichtskarten 

Auf den hier abgebildeten gelaufenen, d.h. mit der Post versandten historischen Ansichtskarten haben die Absender
meistens in Sütterlin geschrieben (Ludwig Sütterlin, 1865-1917). Mehr über die Sütterlinschrift erfahren Sie mit einem
Mausklick: "Sütterlin".


Hansestadt Elbing -Teil 4 -

von Christa Mühleisen zur Verfügung gestellt

06.09.04


 



1. Elbing, Ecke Alter Markt/Kettenbrunnenstraße

Die Ansichtskarte: "Elbing Kettenbrunnenstraße" wurde nach Cöthen in Anhalt geschickt und am 18.06.1906 gestempelt. Es handelt sich bereits um eine Photographie, die die Lithographie abgelöst hatte. Der Betrachter blickt vom Elbinger "Alten Markt" nach Osten in die Kettenbrunnenstraße, die zum Friedrich-Wilhelm-Platz (früher: Neuer Markt) führt. Die Kettenbrunnenstraße ist die Fortsetzung der Spieringstraße, die von der Wasserstraße (nahe dem Elbingfluß) nach Osten bis zum Alten Markt führt. Links, d.h. nördlich, kann man sich am Ende des Alten Marktes das Markttor vorstellen. Links an der Ecke Alter Markt 51/Kettenbrunnenstraße steht das im Jugendstil gebaute Kaufhaus der Gebrüder Lublinski für Modewaren und Confection, Alter Markt 51. Im Elbinger Telefonbuch von 1939 steht: Herzfeldt & Schwan, Kaufhaus, Alter Markt 51-53. Der Name Lublinski steht nicht mehr im Telefonbuch.

Links im Vordergrund sieht man ein schmiedeeisernes Gitter und ein Schild: "P. H. Müller Wein-Grosshandlung" (Alter Markt 14, Inhaber: Paul Schacht). Dahinter steht ein Baum, dessen Zweige das Nachbarhaus Alter Markt 53 ab dem zweiten Stock verdecken.

Am nächsten Haus links liest man unter den Fenstern des zweiten Stocks: "Staebe". Es handelt sich um das Haus Nr. 54, das laut Siedes Adreßbuch von 1890 und 1912 dem Uhrmacher Theodor Staebe gehörte.

Rechts an der Ecke Alter Markt 50/Kettenbrunnenstraße steht ein Haltemast für die Oberleitung der elektrischen Straßenbahn für die Strecke auf dem Alten Markt. Am Eckhaus liest man auf einem Schild im ersten Stock: "Damenputz, Steppdecken, Bettvorleger, Blusen, Röcke" und darunter: "Sächsisches Engros Lager".

Eine ganz ähnliche, aber undatierte Ansichtskarte ist enthalten in Schuch, Hans-Jürgen: Elbing in alten Ansichtskarten. Würzburg: Weidlich Verlag, 2002, S. 62. Der Blick geht etwas weiter nach rechts, so daß man das rechte Eckhaus besser sehen kann. Auf der Karte steht unten mit drei Schreibfehlern des Ansichtskartenverlages: "Elbing Kettenbrunner Strasse", anstatt richtig: "Kettenbrunnenstraße".

Das Haus und Geschäft Alter Markt 53 gehörte meinem Großvater, dem Goldschmiedemeister Johann Augustin Cyrus Riebe (1863-1945). Aber in der Weltwirtschaftskrise 1929/33, einer Zeit der Unternehmenszusammenbrüche, wurde auch mein Großvater zahlungsunfähig. In dieser Zeit kauften die Gebrüder Lublinski das Haus Nr. 53 aus der Zwangsversteigerung. Über dem Schaufenster kann man lesen:
"53 Augustin Riebe 53", darüber unter den Fenstern des ersten Stocks noch einmal in Großbuchstaben (Versalien): "AUGUSTIN RIEBE". Ich besitze ein älteres Foto, auf dem statt des Namens noch steht: "Gold, Silber & Alfenidewaaren". Unter den Fenstern des zweiten Stock steht noch einmal: "Augustin Riebe".

