Tiegenhof im Kreis Großes
Werder von Christa Mühleisen Das westpreußische Städtchen Tiegenhof ist eine
verhältnismäßig junge Gründung. Es liegt am Rande des
Weichsel-Nogat-Deltas auf 0,5 m ü. M. an der Tiege, einem kleinen Fluss,
der in das Frische Haff mündet. Dieses Gebiet gehörte zur
Deutschordenszeit zur Komturei Marienburg, seit 1466 zu den Tafelgütern
des polnischen Königs, die in der sogenannten Ökonomie Marienburg
zusammengefasst waren.
Bereits
1472 kam das westlich von Tiegenhof gelegene Gut Schönsee in den
Pfandbesitz des aus Braunschweig nach Danzig eingewanderten Bürgers
Reinhold Feldstete, dem der König von Polen eine größere Summe für
Tuchlieferungen schuldete. Diese Verpfändung scheint bald wieder
ausgelöst worden zu sein, doch für die am Rande der Depressionsgebiete
gelegenen Dörfer Ladekopp, Tiege und Orloff erhielt Reinhold Feldstete
eine neue Besitzung auf Lebenszeit, dazu die Genehmigung zum Ankauf
gewisser Teile des Nachbarortes Schönberg an der Weichsel. Auf diese
Weise wurden die eben genannten Orte, die bis dahin zur Ökonomie
Marienburg gehört hatten, der Grundstock eines besonderen Wirtschafts-
und Verwaltungsbereiches, der späteren Ökonomie Tiegenhof. Sie
erscheinen in den Jahren 1510 bis 1529 und 1590 nicht mehr im
Verzeichnis der königlichen Tafelgüter und kommen 1535 bzw. 1541 im
Erbgang in Gemeinschaftsbesitz der Danziger Bürger Rudolf Feldstete,
Georg Molner und Michael Loitz. Unter dem 13. August 1552 gibt der
König Ladekopp, Tiege, Schöneberg, Orloff und das Vorwerk Reimerswalde
den Brüdern Michael und Simon Loitz als Erblehen. Falls diese ohne
Erben sterben, sollen deren Brüder Stefan und Hans Loitz, bzw. deren
Nachkommen erbberechtigt sein.
Bild
Nr. 5: Evangelische
Kirche (20. 6. 27 nach Ohio, USA geschickt). Der Bau der
katholischen Kirche erfolgte erst 1848/50 als Filialkirche von
Tiegenhagen. Da waren jedoch 1578 die
"Weihers" als
neue Pfandinhaber erschienen, um mit mehr Glück das Wiederbesiedlungs-
und Neusiedlungswerk fortzusetzen. Dem alten Loitzen-Schlosse
gegenüber, im Sumpf- und Rohrplane auf der Ostseite der Tiege, wurde von
Ernst von Weiher der Marktflecken "Weihershof" durch
die von ihm herbeigeholten Mennoniten geschaffen. Als Mittelpunkt des
ganzen Tenutagebietes entwickelte sich Weihershof sehr schnell, hatte in
50 Jahren die alte Ordensstadt Neuteich an Bedeutung, Größe und
Einwohnerzahl schon überflügelt, verlor aber bald nach 1625, als bei den
Weihers der Holländer Jakob Jakobson (Königlicher Pächter in Danzig) Pfandinhaber geworden war, den an die vorigen Herren
erinnernden Namen und wurde nach dem alten Hof der Loitzen "Tiegenhof"
genannt. In der ganzen polnischen Zeit behielt Tiegenhof seine
vorherrschende Stellung und büßte sie auch nicht in der preußischen Zeit
ein. Seit 1818 gehörte Tiegenhof dem Landkreis Marienburg (Wpr.)
an, wurde 1859 ausdrücklich zum "Marktflecken"
erklärt und erhielt 1886 Stadtrecht.
Statt der hier abgebildeten Brücke gibt es heute eine
Fußgängerbrücke. Das Auguste-Viktoria-Krankenhaus in der
Bahnhofstraße wurde nach der Gemahlin des letzten deutschen Kaisers
benannt. Sie hat 1898 zum Bau des Krankenhauses eine bedeutende Summe
gespendet. Post und Krankenhaus stehen noch und
wurden durch Anbauten vergrößert. Im 1. Weltkrieg gaben viele Städte und Kreis Notgeld heraus, so
auch Tiegenhof. Ein besonderes Dokument ist die erste, nur einseitig
bedruckte Ausgabe mit Werten von 5, 10 und 50 Pfennig vom 6. März 1917.
Die Scheine dieser Ausgabe wurden unterschrieben von Hermann Stobbe
(Bier - Stobbe) und Heinrich Stobbe (Machandel - Stobbe). Sie hatten im
Kriege ehrenamtlich die Verwaltung der Stadt übernommen.
Am
1. April 1920 erschien eine doppelseitig bedruckte Ausgabe, ebenfalls
mit Werten zu 5, 10 und 50 Pfennig. Diese Werte wurden durch den
damaligen Bürgermeister v. Schröter und den Rechnungsrat Sohl
unterschrieben. Alle Scheine enthalten das Stadtwappen, der Schein zu 50
Pfennig zusätzlich ein Bild der evangelischen Elisabethkirche. Alle drei
Notgeldscheine sind von beiden Seiten hier abgebildet.
Seit
1920 war Tiegenhof die Kreisstadt des Landkreises Großes Werder, der
bis 1939 Teil der Freien Stadt Danzig war. Copyright
Christa Mühleisen |