In diesem Haus lebten auch mein Vater Leo Josef Riebe (1903-1965) und seine vier Geschwister. Er arbeitete bei seinem Vater als Goldschmiedelehrling bis zu seiner Gesellenprüfung. In den 30er Jahren machte er sich mit einem Juweliergeschäft in der Adolf-Hitler-Straße 34 (früher: Innerer Mühlendamm) selbständig. Bei meinem Großvater wurde eine Reihe von Elbinger Goldschmiedegesellen ausgebildet, so z.B. Adalbert Lange (1895-1952), der laut "Elbinger Nachrichten" Nr. 876/53, Februar 2003, S. 6, bei Meister Augustin Riebe das Goldschmiedehandwerk lernte. Ab 1919 arbeitete Adalbert Lange als Geselle, legte die Meisterprüfung ab und machte sich 1923 selbständig.

Zur Schreibweise "Waare": Auch Juwelier Adolf Bukau warb im Elbinger Adreßbuch von 1890 für seine "Alfenide-Waaren" (S. 126). Die Schreibweise "Waare" ist bezeichnend für den Rechtschreibwirrwarr des 18./19. Jahrhunderts, über den schon Goethe klagte. In Konrad Dudens "Orthographischem Wörterbuch" von 1880 findet man noch die Schreibweise "Waare" als veraltete Form mit dem Hinweis auf "Ware". In Siedes Elbinger Adreßbuch von 1912 steht dann aber schon: "Juwelen, Gold-, Silber- u. Alfenidewaren" (S. 154).

Zu den "Alfenidewaren": Das Alfenid (frz. Alfenide, engl. Argentan) ist eine Mischung (Legierung) aus Kupfer, Zinn und Nickel, nach dem Erfinder, Alphen, benannt. Es handelt sich um eine Art Neusilber. Man fertigte daraus allerlei Gerätschaften.

Auf der folgenden Ansichtskarte vom Äußeren Mühlendamm mit der St.-Annen-Kirche, datiert 29. Juli 1904, sieht man rechts an der Hauswand auf einer Plakattafel eine Reklame meines Großvaters, auf der er für sich als "Goldarbeiter & Graveur" wirbt. Tatsächlich ist mein Großvater im Adreßbuch von 1912 nicht nur eingetragen als Goldschmied (S. 154) und Juwelier, sondern auch als "Goldschmidt" (S. 220), Juwelier und Graveur (S. 375). - Manfred Riebe -



2. Ecke Alter Markt / Kettenbrunnenstraße

Diese Ansichtskarte  wurde am 5.3.1914 gestempelt. Auf der linken Seite sieht man das Kaufhaus der Gebrüder Lublinski und auf der rechten Seite ein Sächsisches Engros-Lager.



3. Der Alte Markt mit dem Kaufhaus Herzfeld & Schwan, früher Gebr. Lublinski.

In dem Gebäude daneben hatte der Goldschmiedemeister Augustin Riebe sein Geschäft.




4. Äußerer Mühlendamm  mit der St. Annen-Kirche im Hintergrund.

Auf der rechten Seite sieht man eine Reklametafel mit einer Aufschrift der Möbelfabrik Roschkowski und vom Goldschmied Augustin Riebe.




5. Passepartout-Karte vom Äußeren Mühlendamm (15.6.1910).

Diese Karte mit der St. Annenkirche im Hintergrund wurde von M. Schwarz an ihre Enkelin Grethchen nach Berlin geschickt



6. Kamelhaus

Das Kamelhaus in der Spieringstraße 30 (früher Böttcherstraße) war eines der bekanntesten Häuser in der Stadt. Gebaut aus kleinem "Holländerbackstein" mit seiner lotrechten Organisation und den flachen Blenden, die in die Giebelzone übergehen, ist es ein Werk des Barock.

Der größte Schmuck des Hauses war der Giebel mit seiner reichverzierten Kante. Er war dekoriert mit einer eigentümlichen Komposition aus Pegasuspferden, Pelikanen, Schnecken, Vögeln und Blumen. Oben auf dem Gebälk ruhte die Figur eines exotischen Kamels, nach dem das Haus benannt wurde.

Unterhalb des Kamels stand folgende Inschrift: "Successoribus", das heißt "der Nachfolger".
Im Kamelhaus übernachtete am 13. Februar 1771 Prinz Heinrich von Preußen, der Bruder des Alten Fritz, auf seiner Rückreise von St. Petersburg nach Berlin und auch am 6. Juni 1773.
Ende 1805 traf Johanne Satori-Neumann mit ihrem Mann, dem Elbinger Großkaufmann Philip Samuel Neumann, den sie im Sommer 1805 in Regensburg kennengelernt und am 27.9.1805 geheiratet hatte, in Elbing ein. Ihr Schwiegervater schenkte den jungen Eheleuten das Kamelhaus. Hier lebten sie mit einer stattlichen Dienerschaft, zu der auch ein Mohr gehörte, der beim Mittagsmahl die Speisen auftrug und herumreichte.

Um 1910 war hier ein Gotteshaus der Methodisten eingerichtet. 1945 wurde das Kamelhaus, wie die anderen schönen Giebelhäuser in der Spieringstraße, zerstört.

Elbinger Nachrichten, Münster, Mai 2001, S. 1.

Lubocka-Hoffmann, Maria: Die Altstadt von Elbing, hrsgg. v. Staatl. Denkmalschutzdienst in Elbing, Offizin Excalibur 1998, zahlr. Abb., 403 Seiten, S. 246

Heister, Bernhard: "Das Bildnis der Johanne Satori-Neumann" in den Elbinger Briefen Nr. 26, 1975, S. 42.




7. Alte Giebelhäuser in der Brückstraße.

Das Haus auf der linken Seite (Nr. 19) wurde um 1650 erbaut, die beiden Häuser daneben (Nr. 18+17) sind um 1600 entstanden.




8. Der Elbinger Bahnhof im Wandel der Zeit - hier eine Aufnahme von 1906




9. Der Elbinger Staatsbahnhof der Ostbahn (ca. 1915)

Die Stadt Elbing lag an der D-Zug-Strecke Berlin-Elbing-Königsberg/Pr.-Eydtkau (Eydtkuhren). Sie war Ausgangspunkt der Eisenbahnlinie Elbing-Osterode-Hohenstein, Elbing-Rastenburg und seit 1899 auch der Haffuferbahnlinie Elbing-Braunsberg.



10. Der Hauptbahnhof der Reichsbahn nach dem Umbau 1937/38





11. Diese Karte wurde vor 1905 hergestellt. In der Mitte sieht man die Leege-Brücke und dahinter die Gebäude und rauchenden Kamine der Firma Schichau.




12. Auf der linken Seite sieht man das Hermann-Balk-Ufer mit der Nikolai-Kirche. In der Bildmitte hat man einen Blick auf die Heilig-Geist-Straße und auf die Heilig-Geist-Kirche.




13. Diese Lithographie wurde am 4. Oktober 1897 geschrieben und nach Leipzig geschickt.




14. Diese Karte vom Rathaus wurde am 22.12.1903 gestempelt und nach Hamburg geschickt. Sie ist handkoloriert.



15. Junge Dame mit Straußenfedernkappe (ca. 1920-25) 

Die unbändige Lebensfreude der "Golden Twenties" zeigte sich auch in den Kleidern und im Kopfputz, den die Frauen zu dieser Zeit trugen. Sie wollten um jeden Preis auffallen und die Herren der Schöpfung betören und provozieren. Auch in Elbing schmückten sich die Frauen damals mit Straußenfedern, um die Männer zu beeindrucken. Ob diese junge Dame wohl damit Erfolg hatte? Sie hat sich vom Elbinger Fotografen Siefert in der Junkerstraße ablichten lassen.
C. Mühleisen